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Die Klinge der Träume

Die Klinge der Träume

Titel: Die Klinge der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Aviendha.
    Als Vandene gefolgt von Kirstian und Zarya ins Zimmer rauschte, erschien das eine Erleichterung. Die beiden weiß gekleideten Frauen blieben mit demütigen Mienen in der Tür stehen. Vom Eidstab unberührt, schien die blasse Kirstian, die die Hände auf Taillenhöhe gefaltet hatte, in ihren mittleren Jahren zu sein; Zarya mit ihren schräg stehenden Augen und der Hakennase kurz davor. Sie hielt etwas, das in ein weißes Tuch gewickelt war.
    »Entschuldigt, falls ich Euch störe«, setzte Vandene an und runzelte dann die Stirn. Trotz ihrer Aes Sedai-Züge vermittelte das Gesicht der weißhaarigen Grünen irgendwie den Eindruck von Alter. Es hätten zwanzig oder auch vierzig Jahre sein können oder alles Mögliche dazwischen; das schien sich bei jedem Blinzeln zu verändern. Vielleicht waren es ihre dunklen Augen, die leuchtend und schmerzerfüllt waren, die so viel gesehen hatten. Irgendwie machte sie auch einen müden Eindruck. Sie hielt sich kerzengerade, aber sie sah trotzdem erschöpft aus. »Natürlich geht mich das nichts an«, sagte sie taktvoll, »aber gibt es einen Grund, warum Ihr so viel von der Macht haltet? Als ich Euch im Korridor gespürt habe, dachte ich, Ihr müsst etwas sehr Komplexes weben.«
    Überrascht wurde sich Elayne bewusst, dass sie fast so viel Saidar hielt, wie sie ohne Schaden nehmen konnte. Wie war das passiert? Sie konnte sich nicht daran erinnern, so tief davon geschöpft zu haben. Hastig ließ sie die Quelle los, Bedauern erfüllte sie, als die Macht versickerte und die Welt… wieder gewöhnlich wurde. Sofort kippte ihre Stimmung um.
    »Ihr stört nicht«, sagte sie verdrossen und legte das Buch vor sich auf den Tisch. Sie hatte sowieso keine drei Seiten von dem Ding geschafft.
    »Darf ich dann für Abgeschiedenheit sorgen?«
    Elayne nickte knapp - es ging die Frau verdammt noch mal nichts an, wie viel von der Macht sie hielt; sie kannte das Protokoll genauso gut wie Elayne, wenn nicht sogar besser - und befahl Sephanie, im Vorraum zu warten, während Vandene eine Abschirmung gegen Lauscher webte.
    Dennoch wartete Vandene, bis sich die Tür hinter der Zofe geschlossen hatte, bevor sie sprach. »Reanne Corley ist tot, Elayne.«
    »Oh, beim Licht, nein.« Die Verärgerung wandelte sich in Schluchzen, und sie zog schnell ein Spitzentaschentuch aus dem Ärmel, um die Tränen abzutupfen, die ihr plötzlich die Wangen hinunterströmten. Ihre verfluchten Stimmungsschwankungen waren am Werk, aber Reanne verdiente sicherlich Tränen. Sie wäre doch so gern eine Grüne geworden.
    »Wie?« Verdammt, sie wünschte sich, sie hätte aufhören können zu heulen!
    Bei Vandene gab es keine Tränen. Vielleicht hatte sie keine Tränen mehr. »Sie wurde mit der Macht erstickt. Wer auch immer das getan hat, hat viel mehr davon benutzt, als nötig war. Die Spuren von Saidar hafteten dicht an ihr und dem Zimmer, in dem sie gefunden wurde. Die Mörderin wollte sichergehen, dass jeder erfährt, auf welche Weise sie starb.«
    »Das ergibt doch keinen Sinn, Vandene.«
    »Vielleicht doch. Zarya?«
    Die Saldaeanerin legte ihr kleines Bündel auf den Tisch und wickelte es aus. Darin lag eine Gelenkpuppe aus Holz. Sie war sehr alt, das einfache Kleidchen fadenscheinig, das bemalte Gesicht blätterte ab und es fehlte ein Auge, die Hälfte des langen Haares war weg.
    »Die gehörte Mirane Larinen«, sagte Zarya. »Derys Nermala fand sie hinter einem Geschirrschrank.«
    »Ich verstehe nicht, was eine von Mirane zurückgelassene Puppe mit Reannes Tod zu tun haben soll«, sagte Elayne und wischte sich über die Augen. Mirane war eine jener Kusinen, die weggelaufen waren.
    »Nur das«, antwortete Vandene. »Als Mirane damals zur Weißen Burg ging, versteckte sie diese Puppe außerhalb, weil sie gehört hatte, dass man alle ihre Besitztümer verbrennen würde. Nachdem man sie hinauswarf, holte sie sie zurück und trug sie immer bei sich. Immer. Sie hatte da allerdings einen Tick. Wo auch immer sie eine Zeit lang verweilte, versteckte sie die Puppe wieder. Fragt mich nicht nach dem Grund. Aber sie wäre nicht weggelaufen und hätte die Puppe zurückgelassen.«
    Elayne tupfte sich noch immer die Augen und lehnte sich in den Stuhl zurück. Ihr Weinen war zu einem Schniefen abgeklungen, aber noch immer liefen Tränen. »Also ist Mirane nicht weggelaufen. Sie wurde ermordet und ihre Leiche . . . weggeschafft.« Eine schreckliche Art, es auszudrücken. »Glaubt Ihr, die anderen auch? Sie alle?«
    Vandene nickte, und

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