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Die Klinge der Träume

Die Klinge der Träume

Titel: Die Klinge der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Seltsames. Alle Kandelaber brannten, und es konnte noch nicht so spät sein, aber sie sah niemanden. Es rauschten immer ein paar Schwestern durch die Gänge, selbst mitten in der Nacht. Sie erinnerte sich lebhaft daran, wie sie Schwestern gesehen hatte, wenn sie zu später Stunde auf irgendeinem Botengang durch die Burg geeilt und daran verzweifelt war, dass sie niemals so anmutig und majestätisch aussehen würde. Aes Sedai hatten ihren eigenen Tagesablauf, und ein paar Braune verabscheuten es regelrecht, am Tag wach sein zu müssen. Nachts gab es weniger Ablenkungen von ihren Studien, weniger Unterbrechungen beim Lesen. Aber es war keiner zu sehen. Weder Katerine noch Barasine machten eine Bemerkung, während sie durch einsame Korridore schritten. Offensichtlich war die stumme Leere nun üblich.
    Als sie zu einer hellen Steintreppe in einem Alkoven kamen, erschien endlich eine Schwester, die von unten kam. Eine mollige Frau in einem rotgeschlitzten Reitkleid. Ihr Mund schien gern zu lächeln, und sie trug ihre Stola mit den langen roten Seidenfransen über die Arme drapiert. Katerine und die anderen hatten die ihren vermutlich getragen, damit sie am Hafen klar zu erkennen waren - in Tar Valon würde niemand eine Frau mit einer fransenbesetzten Stola belästigen; die meisten gingen so jemandem aus dem Weg, vor allem die Männer-, aber warum hier?
    Beim Anblick Egwenes hoben sich die dicken schwarzen Augenbrauen der Frau, und sie stemmte die Fäuste in ihre üppigen Hüften. Egwene glaubte nicht, die Schwester schon einmal gesehen zu haben, aber anscheinend galt das nicht für ihr Gegenüber. »Was denn, das ist ja al'Vere. Sie haben sie zum Nordhafen geschickt? Elaida wird euch eine hübsche Belohnung für die Bemühungen dieser Nacht geben; ja, das wird sie. Aber seht sie euch an. Seht nur, wie sie dasteht. Man könnte meinen, ihr beiden seid eine Ehrenwache zur Eskorte. Ich hätte gedacht, dass sie heult und um Gnade bettelt.«
    »Ich glaube, die Kräuter benebeln noch immer ihre Sinne«, murmelte Katerine und warf Egwene einen unwirschen Blick zu. »Sie scheint ihre Situation nicht zu erkennen.« Barasine, die noch Egwenes Arm hielt, schüttelte sie kräftig, aber nach einem kurzen Stolpern erlangte sie das Gleichgewicht zurück, behielt eine reglose Miene bei und ignorierte die Blicke der größeren Frauen.
    »Unter Schock«, sagte die mollige Rote und nickte. Sie hörte sich nicht unbedingt verständnisvoll an, aber nach Katerine kam sie dem doch sehr nahe. »Ich habe so etwas schon zuvor gesehen.«
    »Wie ist es am Südhafen gelaufen?«, fragte Barasine.
    »Anscheinend nicht so erfolgreich wie bei euch. Alle haben beim Anblick von uns beiden wie Schweine beim Metzger gequiekt. Ich fürchte, wir haben die verjagt, die wir einfangen wollten. Es war gut, dass da zwei von uns waren, die miteinander reden. Wir haben bloß eine Wilde gefangen, aber nicht, bevor sie die halbe Hafenkette in Cuendillar verwandeln konnte. Wir haben beinahe die Pferde zu Tode gehetzt, weil wir so schnell zurückgaloppiert sind, als hätten wir, nun, euren Fang gemacht. Zanica hat darauf bestanden und sogar den Kutscher durch ihren Behüter ersetzt.«
    »Eine Wilde«, sagte Katerine verächtlich.
    »Nur die Hälfte?« Barasine war deutlich ihre Erleichterung anzuhören. »Dann ist der Südhafen nicht blockiert.«
    Melares Brauen hoben sich erneut, als ihr die Bedeutung klar wurde. »Wir werden am Morgen sehen, wie weit er frei ist«, sagte sie langsam, »wenn sie die Hälfte senken, die noch aus Eisen besteht. Der Rest ist stocksteif wie, nun, wie eine Stange Cuendillar. Ich persönlich bezweifle, dass größere Schiffe da durchkommen.« Sie schüttelte mit einem verblüfften Gesichtsdruck den Kopf. »Aber da war etwas Seltsames. Sogar mehr als seltsam. Wir konnten die Wilde zuerst nicht finden. Wir konnten sie die Macht nicht lenken fühlen. Kein Glühen hüllte sie ein, und wir konnten ihre Gewebe nicht sehen. Die Kette fing einfach an, sich weiß zu verfärben. Hätte Arebis' Behüter nicht das Boot entdeckt, hätte sie ihr Werk vollenden und entkommen können.«
    »Die kluge Leane«, murmelte Egwene. Einen Augenblick lang kniff sie die Augen fest zusammen. Leane hatte beizeiten alles vorbereitet, bevor der Hafen in Sicht kam; sie hatte ihre Fähigkeiten verschleiert. Wäre sie so klug gewesen, hätte sie vermutlich entkommen können. Aber im Nachhinein war man immer klüger.
    »Das ist der Name, den sie angegeben hat«, sagte Melare.

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