Die Klinge der Träume
zu stören. Sie spielte mit ihrem Weinbecher, aber Arymilla glaubte nicht, dass sie mehr als zwei getrunken hatte. »Wenn wir gegen die Grenzländer kämpfen müssen, warum dann nicht Luans Waffenstillstandsangebot annehmen, damit Andor seine volle Stärke nicht entzweit ins Feld schickt?«
Arymilla lächelte. Dabei hätte sie die dumme Kuh am liebsten geohrfeigt. Aber das hätte Nasin verärgert. Er wollte, dass sie Arymillas »Gast« blieb, um seine Absetzung als Hoher Herr zu verhindern - ein Teil von ihm schien sich bewusst zu sein, dass sein Verstand nicht mehr funktionierte; aber sein ganzes Wesen hatte vor, sich bis zu seinem Tod an der Position des Hohen Herrn festzuklammern -, doch er liebte sie. »Ellorien und einige der anderen werden sich mir noch anschließen, Kind«, sagte sie aalglatt. Glätte erforderte einige Anstrengung. Für wen hielt sich diese Schlampe?
»Aemlyn, Arathelle, Pelivar. Sie hegen Groll gegen Trakand.«
Sie würden bestimmt zu ihr kommen, sobald Elayne und Dyelin aus dem Weg geschafft waren. Diese beiden würden Caemlyns Fall nicht überleben. »Sobald die Stadt mir gehört, werden sie auf jeden Fall auf meiner Seite sein. Drei von Elaynes Anhängern sind Kinder, und Conail Northan ist kaum mehr als ein Kind. Ich werde sie mit Sicherheit mühelos überzeugen können, mich öffentlich zu unterstützen.« Und sollte ihr das nicht gelingen, Meister Lounalt würde das sicherlich keine Mühe bereiten. Es wäre eine Schande, ihm und seinen Schnüren Kinder übergeben zu müssen. »Bei Sonnenuntergang des Tages, an dem Caemlyn mir in die Hände fällt, werde ich Königin sein. Ist es nicht so, Vater?«
Nasin lachte und spuckte Stücke halb zerkauten Eintopfs über den Tisch. »Ja, ja«, sagte er und tätschelte Arymillas Hand. »Hör auf deine Tante, Sylvase. Tu, was sie dir sagt. Sie wird bald die Königin von Andor sein.« Sein Lächeln verblasste, und ein seltsamer Ton trat in seine Stimme. Es hätte beinahe ein… Flehen sein können. »Vergiss nicht, du wirst die Hohe Herrin von Caeren sein, wenn es mich nicht mehr gibt. Wenn es mich nicht mehr gibt. Du wirst die Hohe Herrin sein.«
»Wie du befiehlst, Großvater«, murmelte Sylvase und neigte kurz den Kopf. Als sie wieder aufschaute, war ihr Blick so leer wie immer. Die Intelligenz musste eine Lichtspiegelung gewesen sein. Natürlich.
Nasin grunzte und machte sich beherzt wieder daran, den Eintopf runterzuschlingen. »Der Beste, den ich seit Tagen hatte. Ich glaube, ich nehme noch eine Portion. Mehr Wein, Mann. Siehst du nicht, dass mein Becher leer ist?«
Die Stille am Tisch wurde immer unbehaglicher. Nasins deutliche Zurschaustellung seiner Senilität brachte das mit sich.
»Ich sage trotzdem…«, fing Lir schließlich an, nur um durch das Eintreten eines Waffenmannes mit Marnes vier Silbernen Monden auf der Brust unterbrochen zu werden.
Der Bursche verbeugte sich respektvoll, ging um den Tisch herum und beugte sich vor, um Arymilla ins Ohr zu flüstern. »Meister Hernvil bittet um ein privates Wort, meine Lady.«
Bis auf Nasin und seine Enkelin taten alle so, als würden sie sich auf ihren Wein konzentrieren und nicht versuchen zu lauschen. Er aß weiter. Sie sah Arymilla ausdruckslos an. Diese Schärfe musste eine Lichtspiegelung gewesen sein.
»Ich bin gleich wieder da«, sagte Arymilla und erhob sich. Sie deutete mit der Hand auf das Essen und den Wein. »Genießt das bis zu meiner Rückkehr. Genießt.« Lir verlangte mehr Wein.
Draußen machte sie sich nicht die Mühe, die Röcke zu heben, um sie vor dem Schlamm zu bewahren. Arlene würde sie sowieso reinigen müssen, also kam es auf ein kleines bisschen mehr Schlamm auch nicht an. Aus einigen Zelten fiel Licht, aber größtenteils lag das Lager dunkel im Schein des Halbmondes da. Jakob Hernvil, ihr Sekretär, wartete ein kleines Stück von dem Zelt entfernt; er hielt eine Laterne, die einen gelben Lichtkreis um ihn herum erschuf. Er war ein kleiner Mann und dürr, als hätte man alles Fett aus ihm herausgekocht. Diskretion war ihm angeboren, und sie versicherte sich seiner Loyalität, indem sie ihm genug zahlte, dass nur die größten Bestechungssummen für ihn von Interesse sein konnten, weitaus mehr, als sonst jemand für einen Schreiber bezahlen würde.
»Verzeiht mir, dass ich Eure Mahlzeit unterbrochen habe, meine Lady«, sagte er mit einer Verbeugung, »aber ich war mir sicher, dass Ihr das sofort erfahren wolltet.« Es war immer eine Überraschung, bei
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