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Die Kinder von Erin (German Edition)

Die Kinder von Erin (German Edition)

Titel: Die Kinder von Erin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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ein unterirdisches Reich gelangt, in den Höhlen ihres heimatlichen Odenwalds am Rhein, wo seit Urzeiten die Mächte des Lichts und der Dunkelheit ihren ewigen Krieg ausfochten. Sie waren mit den Göttern gewandelt – Odin und Thor, Loki und Freya –, hatten den Anfang und das Ende einer uralten Sage miterlebt. Es war ein Abenteuer gewesen, wie man es sonst nur aus Büchern kennt, aber für sie war es Wirklichkeit geworden, wenn auch nur für eine Nacht, und es hatte sie alle verändert.
    Seit dieser Zeit wusste Gunhild, dass es eine andere Welt gab, die neben der unsrigen liegt, unerreichbar für die Menschen, durch eine unsichtbare, unüberwindliche Barriere von ihr getrennt. Früher waren die Grenzen zwischen der Mittelerde der Menschen und der Anderswelt vielleicht durchlässiger gewesen, und so waren Legenden und Überlieferungen entstanden. Und an manchen Tagen, so wie heute, hatte sie das Gefühl, die Anderswelt wäre noch immer zum Greifen nahe.
    Unwillkürlich griff Gunhild an ihre Brust, und dort fühlte sie den Bergkristall, welcher einst das Halsgeschmeide einer Göttin gewesen war. Immer wenn es ihr schlecht ging oder sie traurig war, brauchte sie nur ihren Talisman zu umfassen, und – ob Einbildung oder nicht – sie fühlte sich sogleich besser.
    Trotz der nagenden Neugierde, die sie erfüllte, wagte Gunhild es nicht, an das Fenster zu treten, um nach dem Musikanten Ausschau zu halten; denn sie wollte den Schlaf ihres Bruders nicht stören.
    Leise zog sie die Tür wieder zu und warf dabei noch einen letzten Blick auf den schlafenden Siggi, mit dem sie seit jener Nacht vor fast genau einem Jahr ein noch engeres Band verband, in das auch Hagen eingebunden war; denn immerhin teilten sie ein Geheimnis, das sie niemandem mitzuteilen vermochten.
    Wie als hätte der Gedanke an Hagen diesen gerufen, öffnete sich auf der gegenüberliegenden Seite des Ganges eine Tür. Auch Hagen war in die Höhe geschossen im letzten Jahr. Er war nun über eins achtzig und dabei so schlank, dass er fast schon hager wirkte. Er machte einen sehr erwachsenen Eindruck, obwohl das ManU-T-Shirt , das er als Pyjama-Ersatz trug und das ihm bis auf die Oberschenkel reichte, ihn im Augenblick eher wie einen schlaksigen Jungen wirken ließ, der aus seinen Sachen herausgewachsen war.
    Doch die dunklen, ausdrucksvollen Augen widersprachen dem Bild. Unwillkürlich verglich sie Hagen und Siggi. Ihr Bruder war nun der große unbekümmerte Bub, der sich in fast jedes Abenteuer stürzte, der Sonnyboy, der die Welt lachend erlebte. In Hagens Augen lag ein Flackern und ein Hauch Melancholie. Auch das, dachte Gunhild, hatte einen gewissen Reiz.
    Die Melodie, die der Harfner schlug, schien sich diesem Unterton in Hagens Blick anzupassen, als würde der Spielmann die beiden jungen Leute auf dem Gang sehen können und ihr Innenleben kennen.
    »What happened?«, fragte Hagen. Immer wenn er müde oder unaufmerksam war, vergaß er, dass er mit seinen deutschen Freunden Englisch redete.
    »Hörst du es denn nicht?«, fragte Gunhild. »Die Harfe …«
    Hagen legte den Kopf schief, wie um zu lauschen, aber aus seiner Haltung war nicht zu erkennen, ob er die Musik wirklich hörte oder nicht.
    »Also«, begann Gunhild zu erklären, »ich wurde von dieser Musik wach …«
    »Komm rein«, unterbrach Hagen sie auf Deutsch – eine Sprache, die er nahezu perfekt beherrschte. »Hier auf dem Gang ist es zu kalt.«
    Gunhild blickte den Freund an, und der Klang der Harfe in ihren Ohren steigerte sich. Es lag ein Unterton darin, den sie nicht einzuordnen wusste.
    »Na gut«, sagte sie, einen Augenblick zögernd, ohne zu wissen warum. Es war doch nichts dabei, zu einem Freund ins Schlafzimmer zu gehen, um zu quatschen, weil es auf dem Gang zu kühl war in dieser sternenklaren Sommernacht! Eine Gänsehaut lief über ihren Körper, aber sie war beim besten Willen nicht in der Lage zu sagen, ob sie fror.
    Also folgte sie Hagen zögernd und doch voller Neugier. Sie redete sich ein, darauf zu brennen, ihm von dem geheimnisvollen Harfenspieler zu berichten, der auf dem Hügel im Park diese seltsame Melodie erklingen ließ, aber das war nicht alles. Da war noch mehr, das fühlte sie. Und dieses Mehr machte ihr zugleich Angst.
    Sie setzten sich nebeneinander auf das breite Bett, und mit schnellen hastigen Worten erzählte Gunhild ihre Geschichte, mied aber dabei Hagens Blick. Das Licht der Nachttischlampe hatte Hagen mittels eines Tuches gedämpft.
    Die Gänsehaut schien

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