Die Kleptomanin
Hilfe.«
»Meine Hilfe?« Nigel sah sie an und klappte sein Buch zu. Sein schmales, boshaftes Gesicht wurde urplötzlich von einem spitzbübischen, aber überraschend lieben Lächeln erhellt. »Was hab ich angestellt?«
»Hoffentlich nichts«, sagte Mrs Hubbard. »Aber jemand hat in voller Absicht und aus Bosheit Tinte über Elizabeth Johnstons Aufzeichnungen geschüttet. Grüne Tinte. Sie schreiben doch mit grüner Tinte, Nigel.«
Er starrte sie an. Sein Lächeln verschwand. »Ja, ich benutze grüne Tinte.«
»Scheußliches Zeug«, sagte Patricia. »Davon solltest du wirklich Abstand nehmen, Nigel. Ich hab dir schon immer gesagt, wie grässlich affektiert ich das finde.«
»Ich bin nun mal gern affektiert«, sagte Nigel. »Lila Tinte wäre sogar noch besser, denke ich. Ich muss sehen, dass ich welche kriege. Aber ist das Ihr Ernst, Mum? Das mit dem Anschlag, meine ich?«
»Ja, es ist mein Ernst. Hast du das getan, Nigel?«
»Nein, natürlich nicht. Ich ärgere gern Leute, wie Sie wissen, aber ich würde niemandem so einen schmutzigen Streich spielen – und ganz bestimmt nicht Black Bess, die sich wirklich nur um ihre eigenen Angelegenheiten kümmert. Da könnte sich mancher ein Beispiel dran nehmen. Wo hab ich die Tinte gelassen? Ich habe meinen Füller gestern Abend gefüllt, wenn ich mich recht entsinne. Gewöhnlich stelle ich sie auf das Regal da drüben.« Er sprang auf und durchquerte den Raum. »Sie haben Recht. Die Flasche ist fast leer. Sie sollte aber so gut wie voll sein.«
Das Mädchen im Regenmantel schnappte nach Luft. »O Mann«, sagte sie. »O Mann, das gefällt mir nicht…«
Nigel fuhr herum und sah sie anklagend an. »Hast du etwa kein Alibi, Celia?«, fragte er drohend.
Das Mädchen schnappte nach Luft. »Ich war das nicht. Ich war es wirklich nicht. Überhaupt, ich bin den ganzen Tag im Krankenhaus gewesen, ich könnte doch gar nicht…«
»Nigel«, sagte Mrs Hubbard. »Machen Sie keine schlechten Scherze mit Celia.«
Patricia Lane sagte ärgerlich: »Es gibt keinen Grund, Nigel zu verdächtigen. Bloß weil seine Tinte genommen worden ist…«
Valerie sagte katzenhaft: »Recht so, Schatz, verteidige dein Junges.«
»Aber es ist so ungerecht…«
»Aber ich habe wirklich nichts damit zu tun«, protestierte Celia ernsthaft.
»Das glaubt auch keiner, du Kindskopf«, sagte Valerie ungeduldig. »Aber wie dem auch sei«, ihre Augen trafen Mrs Hubbards, und die beiden sahen sich an, »das hier geht über einen bloßen Scherz hinaus. Es müsste etwas dagegen getan werden.«
»Es wird etwas dagegen getan«, sagte Mrs Hubbard grimmig.
Viertes Kapitel
» H ier haben wir ihn, Monsieur Poirot.«
Miss Lemon legte ein kleines, in braunes Packpapier gewickeltes Paket auf den Tisch. Poirot entfernte das Papier und begutachtete einen gut geschnittenen, silbernen Abendschuh.
»Er war in der Baker Street, genau wie Sie vorhergesagt haben.«
»Das erspart uns einige Mühe«, sagte Poirot. »Und es bestätigt meine Vorstellungen.«
»Genau«, sagte Miss Lemon. Sie war von Natur aus über jede Neugier erhaben.
Sie war jedoch anfällig für familiäre Gefühle. Sie sagte: »Wenn es Ihnen nicht zu viel ausmacht, Monsieur Poirot, ich habe einen Brief von meiner Schwester erhalten. Es gibt da einige neue Entwicklungen.«
»Erlauben Sie, dass ich ihn lese?«
Sie gab ihm den Brief. Nachdem er ihn gelesen hatte, ließ er Miss Lemon bei ihrer Schwester anrufen. Nach kurzer Zeit gab sie ihm das Zeichen, dass die Verbindung hergestellt sei. Poirot nahm ihr den Hörer ab.
»Mrs Hubbard?«
»Ach, Sie sind es, Monsieur Poirot. Wirklich nett von Ihnen, sofort zurückzurufen. Ich war in der Tat sehr…«
Poirot unterbrach sie. »Von wo sprechen Sie?«
»Wieso? – Von Hickory Road 26 natürlich. Oh, ich sehe, worauf Sie hinauswollen. Ich bin in meinem Wohnzimmer.«
»Gibt es einen Nebenanschluss?«
»Das hier ist der Nebenanschluss. Der Hauptanschluss ist unten im Flur.«
»Wer im Haus könnte mithören?«
»Zu dieser Tageszeit ist keiner der Studenten anwesend. Die Köchin ist auf dem Markt, einkaufen. Geronimo, ihr Mann, versteht sehr wenig Englisch. Dann ist da noch eine Putzfrau, aber die ist taub und ich bin sicher, dass sie sich nicht die Mühe machen würde, mitzuhören.«
»Sehr gut. Ich kann also frei sprechen. Gibt es bei Ihnen gelegentlich abends Vorträge oder vielleicht Filme? Irgendwelche Veranstaltungen?«
»Es gibt gelegentlich Vorträge. Miss Baitraut, die Forschungsreisende,
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