Die Keltennadel
Leute im Raum der Sonderkommission aufgehalten hatten. Es war die zweite Versammlung dieser Art in ebenso vielen Tagen gewesen.
»Also, was haben wir, Jack?«
Dempsey schlug eine neue Seite in seinem Notizblock auf. Trotz der Wärme im Zimmer trug er seinen blauen Regenmantel. Taaffe hatte ein zitronengelbes Hemd mit passender grüner Krawatte an. Er öffnete eine neue Datei auf dem PC vor ihm und begann eine Liste von Überschriften und Bemerkungen einzugeben, die er gleichzeitig laut mitlas.
»Die Leiche – keine Spuren von Samen oder anderen Körperflüssigkeiten; keine fremden Hautpartikel oder Haare, mit anderen Worten: nichts für einen DNS-Test. Keine losen Fasern. Das Blut auf der linken Fußsohle als das des Opfers bestätigt, ohne anderes Zellmaterial – weitere Analysen werden feststellen, ob Spuren von dem Instrument zurückgeblieben sind, mit dem die Buchstaben geschrieben wurden. Die Watte – handelsübliches Produkt, erhältlich in Drogerien und Supermärkten. Analyse des Duftöls – Ergebnisse werden im Lauf des Tages erwartet. Die Gewandnadel – Nachforschungen in Gort laufen. Die Schrift auf der Fußsohle –« Er nahm ein großformatiges Negativ zur Hand und hielt es gegen das Licht.
Dempsey sah deutlich die gespenstischen Buchstaben, die das Wort bildeten.
»D-E-D-I«, fuhr Taaffe fort. »Teil eines Wortes oder eines fremdsprachlichen Wortes oder vielleicht Initialen, die für einen Namen, eine Organisation oder eine Art Motto stehen. Jedenfalls keine Hinweise, was es bedeuten könnte.«
»Das Turiner Grabtuch.«
»Was?« Taaffe blinzelte seinen Kollegen an.
»Nein, ich meinte das Negativ. Seinerzeit hat erst eine Fotografie enthüllt, was tatsächlich auf dem Tuch war. Mehr wollte ich nicht sagen.«
»Ja, Kevin. Also, Todesart – radikales Ausbluten, die Methode eines gewissen Graf Dracula.« Er versuchte einen transsylvanischen Akzent nachzumachen.
»Sehr witzig, Jack. Aber was hältst du davon: Lassen nicht orthodoxe Juden die Tiere, die sie essen, auf diese Weise schlachten… damit das Fleisch koscher ist?«
»Nicht nur Juden, glaube ich. Moslems ebenfalls. Bei denen heißt das Fleisch dann halal . Dem Tier wird die Kehle durchgeschnitten, das Blut fließt heraus, und dann zieht man es in die Höhe, damit es vollständig ausläuft. Ich weiß das, weil ich auf einem Bauernhof aufgewachsen bin, und einmal hat mich mein Vater in die Wurstfabrik in Sallins mitgenommen. Dort habe ich zugeschaut, wie sie das Vieh für den Export in den Iran vorbereitet haben. Sie haben die Tiere vorher nicht einmal betäubt. Ich musste schnell raus da. Meinem Vater hat es auch nicht gefallen, und der war weiß Gott nicht zimperlich.«
»Moslems also auch… interessant. Aber jetzt weiter zum Tatort – fangen wir draußen an, Parkplatz, Friedhof –, was haben wir da?«
»Allerlei Müll – Bonbonpapiere, Streichhölzer, Kippen, Konfetti, Zigarettenschachteln, das meiste irrelevant, weil es vom Regen aufgeweicht ist, und an jenem Abend hat es gegen sechs zu regnen aufgehört. Wir schätzen, dass der Täter frühestens eine Stunde später aufgetaucht ist. Wir haben noch ein paar Fetzen von Supermarkttüten, Folie und anderes Zeug, das der Wind in eine Ecke der Mauer geweht hat. Das hier dürfte noch am ehesten etwas hergeben.«
Er hielt einen Beutel mit einem Stück verknotetem gelbem Kunststoff hoch. »Das Zugband einer Mülltüte aus Plastik, man zieht auf beiden Seiten und bindet sie zu; der Knoten hier war aufgeschnitten statt aufgeknotet… ein ungewöhnlicher Gegenstand für einen Parkplatz, so neu, dass es noch glänzt, lag noch nicht lange dort. Möglicherweise von einem großen Müllsack, in dem die Leiche transportiert wurde.«
»Der Sache sofort nachgehen. Küche und Mülleimer von allen drei Priestern durchsuchen… vielleicht benutzt einer diese Sorte Müllsack. Außerdem die Gärten aller Häuser in der Nachbarschaft und das Pfarrgelände, für den Fall, dass der Sack nur zufällig um diese Zeit verweht wurde…« Er überlegte einen Augenblick. »Und schick das Stück Plastik wegen eines DNS-Tests ans Labor. Okay, weiter.«
»Bisher nichts vom Friedhof oder dem Gelände um den Glockenturm, keine Fingerabdrücke an der Tür, den Griffen oder dem Reserveschlüssel.«
»Und im Innern der Kirche?«
»Überraschenderweise keine Fingerabdrücke auf den Kerzenhaltern. Die waren nämlich zuvor mit Messingpolitur behandelt worden und haben förmlich auf ein paar Schweißfinger
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