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Die Kinder von Erin (German Edition)

Die Kinder von Erin (German Edition)

Titel: Die Kinder von Erin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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Sonne und abgründig wie das Meer. Leuchtend wie ein Sommerhimmel und glühend wie das geschmolzene Gestein, aus dem die Welt im Innersten gemacht ist. Für einen Augenblick war es Gunhild, als breite sich vor ihren Füßen nicht der staubige Weg, sondern ein Regenbogen aus, auf dem sie entlanglief, frei wie der Wind. Und am Ende des Regenbogens, wo der goldene Schatz auf den Finder wartet, lag Dunmor Hill im gleißenden Licht.
    Vor ihnen öffnete sich der Hügel.
    Es war, als würde ein Vorhang vor ihren Augen weggezogen. Vor ihnen verschwand ein Teil des Hügels. Es war wie ein Fenster, das sich auftat – nein, eher wie ein Tor, gesäumt von mächtigen Steinen zu beiden Seiten und einer Felsplatte als Türsturz. Licht drang daraus hervor. Gleichzeitig erhob sich das Leuchten, welches Gunhild umgab, und verband sich zu einem Lichtbogen mit dem Glanz, der aus dem Hügel kam.
    Dann verlosch das Licht schlagartig, und das Zwielicht des Vollmondes hatte sie wieder. Für einen Moment konnten sie nichts sehen, aber sie hörten, dass sich hinter ihnen die Einäugigen wieder in Bewegung setzten und die Jagd wieder losging.
    »Zum Hügel!«, rief Hagen erneut, und so rannten sie den steilen Hang hinauf. Ihre letzte Chance war die Öffnung, die sich dort aufgetan hatte, ganz gleich, wohin sie führen mochte. Sie erreichten mit einem guten Vorsprung das Tor und traten hindurch.
    Für einen einzigen, endlosen Augenblick umgab sie absolute Dunkelheit.
    Im nächsten Moment war es taghell, und sie standen im Freien, in einer gebirgigen Felslandschaft.
    Über ihnen spannte sich ein tiefvioletter, konturloser Himmel, der die Felsen in geradezu unnatürlicher Schärfe hervortreten ließ. Ein stetiger Wind wehte ihnen entgegen; er war klamm, erfüllt von Feuchtigkeit. Gunhild fror. Mit einem Mal wurde ihr bewusst, dass sie unter der Trainingsjacke nur ein dünnes Nachthemd trug, das ihr am Körper klebte. Ihr war kalt, und sie fühlte sie verloren, enttäuscht, verraten. Irgendwie hatte sie geglaubt, in eine Welt des Lichts und der Freiheit hineinzulaufen, wo man sie mit offenen Armen empfangen würde. Doch hier war nichts als nackter Stein, grauer Himmel, eisiger Wind.
    Die Harfenmusik war verstummt.
    »Ich habe das Gefühl, als wären wir in die Falle gegangen«, meinte Hagen. Und wie zur Bestätigung tauchten über der nächsten Felskuppe hinter ihnen ihre Verfolger auf.
    Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als weiter zu fliehen.
    Nur wohin?
    Sie rannten einen Weg entlang, der mehr einem Bergpfad glich als einem richtigen Weg, und Gunhild tat jeder Schritt weh, barfuß wie sie war.
    »Nach oben«, sagte Hagen und lief einen Geröllabhang hinauf. Tapfer folgte ihm Gunhild, aber ein paar Mal, als besonders spitze Steine ihr in die Fußsohle stachen, konnte sie einen Schmerzenslaut nicht mehr unterdrücken.
    Hinter ihnen kam ein gutes Dutzend der Verfolger den Abhang hinauf. Ihre klobigen Stiefel machten es ihnen auch nicht leicht, den beiden zu folgen.
    Darauf hatte Hagen gehofft. Da hörte er plötzlich hinter sich einen Schrei. Als er sich umwandte, sah er noch, wie der Geröllhang unter Gunhild ins Rutschen kam. Weiter unten sah er ihre Jäger hektisch zur Seite ausweichen. All das nahm er im Bruchteil einer Sekunde wahr, doch er hatte keine Möglichkeit, Gunhild zu helfen, die mit der Gerölllawine zu Tal glitt.
    Sobald er sich aus seiner Erstarrung lösen konnte, wollte er ihr nachsetzen, aber da war es schon zu spät. Gunhild taumelte, stürzte, rollte noch ein Stück den Abhang hinunter und blieb regungslos liegen. Binnen weniger Augenblicke hatte sich der Kreis der Jäger um sie geschlossen.
    Aus den Augenwinkeln nahm Hagen eine Bewegung wahr. Eines der Geschöpfe schwang seinen Arm.
    Dann sah Hagen etwas auf sich zufliegen. Er spürte noch den Aufprall des Steins an seiner Schläfe. Dann verließen ihn die Sinne …



2
An den Gestaden von Erin
    Siggi träumte.
    Er stand an einem Meeresufer und lauschte dem Geräusch der Wellen, die auf einen kiesbedeckten Strand spülten. Er versuchte, ein Muster, ein System in dem Rauschen der Wellen zu entdecken. Da, war da nicht eine, die lauter war als die anderen, die höher stieg, weiter auf das Land hinauflief? Er horchte, aber da war nichts mehr, was ihn hätte aufmerken lassen; in einem Rhythmus so gleichmäßig wie der Pendelschwung einer Uhr rollten die Wellen herein und verebbten. Dann wieder eine, die größer war als die anderen. Siggi begann zu zählen; erst als er bei

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