Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann
sehen.«
Gesteris nickte und folgte ihm zwischen den beiden zerstörten Abschnitten auf den Wehrgang. Auch ein Arzt kam mit, um ihm einen Verband anzulegen. Als Gesteris halb hinauf war, ertönten auf dem ganzen Schlachtfeld tsardonische Hörner. Er runzelte die Stirn. Das war kein Signal zum Rückzug. Die letzten gleichmäßigen Töne waren eine Warnung vor einem Angriff. Er blickte zum Schlachtfeld hinaus.
»Wer, unter dem Himmel des Allwissenden, ist das nun wieder?«
Sie hatten bereits die Hälfte der Strecke zurückgelegt, ehe die Tsardonier und die Rebellenarmee sie überhaupt angriffen. Nunan führte sie ohne Eile aufs Schlachtfeld. Ihre bunt zusammengewürfelte Truppe erweckte, nicht zuletzt wegen der fehlenden Marschordnung, den Eindruck, sie wäre eine der vielen rebellischen Einheiten, die auf der Seite von Tsard kämpften. Einem Beobachter mochte es erscheinen, als wollten sie die Angriffe auf die Tore der Festung und die beiden Durchbrüche im Süden unterstützen.
Aber ihr Glück konnte nicht ewig dauern, und ein einziger Ruf von einem tsardonischen Prosentor hatte sie ihrer Deckung beraubt. Als er tot zu Boden sank, ertönten sofort Alarmsignale, und Nunan befahl, die restliche Strecke im Laufschritt zurückzulegen. Die Disziplin war nicht die gleiche wie sonst bei den Legionen, aber er konnte wenigstens dafür sorgen, dass seine Einheit nicht zersplittert wurde.
Kell und ihre zweihundert Kavalleristen griffen die Reserve und die Artillerie an. Ihre Bogenschützen erledigten hilflose Bedienmannschaften, und ihre Schwertkämpfer zerhackten die Seile und zerstörten Winden und Scharniere. Auch wenn sie die Geschütze nicht völlig vernichteten, würden die Reparaturen langwierig und mühevoll werden.
Nunan rannte an der Spitze der Rächer zum nächsten Durchbruch. Die Tsardonier stießen hart nach und versuchten, sich direkt am Wall festzusetzen, trafen jedoch auf entschlossenen Widerstand und achteten nicht auf diejenigen, die ihnen gleich in den Rücken fallen würden.
Das galt allerdings nicht für die übrigen Tsardonier. Sie lösten sich aus dem Angriff, und nun griffen auch die stehenden Reservetruppen ein, um, im Jagdfieber jegliche Disziplin vergessend, der gerade aufgetauchten konkordantischen Truppe den Weg abzuschneiden. Da sich von beiden Seiten Feinde näherten, zog Kell sich von den feindlichen Katapulten zurück und beschrieb einen weiten Bogen, um die Flanken der Fußtruppe zu decken.
Sie raste an der Marschkolonne entlang, die sich zu Manipeln angeordnet hatte, und teilte ihre Reiter in zwei Abteilungen auf, um beide Flanken zu sichern. Als sie noch zweihundert Schritte von den Feinden entfernt waren, die vor dem Durchbruch kämpften, kamen die ersten Pfeile geflogen. Auch Nunan hörte die Jubelrufe der Verteidiger hinter dem Wall.
»Rächer, zu mir. Wir wollen ihnen noch etwas zum Schreien geben!«
Hinter ihm ritt die Kavallerie vorbei. Waffen klirrten, Pferde wieherten, die Erde bebte unter den Hufschlägen, und in einiger Entfernung schwollen die Kampfschreie der anrückenden Tsardonier an. Beinahe hätten sie es geschafft, aber die Zeit reichte nicht ganz. Er hoffte, ihre hastig eingeübten Verteidigungsmanöver würden sich bewähren.
Nunan ließ sich in die erste Reihe der Hastati zurückfallen. Er hielt den Schild vor sich und bewegte sich mit den anderen Kämpfern, so schnell er konnte. Aus dem Durchbruch kamen ihnen die ersten Tsardonier entgegen, die immer noch mit Pfeilsalven der Konkordanz eingedeckt wurden. Weitere Feinde erschienen zu seiner Rechten.
»Feindberührung!«, rief er.
Dann schwang er seine Klinge, um dem ersten Tsardonier zu begegnen. Sein Hieb verbeulte den Helm des Gegners, der bewusstlos zu Boden sank. Mit dem Schild stieß er nach links und traf einen weiteren Feind, der zurückweichen musste. Neben ihm marschierten die Hastati der vordersten Reihe, weiter hinten richteten sich andere Kämpfer auf die Verteidigung ein. Er wagte es nicht, sich umzuschauen, er musste sich auf die Feinde vor ihm konzentrieren. Wichtig war vor allem, dass er und seine Hastati ständig in Bewegung blieben. Sie hatten einen Keil in die tsardonische Truppe getrieben, die inzwischen den Angriff fast eingestellt hatte und von den Pfeilen der Konkordanz rasch dezimiert wurde.
Hinter ihm hatten die Speerträger ihre Waffen in zwei Reihen nach außen gerichtet und bewegten sich seitlich gehend mit denen, die sie schützten. Mit Schilden deckten sie ihre Köpfe und
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