Die Kiste der Beziehung: Wenn Paare auspacken (Populäres Sachbuch) (German Edition)
gucken konnte. Rainer war da, auch wenn ich ihn ständig Werner nannte. Vielleicht, weil er auch braune Augen hatte, mit winzigen gold-gelben Punkten drin. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass Werner mir damit vom Katzenhimmel aus sagen wollte: »Der ist okay, den habe ich persönlich für dich abgenickt.« Und Rainer lachte nicht. Kein einziges Mal. Obwohl ich ihm zusammenhangslose Geschichten über meine tote Katze erzählte und danach einfach nur zusammenhangslose Geschichten. Er versuchte nicht, mir an die Wäsche zu gehen oder mir von seinem Job oder seinem Auto zu erzählen, er war, Wunder über Wunder, sanft und geduldig und hörte einfach nur zu. Wie ein Engel.
Manche Männer sehen aus. Das reicht. Die steigen aus einem Auto, gehen in eine Kneipe oder lehnen irgendwo rum, und jede Menge Frauenaugen fangen an zu sabbern. So ein Mann bin ich nicht. Noch nie bin ich irgendwo reingekommen und eine Frau hat sich nach mir umgedreht, ein Gespräch unterbrochen oder nervös an ihrem Outfit gezuppelt. Selbst meine Mutter hat in Ruhe weitergegessen, wenn ich in die Küche kam. Deswegen hab ich bislang weder in Discos oder Clubs noch auf lauten Partys und Konzerten eine Frau kennengelernt.
Ein Löwe, der feststellt, dass er in seinem Revier ums Verrecken keine Antilope erlegt, sagt aber nicht »Scheiß drauf, werd’ ich halt Vegetarier«. Er wartet auch nicht, bis ihm die dämlichste Antilope zufällig vor die Zähne fällt. Nein, er wechselt sein Jagdrevier. In meinem Fall hieß das: weg von Clubs und Kneipen, hin zu Sprach-, Aerobic- und sonstigen Kursen und, später dann, vor allem, hin zu Parks.
Denn die beste Methode, um Frauen kennenzulernen, ist ein Hund. Ein Hund ist ein viel besserer bester Freund als ein bester Freund. Für einen Mann ist ein Hund ein optimaler Knackarschersatz. Und das Beste ist: Nicht mal der Hund muss gut aussehen! Er muss einfach nur Hund sein. Schon wird man angesprochen. »Wie alt isser denn?«, »Darf ich den mal streicheln?« und so weiter. Lauter Fragen, die Frauen nicht mal einem Knackarsch stellen, jedenfalls nicht gleich nach dem Kennenlernen.
Deswegen lieh ich mir Moses aus. Moses war der Hund meiner Nachbarn und ein sehr dummer und deswegen zutraulicher schwarzer Retriever. Ein Mann mit Hund suggeriert der Frau, dass der in der Lage ist, sich um ein Lebewesen zu kümmern, und das ist schon mal nicht schlecht. Frauen sind emotional viel einfacher gestrickt, als sie denken. Ab Mitte zwanzig geht es immer um die Frage: »Mit wem kann man gut Vater, Mutter, Kind spielen?«
In der Erfolgsrate schlug Moses jedenfalls sämtliche Aerobic-Kurse und Internet-Kontaktbörsen um Längen, außerdem wollte er keinen Mitgliedsbeitrag, nur Trockenfutter. Vor allem hatte Moses nicht diese leicht verzweifelte Aura, die Kontaktbörsen ausstrahlen. Ich lernte durch Moses etliche Frauen kennen, blieb aber dennoch Single. Die guten Frauen haben Katzen, tröstete mich mein Freund Möhre.
»Frauen, die auf Hunde stehen, sind nicht die Frauen, auf die du stehst!« Das ist so wie mit Schalke und Dortmund. Passt einfach nicht zusammen.
Ich versuchte es trotzdem weiter mit Moses. Der war, wie gesagt, nicht der hellste, selbst für einen Hund, und so schlief er eines Mittags in der Sonne ein und holte sich einen satten Hundesonnenbrand an seinen empfindlichsten Teilen. Als er wieder aufwachte, war das Theater groß und wurde wohl auch abends nicht kleiner. Deswegen baten mich seine Besitzer am nächsten Tag, ob ich nicht Zeit hätte, zum Tierarzt zu gehen und erstens eine Salbe zu holen und zweitens einen Trichter, der verhindern sollte, dass Moses sich ständig die verbrannten Eier leckte.
Es gibt zwei Orte, an denen Frauen generell schutz- und hilflos sind: die Umkleidekabine einer Boutique und das Wartezimmer einer Tierarztpraxis. Da kann der Mann ungeheuer punkten, wenn er Sensibilität zeigt oder vortäuscht. Darauf reagiert die Frau so wie der Mann, wenn die Frau Interesse für Fußball zeigt oder vortäuscht. Nämlich mit Hormonausschüttung.
Sensibilität ist aber bei einem heterosexuellen Mann vergleichbar mit Zinsen für eine Geldanlage. Jeder weiß, was eine ungefähr realistische Größe ist. Fünf oder sechs Prozent, wenn es sehr gut läuft, auch mal sieben oder acht. Wer zwanzig oder mehr Prozent haben will, soll sich am Ende nicht wundern, dass er über den Tisch gezogen wurde. Beziehungsweise eben sie. Und schon gar nicht soll sie sich beim Schicksal darüber beschweren, dass alle
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