Die Klimafalle - die gefährliche Nähe von Politik und Klimaforschung
waren. Da war es in Ordnung, dass der Ozean in diesem Modell kein Wasserkörper war, in dem sich z. B. Wirbel bilden, sondern eine Senfsoße, die mehr oder minder glatte Strömungen bildet. Dieses Modellsystem wurde vom einigermaßen bekannten Zustand im Jahr 1990 „transient“ bis in ein zukünftiges Jahr 2100 gerechnet. In einem Abstand von jeweils 40 Minuten („Zeitschritt“) wurde ein neuer Zustand berechnet auf einem Gitter mit einer Kantenlänge von ca. 500 km. Dabei stieg unter dem Einfluss der wachsenden CO 2 -Konzentration die Temperatur allmählich an, schneller über Land als über See.
Bis heute wird diese Art Rechnung immer wieder gemacht; der Prototyp war hergestellt und wurde immer weiter verbessert, indem weitere Klimakomponenten hinzugenommen, die Gitterauflösung verfeinert und der Zeitschritt weiter verkürzt wurden. Dazu wurden eine Reihe von Computersimulationen durchgeführt, die sich voneinander durch eine Reihe von Details unterschieden: etwa durch andere Anfangszustände, um die oben schon erwähnten zufälligen Unterschiede auszuloten, oder durch verschiedene Annahmen über die Entwicklung der Konzentrationen von Treibhausgasen in der Atmosphäre. Damit wurde eine ganze Reihe von Szenarien hergestellt, die sich in zufälliger Weise und in Form von verschiedenen Emissionsszenarien unterschieden.
Es gab nun keinen Zweifel mehr: Der menschengemachte Klimawandel hatte die weltpolitische Bühne betreten, und er begann sie zu dominieren. Der Nachweis des von Menschen verursachten oder beeinflussten Klimawandels fiel in eine weltpolitisch bewegte Zeit und füllte ein Vakuum: Mit der deutschen Wiedervereinigung und dem Zusammenbruch des Ostens entfiel auch das Bedrohungsszenario des Kalten Krieges und der atomaren Waffen, das bis dahin die Welt bestimmt hatte. An diese Stelle trat nun der Klimawandel alsKehrseite einer Globalisierung, die nun tatsächlich keine Grenzen mehr zu kennen schien. Ob als Ersatz für das alte Bedrohungsszenario oder als eine gemeinsame Herausforderung für eine nun im Kapitalismus geeinte Menschheit: Der Klimawandel war von vorneherein weltpolitisch aufgeladen.
Er zog nicht nur das Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit auf sich, sondern begann auch die Ausrichtung der wissenschaftlichen Praxis immer mehr zu bestimmen. Heutzutage gibt es praktisch keine Klimathemen mehr, deren Beforschung nicht mit dem menschengemachten Klimawandel begründet wird. Dies gilt auch für die Disziplinen der Meteorologie und der Ozeanographie, deren Forschungsbereich sich immer mehr auf dieses Thema verengte.
Erkennung und Zuweisung
Es wurde nun ernst mit der Erforschung der Hypothese eines menschengemachten Klimawandels. Die dafür erforderliche Rechnerkapazität stand in Hamburg in Form des Deutschen Klimarechenzentrums bereit, und die ersten erforderlichen Modelle von den wichtigsten Komponenten im Klimasystem, nämlich Ozean und Atmosphäre, waren einsatzfähig; Voraussetzungen, die mit Namen wie dem Ozeanographen Ernst Maier-Reimer und dem Meteorologen Erich Roeckner verbunden sind.
Die Theorien und immer realitätsnäher werdenden Modelle legten den Schluss nahe, dass die stetige und zudem beschleunigte Ansammlung von Kohlendioxid und anderen strahlungswirksamen Substanzen in der Atmosphäre zu einer Erwärmung derselben und damit zu weiteren Änderungen in der Atmosphäre und den Ozeanen führen musste. Neben der Erwärmung waren Änderungen vor allem beim Wasserdampf und damit bei den Niederschlägen plausibel. Doch war diese Vorstellung auch realistisch? Ist die Wirkung jener Substanzen in der Atmosphäre wirklich relevant? Undkönnen wir die Wirkung (das „Signal“) schon jetzt ausmachen?
Das erste Problem bei der Beantwortung dieser Fragen war die schon erwähnte „Erkennung und Zuweisung“, deren Methodik Klaus Hasselmann in einem kaum verständlichen Artikel 1979 ausgearbeitet hatte. Anfang der 1990er Jahre implementierten Forscher am MPI diese Methode, die – später verfeinert – zu einem Standard wurde, wobei half, dass Klaus Hasselmann die Sache noch mal kurz und verständlicher aufschrieb. Umgesetzt wurde die Aufgabe damals von der Mathematikerin Gabriele Hegerl. 9 Sie konnte nachweisen, dass die globale Erwärmung der letzten 30 Jahre nicht durch natürliche Vorgänge erklärt werden kann und dass es zumindest bislang keine plausible Erklärung ohne die Berücksichtigung der Treibhausgase gibt. Was vorher nur vermutet worden war, wurde durch Anwendung von
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