Die Kiste der Beziehung: Wenn Paare auspacken (Populäres Sachbuch) (German Edition)
Jahren …
Nein, dein Sozialversicherungsausweis ist nicht da drin. Dafür bin ich ja auch nicht verantwortlich.
Ah. Aber für meinen Impfpass bist du –
Oh ja!
Darf ich fragen, wieso?
Weil ich »Mama, Teil 2« bin.
Die Sache mit dem Schwiegereltern-Kennenlernen
Mit den Eltern meiner jeweiligen Freunde bin ich immer gut klargekommen. Die Väter mögen mich, weil ich unkompliziert bin, grillen kann und kein Glas zum Flaschenbier brauche, und die Mütter sind beim ersten Treffen im Normalfall einfach nur froh, dass ich weder schwanger noch drogenabhängig bin und trotzdem freiwillig mit ihrem Sohn zusammenlebe.
Zugegeben, diese Erfahrungen fallen alle eher in die Zeit, als ich zwischen 16 und 25 Jahre alt war, aber wieso sollte sich das ändern? Ich war also ziemlich gelassen, als Rainer mir mitteilte, dass seine Mutter uns beide zum Abendessen eingeladen hatte. Auf meine Frage, wie seine Eltern denn so sind, hatte Rainer mir bisher immer versichert: »Ganz normal.« Und da ich Rainer zu dem Zeitpunkt noch nicht so gut kannte, glaubte ich ihm. Ich erwartete einen Braten, vorsichtige Neugierde und eventuell noch eine abschließende Runde Trivial Pursuit oder alte Dias gucken, je nachdem, ob es Rainers Eltern wichtiger war, dass ich was im Kopf oder Geduld hatte.
Rainers Eltern haben eine Reihenhaushälfte und einen Gartenzwerg mit Schubkarre im Vorgarten, außerdem war das Türschild über der Klingel selbstgebastelt. Ich sagte nichts dazu, schließlich war ich nicht hier, um zu richten, sondern um zu gefallen. Das schien mir auch zu gelingen, denn das Erste, was Rainers Vater sagte, nachdem er mich gefühlte zehn Minuten von oben bis unten gemustert hatte, war ein durchaus wohlwollendes »Ja guck. Geht doch.«
Dabei nickte er Rainer zu.
»Geht doch«, hat mein Vater immer gesagt, wenn ich statt der üblichen Vier Minus aus Versehen mal eine Zwei in Mathe nach Hause gebracht hatte. Ich verbuchte seine Aussage für mich also so, dass ich besser war als meine Vorgängerinnen, und mehr kann man vom ersten Treffen nicht verlangen. Wenn man als neue Freundin zum ersten Mal die Schwiegereltern kennenlernt, ist sowieso nur die Mutter wichtig.
Und Rainers Mutter verhielt sich so, wie ich es erwartet und Rainer es angekündigt hatte: ganz normal.
Sie begrüßte mich freundlich, sah so aus, wie Mütter eben aussehen, und war danach sofort wieder in der Küche verschwunden, um »schnell nach dem Braten« zu sehen. Das würde ein glatter Durchmarsch für mich werden.
Im Wohnzimmer stand eine Armee von gerahmten Fotos der Familie im Wandel der Zeiten, was für mich vor allem deshalb interessant war, weil ich hier auch zum ersten Mal Rainers Exfreundin sah. Arm in Arm mit Rainer lächelte sie mich zufrieden vom Kaminsims an. Als Rainers Mutter mit den Klößen aus der Küche kam, sagte sie sofort: »Hans, ich hab dir doch gesagt, du sollst das für heute weglegen!« Vorwurfsvoll.
»Hast du gar nicht«, brummte Hans darauf zurück und sah mich dann grinsend an.
»Hat sie gar nicht«, flüsterte er mir zu, und in dem Moment sah er so dermaßen aus wie Rainer, dass mich das von der Frage wegbrachte, wieso Rainers Mutter das Foto nur »für heute« weglegen wollte. Rainer sagte zu all dem gar nichts, fummelte aber das Foto aus dem Rahmen und steckte es in sein Portemonnaie. Bis er meinen Blick sah. Da nahm er das Foto wieder raus, knüllte es zusammen und warf es in der Küche weg.
Rainers Vater wollte von mir beim Essen zunächst das Übliche wissen: Wie alt ich bin, ob ich schon mal verheiratet war oder noch bin, ob ich Abitur habe und welches Auto ich fahre. Dann erklärte er mir, wie toll er es fand, dass ich einen Beruf habe, und riet mir, den auf gar keinen Fall und unter keinen Umständen jemals aufzugeben. Dabei sah er Rainers Mutter an, die Hausfrau, die keine Miene verzog.
»Frauen müssen was Eigenes haben, sonst verlieren sie ihre Persönlichkeit«, sagte er. »Stellen Sie sich mal vor, Ramona, Sie kriegen Kinder, hören auf zu arbeiten, und dann sind die Kinder eines Tages aus dem Haus. Dann haben Sie gar nichts mehr, sehen aus wie ’ne vertrocknete Rosine und geben Rainer die Schuld dafür. Das ist doch nicht schön, oder?«
Da Rainers Mutter inzwischen so aussah, als würde sie in naher Zukunft entweder die Bratenschüssel nach ihrem Mann werfen oder aber in sie hineinweinen, wollte ich diplomatisch sein und versprach, Rainer im beschriebenen Fall keinen Vorwurf zu machen, und fragte, ob ich noch
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