Die Kenlyn-Chroniken 01 - Drachenschiffe ueber Kenlyn
letzten Tage aus Ihrer Sicht schildern kann. Sofern Sie gestatten.«
» Wir gestatten es. Treten Sie vor, Bürgerin Naguun. «
Endriel tat wie ihr geheißen, auch wenn die Anspannung ihr fast den Magen zerriss. Ihre Handflächen schwitzten, bis sie ganz glitschig wurden. Nun kam alles auf ihr schauspielerisches Talent an. Und sie begann zu erzählen: wie Kai Novus nach dem Zwischenfall auf dem Basar wieder an sie herangetreten war und sie und ihre Mannschaft bedroht und gezwungen hatte, ihn zu einer namenlosen Insel im Großen Meer zu fliegen. Natürlich hatte er ihnen verschwiegen, was sich in dem Zeitlosen Sarkophag befand; sie hatten es, zusammen mit dem Admiral, erst erfahren, als Telios und seine Leute die Korona aufgebracht und das Artefakt geöffnet hatten.
»Dann griffen die Schatten an«, erklärte sie. »Sie konnten diesen Novus-Kerl und das Sarkophag-Ding befreien. Während die anderen weiterkämpften, ist wohl eines ihrer Schiffe mit Novus und dem Sha Yang entkommen. Admiral Telios hat, so viel ich weiß, die Xarai losgeschickt, um sie einzuholen. Keine Ahnung, was dann passiert ist. Ich hab gehört, dass irgendein Berg in Xida-Ma in die Luft gegangen ist, zusammen mit der Xarai und Novus.« Sie bemühte sich um ein leichtfertiges Achselzucken. Ihr gesamter Körper war wie ein gespannter Draht und sie befürchtete, Syl Ra Van würde jede Sekunde losschreien: »Lügnerin!« Doch der Gouverneur nahm ihre Worte auf, ohne irgendwie erkenntlich zu machen, ob er ihr glaubte oder nicht.
»Auf jeden Fall bin ich froh, diesen Wahnsinnigen los zu sein, Exzellenz. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn meine Mannschaft und ich nun wieder unseren Geschäften nachgehen könnten, ohne von den Weiß... den Friedenswächtern gejagt zu werden.«
Die Geistermaske antwortete nicht.
Komm schon, Syl , dachte sie und kreuzte im Gedanken die Finger, während sie eine unterwürfige Miene aufsetzte. Lass mich endlich raus hier, damit du weiter deinen Welteroberungsplänen nachgehen kannst!
» Wir werden dafür sorgen, dass die Fahndung nach Ihrem Schiff zurückgezogen wird, Bürgerin Naguun. «
Endriel ließ langsam die aufgestaute Luft ab. »Danke, Exzellenz.«
» Aber der Orden wird Sie und Ihre Mannschaft unter Beobachtung halten .«
Was du nicht sagst. Endriel spähte kurz zu Telios, der ernst nickte. Dann sah sie wieder den Gouverneur an. »Ich verstehe, Exzellenz. Meine Mannschaft und ich werden in jeder Weise kooperieren, die Ihnen und dem Großen Frieden dienlich ist.« Sie konnte es sich nicht verkneifen und fügte hinzu: »Ehrenwort.«
Der Nebel um die Geistermaske verwandelte sich in blaue Flüssigkeit. Endriel bemühte sich, nicht von diesem Effekt abgelenkt zu werden. Sie dachte an Kai – und an Miko, Nelen, Xeah und Keru, die auf ihre Rückkehr warteten.
» Den Schattenkult unschädlich zu machen, hat oberste Priorität, Bürgerin Naguun. «
Kann ich mir denken. Dein kleines Spielzeug läuft Amok und du willst nicht, dass die Öffentlichkeit davon Wind bekommt. »Natürlich, Exzellenz. Ich hoffe, Sie bringen diese Irren hinter Schloss und Riegel. Darf ich nun gehen?«
» Ja, Bürgerin Naguun .«
»Danke«, sagte sie und konnte sich sogar einen Spruch über Syl Ra Vans Inneneinrichtung verkneifen.
Sie war froh, als Telios sie wieder zurück durch den Jadeturm führte, durch den Nexus und das Hauptquartier des Ordens, wo hektische Betriebsamkeit unter den Weißmänteln herrschte. Wer die beiden passierte, salutierte vor dem Admiral, doch Telios war zu nachdenklich, um seinen Leuten die verdiente Aufmerksamkeit zu schenken.
»Was wirst du jetzt tun, Andar?«, fragte Endriel, während sie auf das Ausgangsportal zuhielten.
Er ging mit auf dem Rücken verschränkten Armen. »Ich werde trauern«, sagte der dunkelhäutige Mann. »Ich habe gestern Nacht viele Freunde verloren. Kapitän Gennrika, Sronn und andere.«
»Und dann?«
Er zeigte ein kämpferisches Lächeln. »Dann werde ich die Schatten in unseren Reihen ausfindig machen und sie wie Unkraut herausreißen.«
»Aber was ist mit ...« Endriel senkte ihre Stimme, als ein Draxyll-Weißmantel an ihnen vorbei watschelte und ihnen zunickte. »Was ist mit Syl Ra Van?«
»Du spielst auf seine Rolle bei der Wiedergeburt des Kults vor dreihundert Jahren an?«
»Ja.«
»Ich werde meine Augen offenhalten. Mehr kann ich im Augenblick leider nicht tun. Wenn es stimmt, was Kai gesagt hat, wird sich Syl Ra Van vor den Hohen Völkern rechtfertigen müssen. Aber
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