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Die Kinder von Erin (German Edition)

Die Kinder von Erin (German Edition)

Titel: Die Kinder von Erin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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würde der Arm abfallen, so viel Wucht steckte hinter dem Hieb. Diese Kraft hätte er dem kleinen Mann überhaupt nicht zugetraut.
    Und immer noch lächelte der Fremde. Langsam stieg der Zorn immer höher in Siggi und wurde zu einer lodernden Flamme, zu heißer Wut, wie er sie noch empfunden hatte. Er glaubte, dieses abfällige Grinsen bringe ihn noch um den Verstand.
    Siggi warf sich nach vorn und legte alle Kraft in den Schlag, aber sein Gegner wich beinahe mühelos aus.
    Immer und immer wieder versuchte Siggi seinen Gegner zu stellen, ihn mit Hieben vor sich her zu treiben, und schon bald ging sein Atem keuchend, der Schweiß rann in Strömen, aber trotz aller Anstrengung konnte der Junge den Mann nicht stellen.
    Im Gegenteil, der andere schien überhaupt nicht zu ermüden. Er schwitzte nicht einmal, und Siggi bekam den Eindruck, dass der Mann mit ihm spielte. Das machte ihn noch wütender.
    Mit allerletzter Kraft warf Siggi sich vor. Er schwang den Hammer in einem großen Bogen. Sein Gegner wich mit der ihm eigenen Geschmeidigkeit aus, aber diesmal tänzelte er nicht zurück. Er holte zum Gegenschlag aus, und der steinerne Kopf seiner Waffe traf Siggis Schaft.
    Siggi meinte, ihm würden die Arme ausgerissen, als der Hammer, den er gerade wieder hochreißen wollte, mit voller Wucht getroffen wurde. Mit einem Krachen zerbarst der Stiel, und gleich darauf spürte Siggi, noch bevor er wusste, wie ihm geschah, den Hammer des Gegners in seinem Nacken.
    »Ergibst du dich?«, fragte der Mann.
    »Ich ergebe mich«, sagte Siggi matt, der sich maßlos über seine Niederlage ärgerte.
    »Du hast gut gekämpft«, meinte der kleine Mann mit dem unbestimmbaren Alter.
    »Ich habe verloren …«, meinte Siggi matt.
    »Aber du hast dich achtbar geschlagen«, erwiderte der andere. »Und deshalb hast du es verdient, den ersten Teil der Geschichte dieses Landes zu hören, damit du erfährst, wo du bist.«
    Der dunkle Mann ging zum Feuer und bückte sich. Als er sich erhob, hielt er einen ledernen Wasserbeutel in der Hand, aus der Haut eines kleineren Tieres gemacht. Siggi hätte schwören können, dass da vor dem Kampf nichts dergleichen gelegen hatte; doch er verbarg seine Verwunderung und sagte nichts.
    Der Mann nahm einen tiefen Zug und reichte Siggi wortlos den Schlauch. Der Junge setzte den Wasserschlauch etwas unbeholfen an und bekleckerte sich, aber der Kampf hatte ihn durstig gemacht.
    Kaum war der erste Tropfen über seine Lippen geflossen, da fühlte er sich frisch, als hätte er nie gekämpft. Siggi erkannte plötzlich einen der wichtigsten Gründe für seine Niederlage. Er hatte sich wütend machen lassen. Wut war ein schlechter Ratgeber, und da der Mann von mehreren Prüfungen gesprochen hatte, nahm er dies als Lektion an. Er nahm sich vor, dass er sich nicht noch einmal von seinem Gegner provozieren lassen würde.
    »Nimm noch ein Stück Fleisch«, lud ihn der Dunkle ein, der sich diesmal im Schneidersitz hinter das Feuer gehockt hatte. Als Siggi sich zu ihm setzte, bemerkte er, dass die Miene des Mannes sich verändert hatte. Das Lachen war aus seinem Gesicht verschwunden, sein Blick war in die Ferne gerichtet, schien einen imaginären Punkt am Himmel zu betrachten, und Traurigkeit zeichnete seine Züge.
    »Am besten ist immer«, meinte Siggi, als der Fremde nach einiger Zeit immer noch schwieg, »mit dem Anfang zu beginnen.«
    Er hatte es als Scherz gemeint, um die Stimmung aufzulockern, aber der Fremde schien die Worte ernsthaft zu erwägen.
    »Wer war eher da«, sagte er dann, nachdenklich und leise, »die Schlange oder das Ei, das Feuer oder das Wasser? Wer kann dies wissen; wer kann es schauen? Nur er, der Himmel und Erde erschuf, Meer und Land und die grüne Insel Erin, auf der wir uns hier befinden.
    Doch ich kann dir von den ersten Menschen berichten, die ihren Fuß auf dieses Gestade setzten. Sie kamen von Süden her. Man nennt sie das Steinvolk; sie kannten weder Bronze noch Eisen, noch das Rad. Cessair führte sie an, eine Frau; denn in jenen Zeiten herrschten die Frauen über die Männer, weil sie dem Herzen der Erde näher waren. Damals war ein großer Teil Erins von Eis bedeckt und die Kälte raffte Cessair und ihr ganzes Volk hinweg, weil sie keinen Schutz dagegen hatten. Nur die großen Steine, die heute noch auf den Hügeln stehen, sind stumme Zeugen ihrer Geschichte.
    Und ein Mann. Einer verblieb, wie bei jeder Zeitenwende immer einer verbleiben muss, um den Nachfolgenden zu berichten, was geschah.

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