Die Kenlyn-Chroniken 01 - Drachenschiffe ueber Kenlyn
Erschöpfung. Keru half Endriel, die alte Draxyll in ihr Quartier zu bringen. Miko und Nelen waren noch im Adrenalinrausch und unterhielten sich stundenlang über die vergangene Nacht, bis schließlich auch ihnen die Augen zufielen.
Endriel dachte nicht daran zu schlafen; damit hatte sie vorhin genug Zeit verschwendet. Blieb nur noch Keru.
»Du kannst dich ruhig hinlegen«, erklärte sie ihm. »Andars Leute passen auf uns auf.«
Der Skria blieb wie angewurzelt hinter dem Steuer stehen. »Auf diesem Schiff«, er deutete auf die Dragulia im Geisterkubus, »befinden sich immer noch Leute vom Kult. Solange sie da sind, werde ich kein Auge zumachen!«
»Du bist paranoid«, sagte Endriel und versuchte ein Lächeln.
»Ja«, knurrte Keru. »Und du solltest es besser auch sein.«
Endriel stieß ihm freundschaftlich in die Rippen. Und weil sie genau wusste, dass es ihm peinlich war, sagte sie: »Ich mag dich, Großer. Tut mir leid, das mit vorhin. Ohne dich würde ich mir garantiert schon meinen Begräbnisbaum von unten ansehen.«
Keru knurrte etwas Unverständliches und wandte sich der Brückenkuppel zu. Endriel konnte es nicht beschwören, aber sie glaubte, dennoch ein Lächeln auf den Lippen des Skria gesehen zu haben.
Sie nahm Kontakt mit Telios auf.
Es gab eine Menge zu erzählen und es würde das Beste sein, wenn sie ihre Geschichten aufeinander abstimmten. Es dauerte zwanzig Minuten, bis sie sich auf eine Version geeinigt hatten.
»Meinst du, Syl Ra Van wird uns das abkaufen, Andar?« fragte Endriel. Sie hob die Hand, um Keru davon abzuhalten, einen seiner pessimistischen Kommentare abzugeben.
»Lass uns das Beste hoffen«, antwortete Telios.
30. Neubeginn
»Er gibt kein Ende. Nur neue Anfänge.«
– Sprichwort
»Und dies war das Letzte, was wir von Kai Novus gesehen haben, Exzellenz«, sagte der Admiral. »Wir nehmen an, dass er und der Sha Yang bei der Explosion im Dschungel ums Leben kamen.«
Telios stand zusammen mit Endriel vor der Kristallsäule des Gouverneurs, in dessen fensterlosen Audienzzimmer in der Spitze des Jadeturms. Die blauglühende Substanz im Inneren der Säule überzog die Gesichter der beiden Menschen mit seltsamen Schatten.
Endriel war versucht, ihre Nervosität vor der unmenschlichen Kupfermaske Syl Ra Vans zu verbergen, indem sie seinen Blick auswich. Doch das durfte sie nicht, denn dies hätte ihm vielleicht verraten, dass die tatsächliche Geschichte und die Version des Admirals allzu sehr auseinander gingen. Also zwang sie sich, den tiefschwarzen Glasaugen mutig und selbstbewusst zu begegnen. Sie hatte keine Schwierigkeit, sich einzugestehen, wie sehr sie sich vor dem Gouverneur fürchtete. Aber nach außen hin blieb sie unbewegt und still, so wie Telios es ihr befohlen hatte.
Der Admiral fuhr fort und zeigte eine Aktenmappe, die er unter den Arm geklemmt hatte. Sie war wenigstens dreihundert Seiten dick. »Hier ist mein vollständiger Bericht, Exzellenz. Er enthält die Namen aller Mannschaftsmitglieder der Dragulia , die auf Seiten des Feindes standen.«
»Was geschieht nun mit diesen Individuen, Admiral?«
Endriel fuhr ein eiskalter Schauer über den Rücken, als die gespenstische Stimme des Gouverneurs wieder direkt in ihrem Verstand flüsterte. Sie berührte ihren rechten Unterarm, wo sie vorhin noch die Armschiene getragen hatte. Sie hatte es für keine gute Idee gehalten, sie hier zu tragen. Wenn Syl Ra Van sie sah, würde er ihr das Ding vielleicht wegnehmen. Das durfte sie nicht zulassen.
Unbeirrt fuhr Telios fort: »Ich habe angeordnet, sie in den Hochsicherheitstrakt von Sar-Nemion zu überführen. Dort wird man sie festhalten und verhören. Sie alle sind nach Giftzähnen durchsucht worden und werden während des Fluges unter Betäubung gehalten. Niemand außer mir, Ihnen und dem Piloten weiß von diesem Flug. Ich werde außerdem eine Kommission gründen, die jedes Mitglied des Ordens nach Kontakten zum Schattenkult überprüft. Diese Kriminellen haben uns einmal aufs Kreuz gelegt. Das wird Ihnen kein zweites Mal gelingen.«
» Ausgezeichnet, Admiral. « Eine Sekunde lang verschwand die Kupfermaske hinter einem Schwall blauen Nebels, sodass nur die rot glühenden Runen an den Rändern sichtbar blieben. » Sie haben Ihren Wert für Uns wieder einmal unter Beweis gestellt. Das werden Wir nicht vergessen. «
Telios senkte ergeben das Haupt. »Danke, Exzellenz.« Er sah wieder auf. »Ich habe Endriel Naguun mitgebracht, damit Sie Ihnen die Geschehnisse der
Weitere Kostenlose Bücher