Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann
gegen seine Wälle. Wie Kornähren wurden die Männer heruntergerissen und auf dem Boden zerquetscht. Abermals krachten Balken, und wieder gab ein Stück seines Schutzwalls nach und stürzte ein. Jetzt waren es schon drei Durchbrüche.
Seine eigenen Katapulte antworteten sofort. Siebzig brennende Steine flogen in hohem Bogen über seinen Kopf hinweg und landeten zwischen den vorrückenden Tsardoniern. Es war ein entsetzliches Blutblad. Die Flammen loderten wild, die Steine prallten ab und rollten weiter, um immer mehr Soldaten zu zermalmen. Doch all das konnte den Ansturm der Feinde nicht aufhalten. Sie waren jetzt nur noch fünfzig Schritte vom Wall entfernt.
Gesteris’ Bogenschützen deckten sie mit Pfeilen ein. So dicht gedrängt kamen die Feinde, dass kaum ein Schuss sein Ziel verfehlte, auch wenn die Tsardonier sich stellenweise bemühten, einen passablen Schildwall aufzubauen. Sie kamen in so großer Zahl, dass sie die Verteidiger einfach überrennen würden. Der General sah die Furcht in den Augen seiner Bürger und erkannte, dass er ihnen in vorderster Front ein Beispiel geben musste.
Zwei große Abteilungen von Harins Leviumkriegern griffen die rechte Flanke und die Nachhut der Tsardonier an, die sich dem Tor näherten. Gesteris hob seinen Schild, zog den Gladius und rannte die Stufen hinunter.
»Schießt weiter«, befahl er seinem Zenturio, der auf dem Wall geblieben war. »Setzt weiter die Onager ein. Ich sichere den Durchbrach im Süden.«
Die Ingenieure nutzten die Verschnaufpause, die ihnen die Leviumkrieger verschafft hatten, um die Torflügel zu verstärken. Unten türmten sie Steine auf, und darüber nagelten sie zahlreiche neue Planken fest – egal wie, solange nur der Vorstoß der Feinde behindert wurde.
»Seid ihr stark genug?«, fragte er seinen leitenden Ingenieur.
Der Mann deutete auf die Manipel der Hastati, die hinter dem Tor bereitstanden, und auf die Bogenschützen, die an den Flanken warteten.
»Wir haben Unterstützung, General. Wir werden durchhalten.«
»Gut. Uns bleiben noch drei Stunden Tageslicht. Nicht einmal die Tsardonier werden nach Einbruch der Dunkelheit weiterkämpfen.«
Gesteris rief seinen Standartenträger und seine Extraordinarii zu sich und rannte unter dem Wehrgang ein Stück nach Süden. Unentwegt flogen die Geschosse der Feinde über ihm vorbei oder prallten gegen den Wall. Hinter ihm hatten zwei Talente schwere Ladungen blutige Furchen durch den Schlamm und den Schnee gezogen, die von ausgelöschtem Leben zeugten. Trotz des Trommelfeuers standen die Legionen aufrecht und entschlossen. Einige Manipel der Principes versuchten bereits, die Durchbrüche in den Mauern zu decken. Reiter meldeten den unberittenen Kommandeuren alle Bewegungen der Feinde.
Tausende Legionäre warteten auf ihren Einsatzbefehl. Sie konnten nicht erkennen, was sich vor dem Wall abspielte, nahmen nur den ohrenbetäubenden Lärm und die zermalmten Kämpfer in der Nähe wahr. Bald sollten sie das Schlachtfeld mit eigenen Augen sehen.
Zwischen den Bürgern bewegten sich Ordenssprecher und Leser, die den Kämpfern mit Gebeten zur Seite standen und Trost und Kraft spendeten. Nie waren sie wichtiger gewesen als jetzt.
Gesteris begutachtete den Durchbruch, einen sechs Schritte breiten Bereich mit ebenem Boden und gezackten Rändern. Das Gelände war geräumt, damit Pikeniere eine Sperre einrichten konnten. Dutzende Bogenschützen standen bereit, unterstützt von Fußsoldaten der Hastati und den gerade eintreffenden Principes.
»Wartet!«, rief der befehlshabende Zenturio. »Wartet noch.«
Durch die Lücke konnte Gesteris die Tsardonier beobachten. Sie waren keine zehn Schritte entfernt und näherten sich dem Durchbruch wie eine Woge aus Hass und Rachsucht, um den Willen der Konkordanz zu brechen.
»Jetzt.«
Die Bogenschützen schossen, so schnell sie konnten. Tsardonier drängten sich durch die Lücke, um die Pikeniere anzugreifen. Sie wurden gepfählt, erstochen und zurückgetrieben. Weitere Pfeile flogen. Auch aufsehen der Konkordanz fielen Kämpfer. Andere rückten sofort nach und schlossen die Reihen. Die Principes stießen ermutigende Rufe aus. Abermals griffen die Tsardonier an. Dieses Mal waren es mehr, und sie drängten auch von links und rechts heran. Direkt hinter Gesteris schlug ein Volltreffer ein Loch in den Wall, der daraufhin auf eine Breite von zehn Schritten zusammenbrach. Er fuhr sofort herum und erkannte, dass die Tsardonier auch durch die neue Lücke vorstoßen
Weitere Kostenlose Bücher