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Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich

Titel: Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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war mit einer Demonstration ihrer Überlegenheit zu rechnen. Er wollte sich nicht zu unüberlegten Reaktionen hinreißen lassen, und seine Schützen und Bogenschützen wussten genau, was ihnen blühte, wenn sie gegen seine Befehle verstießen.
    »Aus solcher Nähe habt Ihr noch nie einen Feind gesehen, nicht wahr, Safinn?« Yuran empfand eine Verachtung, die er nicht in sich vermutet hätte. »Ich kann Eure Angst riechen. Wie Kot, der in der Hitze kocht. Wie erbärmlich. Jetzt wisst Ihr nicht mehr, wohin Ihr fliehen sollt, nicht wahr? Ihr könnt nichts mehr tun, außer Euch dem Feind zu stellen und ihn zu besiegen, oder zu Gott zu beten, er möge Euch einen raschen Tod gewähren. Was werden die Tsardonier wohl mit den Gesandten ihrer Todfeinde tun? Ich sollte Euch die Narbe auf meinem Rücken zeigen. Sie wurde mir von dem Gladius zugefügt, den ich jetzt an meinem Gürtel trage. Eine Handbreit tiefer, und ich würde nicht hier stehen.« Er atmete aus und sah den Konsul an. »Die Narbe verdanke ich einem Estoreaner, der mir die Nieren herausschneiden wollte.«
    »Worauf wollt Ihr eigentlich hinaus?«, fragte Safinn, der zitterte wie Espenlaub.
    »Darauf, dass Euer luxuriöses Leben vorbei ist. Darauf, dass Ihr jetzt der Mann sein müsst, den Eure Advokatin in Euch zu sehen glaubt. Ich bin hier der Marschallverteidiger, aber Ihr seid der höchste Beamte der Advokatur. Findet Ihr in Euch den Mut, Euch dem Feind zu stellen, wie ich es vor einem Jahrzehnt getan habe? Seid Ihr bereit, den höchsten Preis dafür zu entrichten, wie ich es war?«
    »Ich werde tun, was meine Advokatin von mir erwartet«, sagte Safinn.
    »Das werden wir bald sehen.«
    Die tsardonische Steppenkavallerie näherte sich diszipliniert und stellte sich mit einer Präzision auf, die Yuran nur bewundern konnte. Er hatte die Steppenkavallerie lange nicht mehr gesehen, und ihre Fähigkeiten waren gewiss nicht geringer geworden. Nach dem Manöver standen sechs Reiter im Zentrum in Rufweite des Balkons. Die anderen hatten einen weiten Bogen um sie gebildet. Jeder zweite war mit einem Bogen bewaffnet, die anderen hielten Lanzen mit Bannern aufrecht.
    Im Zentrum erkannte Yuran zwischen einigen Bogenschützen den Sentor, der die Kavallerie anführte. Ein Reiter hielt die Parlamentärsflagge – weiße und gelbe Kreishälften, von einem schräg verlaufenden Strich getrennt. Der Sentor stieg nicht ab, sondern betrachtete den Balkon und die Mauern links und rechts. Sein leichtes Lächeln entging Yuran keineswegs.
    Zugleich wurde ihm bewusst, wie still es auf einmal in der Stadt geworden war. Die Menschen verstummten, als sich herumsprach, dass die Tsardonier vor den Mauern standen. Jetzt würde sich ihr Schicksal entscheiden. Es war ein ängstliches und ergebenes Schweigen.
    »Ich nehme an, ich spreche mit Marschallverteidiger Yuran, dem Herrscher des Königreichs Atreska«, sagte der Sentor in der tsardonischen Umgangssprache.
    »So ist es.« Yuran antwortete auf die gleiche Weise und nahm Safinns Nervosität mit Genugtuung zur Kenntnis. »Ich wüsste gern deinen Namen, Sentor.«
    »Rensaark«, erwiderte der Mann. »Adjutant des Regenten von Tsard, seiner Hoheit König Khuran. Meine Gegenwart hier beweist, dass er noch lange König bleiben wird.«
    »Das wird sich zeigen«, erwiderte Yuran. »Ein einziger Sieg entscheidet noch nicht den Krieg.«
    »Deine Parlamentärsflagge«, sagte Rensaark, indem er auf das am Balkon hängende Tuch deutete, »ist die atreskanische, nicht wahr? Ein Symbol deiner Vergangenheit.«
    »Die Konkordanz glaubt nicht an Verhandlungen«, erwiderte Yuran.
    »Nein«, sagte Rensaark. »Dieser Mann da neben dir … ist er ein Mann der Konkordanz?«
    »Der Konsul Safinn aus Estorea.«
    »Ich verhandle nicht mit der Konkordanz«, sagte Rensaark.
    Er murmelte einige Worte, die Yuran nicht verstand, und machte eine kleine Geste. Schneller, als Yurans Augen es verfolgen konnten, legte einer seiner Begleiter einen Pfeil in den Bogen und schoss ihn ab. Der Schaft traf Safinns Kehle und drang von unten in den Mund ein. Safinn riss den Mund, aus dem das Blut sprudelte, weit auf, und griff nach dem Schaft. Sprechen konnte er nicht, denn die Pfeilspitze hatte seine Zunge durchbohrt. Flehend starrte er Yuran an, während er zu Boden sank.
    »Der höchste Preis«, sagte Yuran. »Möge Euer Gott Euch umarmen.«
    Safinn kippte auf die Seite, die Hände immer noch hilflos an die Kehle gepresst, und erstickte an seinem Blut, am Holz und am Metall. Yuran

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