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Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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weit
schlimmer, dem Keuschheitsgelübde seiner Bruderschaft zum Trotz, hatte er das
Lager mit einer hergelaufenen römischen Straßendirne geteilt.
    Der junge Mann, Erzdiakon aus dem Land der Franken,
schüttelte wie benommen den Kopf, selbst dann noch, als die Mauern Roms schon
längst hinter ihm verschwunden waren.

2
     
    Kanzlei des
Erzbischofs von Mainz,
    eine Woche vor
Kiliani (1.7.1416)
     
    Adolphus II. von Nassau, von Gottes Gnaden Erzbischof von
Mainz, Erzkanzler des Heiligen Römischen Reiches und Kurfürst an
    Johann von Brunn, Bischof von Würzburg und Herzog von
Franken
     
    Unseren kollegialen und im Geiste brüderlicher
Verbundenheit entbotenen Gruß zuvor! Wir hoffen, Ihr befindet Euch wohl und
erfreut Euch bester Gesundheit, dies umso mehr, als dass es mit der Heiligen
Mutter Kirche nicht gerade zum Besten steht. Nicht genug damit, dass es
landauf, landab von Ketzern, Aufrührern und falschen Propheten nur so wimmelt,
steht Uns derzeit allerlei Ungemach ins Haus, der Grund, weshalb Wir Uns mit
diesem Sendschreiben an Euch wenden.
    Zuvor jedoch müssen Wir Euch dringend ermahnen, über
das, worüber Wir Euch in diesem Brief berichten, absolutes Stillschweigen zu
bewahren, ist es doch derart ungeheuerlich, dass Uns angst und bange wird, wenn
Wir nur daran denken.
    Wisset denn, Bruder im Amte und in Christo, dass es
nicht nur in Unserer, sondern dem Vernehmen nach auch in der Diözese unserer
Amtsbrüder zu Köln, Speyer und Straßburg zu einer Reihe von Vorfällen gekommen
ist, die jedem rechtschaffenen Christenmenschen das Blut in den Adern gefrieren
lassen. Die Feder in Unserer Hand, welche Wir der Diskretion halber selbst
führen, beginnt zu zittern, und stünde nicht Euer und unser aller Wohl auf dem
Spiel, würden Wir sie beiseitelegen. Wisset denn, dass es just am heutigen Tage,
dem ersten im Monat Julius, in aller Herrgottsfrühe zu einem Frevel gekommen
ist, welcher in den Annalen Unseres Domes zu Mainz seinesgleichen sucht.
    Das Reliquiar, in welchem Wir Kostbarkeiten von
unschätzbarem Wert aufzubewahren pflegen, ist mit brachialer Gewalt
aufgebrochen worden, sein Inhalt spurlos verschwunden. Eusebius, Domkapitular
und mit der Aufsicht über die in der Ostkrypta aufbewahrten Reliquien betraut,
wurde niedergestochen und kam nur knapp mit dem Leben davon. Selbst jetzt,
etliche Stunden später, stockt Uns immer noch der Atem, und das Entsetzen über
die abscheuliche Tat wird Uns wohl bis ans Ende Unseres Erdendaseins verfolgen.
    Da Uns während der letzten Tage aus Köln, Speyer und
sogar Straßburg just die gleichen oder ähnliche Nachrichten erreicht haben,
wenden Wir uns in dieser Stunde tiefster Trauer und Seelenpein nun an Euch,
Bruder im Amte, auf dass Ihr Vorkehrungen treffen möget, welche geeignet sind,
diese oder ähnliche Vorfälle in Eurem Bistum zu verhindern.
    Doch damit leider nicht genug. Was Unsere Person und
die ihr anvertraute Herde angeht, können Wir Euch sagen, dass es in und um
Mainz allein in den letzten paar Tagen zu nicht weniger als einem halben
Dutzend Diebstählen gekommen ist. Bei den Bestohlenen handelt es sich ausschließlich
um Leute, deren Broterwerb der Handel mit Reliquien ist. Bedauerlicherweise ist
es Uns bis dato nicht gelungen, die Schuldigen ihrer gerechten Strafe
zuzuführen, was Uns im Falle Unseres hoch geschätzten Domkapitulars mit
besonders tiefem Schmerz erfüllt.
    Möge Euch, Bruder im Amte und Christo zu Würzburg, in
dieser Beziehung mehr Glück beschieden sein, auf dass denjenigen, welche sich
an der Heiligen Mutter Kirche auf derart schändliche Weise vergehen,
schnellstmöglich das Handwerk gelegt werden möge!
     
    Adolphus, Erzbischof, Kurfürst und Kanzler des Reichs
     
    Postskriptum: Verbrennt diesen Brief, sobald Ihr ihn
gelesen habt – es ist besser so!

Erster Tag
     
     
    Noch sechs Tage bis Kiliani, Anno Domini 1416

3
     
    Würzburg am
Main, Donnerstag vor Kiliani (2.7.1416)
     
    Vielleicht lag es am Wein . Oder an der Aussicht auf raschen Gewinn. Jedenfalls ließ
Agilulf, Reliquienhändler, Dieb und Hehler in einer Person, die gewohnte
Vorsicht vermissen. Ein folgenschwerer Fehler, wie sich bald herausstellen
sollte.
    Der Markt war vorbei, der Platz vor dem Dom fast leer.
Was blieb, war die drückende Schwüle, selbst jetzt, kurz vor Sonnenuntergang.
Der Geruch von Gewürzen, Backwaren und gebratenem Fleisch hing in der Luft und
über allem der von Wein. Leider nicht die einzigen Düfte, die in Agilulfs
empfindsame Nase stiegen.

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