42, weiblich, Single ... sucht jungen Lover (Renée Corrillas Erotikreihe) (German Edition)
42, weiblich, Single ...
sucht
jungen
Lover
von
Renée Corrilla
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Meine Tochter hat einen neuen Freund. Sie schickt mir ein Foto auf mein I-Phone. „Sieh dir das Aquarium im Hintergrund an, gigantisch, nicht?“ Ich mag's mir nicht ansehen. Nicht das Aquarium und nicht den Typen. Der dritte Kerl in drei Monaten. Aber wenn ich mich aufrege, kommt sie nächstes Mal mit drei Typen gleichzeitig. Egal, was ich ihr rate, sie macht das Gegenteil. War ich genauso? Na, klar, aber heute weiß ich ja, dass ich dumm war. Ich möchte nicht, dass sie dieselben Fehler macht, aber vielleicht muss sie die ja machen. Vielleicht muss die jeder machen. Um wirklich zu kapieren. Solange sie nicht schwanger wird oder an einen Psycho gerät, der sie in eine Sekte oder rechtsradikale Clique führt, ist das vielleicht der einzige und richtige Weg.
Ich stecke mal wieder im Stau, es ist Anfang Dezember und die Leute stürmen bereits die Stadt, um Einkäufe zu tätigen, von Krise keine Spur, es wird gekauft, dass einem ganz schwindlig wird vor lauter Tüten und Taschen und überfüllten Geschäften.
Ein weiteres Weihnachten steht vor der Tür, und ich frage mich, mit wem ich es verbringen werde? Mit Gerlinde? Julia? Oder mit einer heulenden Tochter, weil Steve oder Marc oder Julian einen Tag vorher wieder mal Schluss gemacht hat (um kein Geschenk kaufen zu müssen; drei Tage später steht Steve oder Marc oder Julian dann wieder vor der Tür, und meine Kleine verzeiht ihm – sie verzeiht immer und jedem, nur nicht mir).
Es fängt an zu regnen, ich schalte den Scheibenwischer ein, der quietscht, als wolle er einen alten Geist aufwecken. Ich stecke fünfzig Meter vor dem Nadelöhr, einem Kreisverkehr, der eigentlich als Stauminderung gedacht war, aber genau das Gegenteil bewirkte – außer den Einheimischen kapiert niemand die Vorrangregel und so fahren alle gleichzeitig, es kommt zu Unfällen oder schier unauflöslichen Knäuels an Autos und Kleinlasters … Ich atme tief ein, tief aus, versuche meinen Ärger auf diese Weise in den Griff zu kriegen. Ich komme vom Augenarzt, der mir geraten hat, die Brille nicht zu tragen („Außer beim Autofahren, da macht sie Sinn, vor allem, wenn es dämmrig wird!“), was ich mit Freuden zur Kenntnis nahm, denn meine Brille verliere ich ständig. Der Herr Doktor war hübsch, jung, freundlich, sexy … ein Traum von Mann, und genauso unerreichbar. Ich versuchte zu flirten, aber jeder Versuch wurde höflich, aber bestimmt abgeblockt. Julia meinte kürzlich, sie wär jetzt ne alte Kuh, und sie wollte wohl, dass ich mich genauso bezeichnete, aber ich weigerte mich. Ich bin zwar seit sechs Jahren Single („sechs, sechs, sechs, sechs, sechs, sechs, sechs, sechs“ - ich hab Stimmen in meinem Kopf, die es mir ununterbrochen bestätigen), aber ich fühle mich nicht alt, im Gegenteil. Ich fühl mich wie immer. Es hat sich nie etwas geändert. Oder doch? Ich betrachte meine Hände. Die Haut hat sich verändert … Ich seh's an den Händen. Ich seh's nicht, wenn ich nackt vor meinem Ganzkörperspiegel im Schlafzimmer stehe. Aber ich seh's, wenn ich meine Hände betrachte.
Im Schritttempo geht es dahin. Ich bin nicht unglücklich. Ich bin auch nicht glücklich. Ich bin einfach nur da. Ich arbeite im Kunsthistorischen Museum, bin zuständig für die Sonderausstellung im Frühjahr und jeden Tag eingespannt, jetzt schon, denn nichts scheint zu funktionieren, jeden einzelnen Arbeiter scheine ich persönlich einweisen zu müssen … Aber ich jammere nicht! Ich mag meinen Job. Ich liebe Kunst, ich liebe es, sie in eine bestimmte Ordnung zu bringen, damit daraus ein neues, eigenes Kunstwerk entsteht, ich liebe es, den Menschen - gerade auch jungen - Kunst näher zu bringen. Was ich nicht mag, sind diese trägen, phantasielosen Menschen, mit denen ich zum Teil zu tun habe. Das Handy vibriert, und ich frage mich, ob ich mir das jetzt antun soll. Als ein Auto hinter mir einen Hupanfall bekommt, nehme ich ab, ansonsten könnte es sein, dass ich aussteige und dem Idioten/der Idiotin eins scheuere. „Michaela“, sagt mein Boss. „Gut, dass ich Sie noch erreiche.“ - „Ich steck im Stau.“ - „Können Sie umkehren?“ - „Ich steck im Stau, Holger.“ - „Es gibt ein Problem mit dem Dürer.“ - „Dem Konzertmeister?“ - „Konzertmeister? Welchem Konzertmeister?“ - „Holger, sagen Sie mir, was
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