Meine Kuechengeheimnisse
Vorwort
Das Geheimnis meiner Kladde
Vor einiger Zeit ging mir, ich weiß nicht weshalb, durch den Kopf: »Seit 40 Jahren bist du jetzt Koch, hast die Hotelfachschule besucht, in Salzburg, Genf, Paris und London mit großen Kollegen gearbeitet und vor 20 Jahren eine sehr erfolgreiche Kochschule gegründet. Nicht wenige Leute kennen und mögen dich. Bist du zufrieden mit dir und dem, was du bisher hinterlassen hast?« Die Antwort lautete, weil ich mir gegenüber - fast - immer ehrlich bin: »Nicht wirklich.« Als ich noch einmal darüber nachdachte, wurde mir klar, was mir fehlte und ein Gefühl der Unzufriedenheit gab: »Du hast das, was dir nach genauem Hinsehen, aufmerksamem Zuhören, ständigem Dazulernen eingefallen ist, nur teilweise weitergegeben.« Überdies habe ich die von mir entwickelten Arbeitsmethoden, auf die ich meist erst nach langem Ausprobieren gekommen bin, oft für mich behalten oder nur mit einem kleinen Freundeskreis geteilt.
Seltsam, dass das so gewesen ist, obwohl ich mir vom ersten Tag meiner Lehre an alles aufgeschrieben habe, was ich bei meiner beruflichen Wanderschaft - die hält bis heute an, auch wenn ich an Ort und Stelle bleibe -lernte, aufschnappte, schmeckte und entwickelte. Mein Notizbuch - manche Menschen nennen so etwas eine »Kladde« - hat, wie sich denken lässt, mittlerweile den Umfang eines dicken Buches angenommen.
Ich bin kein Geheimniskrämer. Trotzdem - irgendwie sitzt wohl sogar in mir ein Stück der Denkart alter Küchenmeister: »Von meinen kostbaren Perlen werde ich auf keinen Fall anderen erzählen.« Weshalb sonst hätte ich, wenn mir etwas eingefallen war, was die Arbeit am Herd grundsätzlich veränderte, dieses Wissen nur meiner »Kladde« anvertraut. Oder allenfalls einigen ausgesuchten Menschen. Dabei predige ich die Einfachheit der regionalen Küche und beschreibe auch genau, was ich darunter verstehe. Ich versuche verständlich zu machen, warum das endlose Herumhantieren an den Zutaten eines Gerichtes kein besseres Ergebnis bewirkt; oft führt es sogar zum Gegenteil. Immer wieder warne ich vor dem »hochgeheizten heftigen Hitzeschock«, von dem es heißt, er schließe die Poren des Fleisches. Nur sanftes Garen hebt alle Lebensmittel in die Höhe. Fleisch wird durch die lang anhaltende Höllenhitze, der es ausgesetzt wird, weder saftig noch gehaltvoll oder gar aromatisch. Sie bringt jede Sauce um ihren Wohlgeschmack. Und seit Jahrzehnten geht es mir darum, zu vermitteln, wie eine gesunde, schmackhafte, einfach zu handhabende Küche funktioniert. Ich habe, obwohl ich so vieles ausprobieren konnte und sehr erfolgreich damit war, meine Erkenntnisse nicht immer mit jenen geteilt, denen ich eigentlich auf den rechten Weg verhelfen will. Ich habe dadurch eben doch ein Geheimnis aus meinem Wissen gemacht, obwohl ich es so gerne mit anderen teile.
In dem Wort »geheim« aber steckt das Wort »Heim«, und das hat mal so viel wie »vertraut« bedeutet, erklärte mir ein Freund. Deshalb muss meine Kladde unter Leute, die mir »vertrauen«, sagte ich mir. Einerlei, ob sie beruflich, als Amateure oder »weil mir leider nichts anderes übrig bleibt« am Herd stehen. Ich muss das auch deswegen tun, weil mittlerweile so viel zusammengekommen ist: die von mir entwickelten Methoden, ebenso wie kleine Tricks, Kniffe und Handgriffe, die manchmal durch andere Küchenfreunde - unbemerkt - an mich herangetragen worden sind. Was wiederum damit zu tun hat, dass uns alle eine Kraft antreibt: der Wille zum Besten. Er ist das Geheimnis unseres Könnens.
Es ist kein Geheimnis, wenn ich Ihnen, liebe Leserinnen, liebe Leser, zum Schluss verrate: Die Kenntnis des wertvollsten Geheimnisses nützt nichts, wenn dem Menschen am Herd die Liebe zu dem und die Sorgfalt für das fehlt, was er tut. Die Liebe zum Kochen vorausgesetzt, und mit der Kladde in der Hand sollte Ihnen etwas Tolles gelingen. Dafür wünsche ich Ihnen viel Erfolg!
Vorspeisen und kleine Gerichte
Küchengeheimnis
Tomaten
Frische Tomaten mögen es warm und sollten bei 12 bis 14°C gelagert werden. Filetiert und im Ofen getrocknet, entwickeln sie ein besonders intensives Aroma. Ofentomaten halten sich mit Olivenöl bedeckt im Kühlschrank ein paar Wochen. Sie schmecken in Salaten und Nudelgerichten, zu gebratenem Fisch- oder Hähnchenbrustfilet. Tomatensuppe oder -sauce - das ist vor allem eine Frage der Konsistenz und der Intensität des Aromas. Fein gewürfelte Zwiebel und Karotte sollten unbedingt vorab
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