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Die Katzen von Ulthar

Die Katzen von Ulthar

Titel: Die Katzen von Ulthar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H.P. Lovecraft
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Inquanoks gerissen hatte, denn es war so groß, daß ein Mensch, der auf seiner Schwelle stand, der Luft auf den Zinnen der himmelanstrebendsten Festung der Erde glich. Das Diadem unbekannter Sterne über den Myriaden Kuppeltürmchen glomm in einem bläßlichgelben, siechen Flackern, das die trüben Mauern aus schlüpfrigem Onyx in einer Art Zwielicht umspielte. Das fahle Signalfeuer entpuppte sich nun als ein leuchtendes Fenster hoch oben in einem der luftigsten Türme, und als die hilflose Armee der Spitze des Berges näherkam, glaubte Carter unerfreuliche Schatten zu entdecken, die an der matt lumineszierenden weiten Fläche vorüberflitzten. Es war ein sonderbares Bogenfenster in einem der Erde gänzlich fremden Baustil.
    Der solide Fels machte jetzt den gigantischen Fundamenten des monströsen Schlosses Platz, und es schien, als ließe die Geschwindigkeit der Gruppe etwas nach. Gewaltige Wände schössen empor, und da war die Andeutung eines großen Tores, durch das die Reisenden geschwemmt wurden. In dem titanischen Hof regierte einzig die Nacht, und dann folgte die tiefere Schwärze der innersten Anlagen, als ein mächtig gewölbtes Portal die Kolonne verschlang. Kalte Luftwirbel wogten feucht durch unsichtbare Onyxlabyrinthe, und Carter wußte nie zu sagen, welch zyklopische Stufen und Korridore stumm seinen endlosen Taumelflug säumten. Immer aufwärts führte der schreckliche Sturz im Dunkel, und nie zerriß ein Laut, eine Berührung oder ein Lichtschimmer den dichten Mantel des Mysteriums. So groß wie die Armee der Ghoule und Dunkel−Dürren war, verlor sie sich doch in den ungeheuren Leeren jenes mehr als irdischen Schlosses. Und als plötzlich um ihn das geisterhafte Licht jenes einzelnen Turmzimmers floß, dessen luftiges Fenster als Leuchtfeuer gedient hatte, da dauerte es lange, bis Carter die entlegenen Wände und die hohe, ferne Decke unterschied und begriff, daß er sich tatsächlich nicht erneut in der grenzenlosen Atmosphäre draußen befand. Randolph Carter hatte gehofft, mit Haltung und Würde in den Thronsaal der Großen einzuziehen, flankiert und gefolgt von eindrucksvollen Reihen der Ghoule in zeremonieller Ordnung, um sein Gebet als ein freier und mächtiger Meister unter den Träumern zu sprechen. Er hatte gewußt, daß es nicht jenseits der Macht eines Sterblichen lag, den Großen selbst gegenüberzutreten, und er hatte auf das Glück vertraut, daß die Anderen Götter und ihr kriechendes Chaos Nyarlathotep ihnen in dem kritischen Augenblick nicht zu Hilfe eilen würden, so wie sie es schon so oft zuvor getan hatten, wenn der Mensch die Erdgötter in ihrer Heimstatt oder auf ihren Bergen aufsuchte. Und mit seiner gräßlichen Eskorte hatte er halb gehofft, notfalls sogar den Anderen Göttern trotzen zu können, weil er wußte, daß die Ghoule keine Herren haben, und daß die Dunkel−Dürren nicht Nyarlathotep sondern nur den archaischen Nodens als ihren Gebieter anerkennen. Doch jetzt sah er ein, daß der überirdische Kadath in seiner kalten Öde wahrhaftig mit dunklen Wundem und namenlosen Schildwachen gegürtet ist, und daß die Anderen Götter gewißlich sorgsam über die milden, schwächlichen Götter der Erde wachen. Und mangelt den hirnlosen, formlosen Blasphemien des äußeren Raumes auch die Herrschaft über Ghoule und Dunkel−Dürre, so können sie sie, wenn es sein muß, dennoch bändigen; und also zog Randolph Carter mit seinen Ghoulen nicht als freier und mächtiger 85
    Meister unter den Träumern in den Thronsaal der Großen ein. Von nachtmahrischen Stürmen der Steme angeschwemmt und zusammengepfercht und von unsichtbaren Schrecken der nördlichen Öde gehetzt, so trieb die ganze Armee gefangen und hilflos in dem gespenstischen Licht, und stürzte betäubt auf den Onyxboden hin, als auf einen stummen Befehl die Winde des Entsetzens erstarben.
    Randolph Carter war vor keine goldene Estrade getreten, und ebenso fehlte der erhabene Zirkel gekrönter und von einem Halo umgebener Wesen mit engen Augen, großen Ohrläppchen, schmalrückiger Nase und spitzem Kinn, deren Verwandtschaft mit dem gemeißelten Antlitz auf dem Ngranek sie zu jenen stempeln könnte, zu denen ein Träumer wohl beten durfte. Bis auf das eine Turmzimmer lag das Onyxschloß oben auf dem Kadath in Dunkelheit, und seine Gebieter waren fort. Carter war zum unbekannten Kadath in der kalten öde gekommen, aber die Götter hatte er nicht gefunden. Doch noch immer glühte das gespenstische Licht in dem einen

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