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Die Kinder von Erin (German Edition)

Die Kinder von Erin (German Edition)

Titel: Die Kinder von Erin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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das lächelnd hinter dem Feuer saß und keine Anstalten machte, etwas zu tun.
    »Wo bin ich hier? Was soll das?«, fragte Siggi, ohne darüber nachzudenken, ob der Mann ihn verstehen konnte oder nicht.
    »Um das zu erfahren«, antwortete ihm der dunkle Mann, »musst du erst meine Prüfungen bestehen.«
    Siggi erschrak. Er verstand jedes Wort, so klar und deutlich, als hätte der Mann seine Sprache geredet. Und Siggi begriff: Als er das heiße Fett von seinem Finger gelutscht, den Bissen Fleisch heruntergeschluckt hatte, hatte er etwas von der Anderswelt in sich aufgenommen, war ein Teil von ihr geworden. Er fühlte den Schmerz, also konnte er nicht mehr träumen. Und es reichte nicht mehr, einfach aufzuwachen. Er war gefangen.
    Siggis Herz klopfte, und einen Moment lang überkam ihn eine Welle der Angst. Aber dann packte er den Griff des Hammers fester; er gab ihm das Selbstvertrauen zurück. Er musste sich diesem Mann stellen, wenn er einen Weg zurück in seinen Traum und damit in die reale Welt finden wollte. Siggi hatte noch geschmunzelt, als er in dem Reiseführer über Irland gelesen hatte: › Irland – das Land, wo die Grenzen zwischen dieser und der Anderswelt dünn sind. ‹ Nun musste er erfahren, dass das stimmte.
    »Was sind das für Prüfungen?«, fragte er.
    »Du musst mit mir kämpfen – dreimal«, sagte der Mann. »Wenn du dich gut schlägst, werde ich dir erzählen, wo du bist. Einverstanden?«
    Siggi suchte nach Falschheit und Arglist in den Augen des Mannes, aber der Ausdruck in den dunklen Augen war nicht zu deuten.
    »Auf Leben und Tod?«, fragte er.
    »Das wäre wenig sinnvoll«, sagte der andere nachdenklich, und Siggi glaubte, so etwas wie Schalk in den dunklen Augen aufblitzen zu sehen. Ein Windstoß sträubte das Gefieder des Kopfputzes, sodass der andere einen Moment lang wie eine bepelzte Henne aussah. »Wenn wir auf Leben und Tod kämpfen würden, könnte ich dir dann noch etwas erzählen, wenn du verlierst? Und wie sollte ich mein Versprechen einlösen, wenn ich tot im Gras liege? Es ist eine Übung, um zu sehen, wer von uns der Geschicktere ist. Ein Wettstreit.«
    Der Mann zwinkerte Siggi an, und der glaubte sich auf den Arm genommen, ja ein bisschen veralbert. Siggi spürte, wie Wut in ihm aufstieg.
    »Dann wollen wir mal«, sagte der Mann und erhob sich.
    Siggi blinzelte. Der fellgekleidete Mann war auf einmal gar nicht mehr so klein. Er hielt eine Steinaxt in der Hand, die der Siggis aufs Haar glich, aber woher er die Waffe hatte, konnte der Junge nicht sagen. Er war sich sicher, dass das Ding eben noch nicht da gewesen war. Aber er schüttelte den Gedanken ab. Er wollte in dem Wettstreit siegen.
    Sie gingen ein wenig von dem Feuer weg. Siggi hielt den Fremden immer fest im Blick. Der amüsierte Gesichtsausdruck des alterslos erscheinenden Mannes war immer noch da. Siggi ärgerte sich mehr und mehr über dieses Lächeln. Es war, als würde er verspottet, er, der den Hammer des Donnerers geschwungen hatte. Das konnte er nicht auf sich sitzen lassen. Immerhin trug er den Namen eines Drachentöters.
    Siggi wog die Waffe in der Hand. Sie hätte schwerer sein müssen, mit dem Steinklotz am Ende, aber sie lag erstaunlich gut ausgewogen in seinem Griff.
    »Fang an«, sagte der Fremde lächelnd, ja, fast ein wenig überheblich, wie Siggi fand. Es war an der Zeit, ihm eine Lektion zu erteilen.
    Siggi schwang den Hammer, aber der Fremde war bereits nicht mehr da, wo er gestanden hatte. Der steinerne Kopf donnerte mit voller Wucht in den von spärlichem Gras bewachsenen Sand. Der Junge spürte mehr, als dass er es sah, wie der Fremde seine Waffe hob. Er packte den Stiel seines Hammers fester und ließ sich zur Seite fallen; geschickt rollte er sich ab, wie es ein Torwart gemacht hätte, der eine hohe Flanke abgefangen hatte.
    Dort wo er eben noch gestanden hatte, fuhr nun die Waffe des Fremden in den Boden.
    Siggi kam wieder auf die Füße und wandte sich sofort wieder seinem Gegner zu. Sie umkreisten sich lauernd. Siggis Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Er hatte seinen Widersacher unterschätzt. Der Mann besaß die Geschmeidigkeit und die Reflexe eines wilden Tieres. Er musste doch jünger sein, als es den Anschein hatte!
    Der Fremde sprang behände vor, und nur unter Aufbietung all seiner Geschicklichkeit konnte Siggi den Hieb parieren. Er packte den Hammer knapp unter dem Kopf und am Ende und stoppte so den Schlag.
    Als die beiden Stiele gegeneinander prallten, dachte Siggi, ihm

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