Die Kirschblueten aller vergangener Jahre
meinen knappen journalistischen Stil wieder abzugewöhnen und mich blumenreicher auszudrücken. Das war ein hartes Stück Arbeit, aber schließlich schrieb ich so gestelzt wie eine höhere Tochter aus dem letzten Jahrhundert. Meine Geschichten spielen immer in einem luxuriösen Rahmen. Das
kann man gut in den Kleinigkeiten zur Geltung bringen. Dann hat die Leserin etwas zum Staunen, wenn die Herzogin den Tee in Tässchen aus der Ming-Dynastie einschenkt und nervös an ihrem Armreif mit den Diamanten dreht. Mein erster Roman „Wildes Land – stilles Glück“ wurde also unter dem Namen Mara Belinda veröffentlicht. Er spielte in Ungarn und wurde ein Erfolg. Dreißigtausend Exemplare gingen über den Ladentisch.
BR
Ist das viel?
MEB
Das ist sehr gut für einen Erstling! Natürlich nicht mit meinen heutigen Auflagen zu vergleichen. 30.000 Exemplare, das sind heute der Andruck bei mir. Doch ich wurde eine feste Größe im Literaturgeschäft. Jetzt gab ich selbst Interviews. Mein Verleger bat mich auf Knien, die Gunst der Stunde zu nutzen und gleich einen zweiten Roman nachzuschießen. Er gab mir auf meine Zusage einen fünfstelligen Vorschuss. Das kam gerade richtig, denn ich war noch keine zwei Jahre mit Istvan verheiratete, als er plötzlich starb. Er hatte an der Börse spekuliert, um seinem heroinsüchtigen Sohn beruflich auf die Sprünge zu helfen. Istvan verlor bei diesen Spekulationen ein Vermögen. Er bekam vor Aufregung einen Schlaganfall und wenig später einen finalen Herzinfarkt. Exitus! Ich war Witwe.
Robert Bento
Wie trag isch! Aber du hast doch sicherlich reichlich geerbt. Immerhin hatte dein Mann doch seine Praxis und Immobilien.
MEB
Denkste! Als das Testament eröffnet wurde, riet mir Istvans Anwalt, die Erbschaft nicht anzunehmen, da Istvan horrende Schulden gemacht hatte, um den Verlust an der Börse wettzumachen. Das Haus am Starnberger See kam unter den Hammer. Seine Praxis ebenfalls. Das einzige, was mir blieb, war meine luxuriöse Garderobe, mein Schmuck und mein Jaguar. Ich mietete mir eine bescheidene 2-Zimmerwohnung, machte den Jaguar zu Geld und kaufte mir einen gebrauchten Kleinwagen. Mit dem Vorschuss meines Verlegers und dem Erlös aus dem Verkauf des Wagens konnte ich gut drei Jahre leben ohne mich um eine Anstellung zu bemühen. Dann setzte ich mich täglich fünf Stunden an die Schreibmaschine und schrieb in EINEM Jahr ZWEI Romane! – So macht man das, wenn die eigenen Träumen zerplatzen, Bento! Was hast du in deinem Liebeskummer gemacht? Bist du in die Fremdenlegion gegangen oder hast du auch eine Kellnerin geheiratet?
Robert Bento
Weder noch , zugegeben. Doch ich war die ersten Wochen furchtbar deprimiert und habe mich verkrochen. Doch eines Tages war ich halbwegs durch damit. Ich kündigte, zog in eine andere Stadt und fing in einem Luxushotel an. Doch nicht mein Job, sondern ein Zufall änderte mein Leben radikal.
MEB
Lass hören!
Robert Bento
Eines Abends, ich hatte schon Feierabend, half ich einer gutaussehenden nicht mehr ganz jungen Dame aus einer Verlegendheit. Sie war Gast in unserem Hotel. Wir waren in der Hotelhalle ins Gespräch gekommen. Sie erzählte mir, dass sie zwei Theaterkarten hätte, aber wegen einer Absage niemanden, der sie begleitet. Ob ich nicht Lust hätte. Wir verlebten einen interessanten Abend zusammen und eine noch angenehmere Nacht im Hotel. Sie nahm mich mit auf ihr Zimmer. Das war nicht einfach, doch Heinrich, der Nachtportier drückte ein Auge zu. Es war das erste Mal seit der Trennung von Sabrina, dass ich wieder mit einer Frau schlief. Wir waren wie zwei Einsame, die sich für eine Nacht gefunden haben. Sie war wohl über zwanzig Jahre älter als ich, aber das störte mich überhaupt nicht. Überrascht war ich dann doch, als sie mir am Morgen beiläufig einige Scheine in die Brusttasche steckte. Und noch überraschter über mich selbst: Ich nahm das Geld an.
MEB
Es war also das erste Mal, dass du für Geld gevögelt hast.
Robert B ento
Musst du immer so zynisch sein? Das war eher Zufall , es war ja nicht geplant. Doch ich hatte etwas in dieser Nacht gelernt. Ich hatte Talent als Liebhaber. So kam ich auf die Idee, mich als Begleitservice anzubieten. Anfangs nur nebenbei. Doch ich war auf Anhieb erfolgreich und die Agentur vermittelte mich schon bald in andere Städte.
MEB
Wir haben also etwas gemeinsam: Wir beide haben uns prostituiert. Du mit deinem
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