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Die Klinge

Titel: Die Klinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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diese Trophäe besonders obszön.
    Mittlerweile musste Paula sich zwingen, weiter vorwärts zu gehen. Ihr ganzer Körper wehrte sich gegen die Vorstellung, dass ein Mensch so etwas Grauenvolles zustande bringen konnte. Der nächste Glaszylinder enthielt den Kopf von Black Jack, dessen Mund noch immer zu einem schiefen, leicht höhnisch wirkenden Grinsen verzogen war. Paula fand diesen Anblick noch unerträglicher als alles, was sie bisher in diesem Grauen erregenden Stollen gesehen hatte.

    Paula steckte die Browning in den Gürtel und zog auch noch den linken Handschuh aus. Ihre Hände waren schweißnass. Sie wischte sie schnell an ihrer Hose ab, bevor sie wieder nach ihrer Waffe griff. In diesem Augenblick nahm sie aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr. Irgendjemand musste sich in einer der Felsnischen, an denen sie vorbeigekommen war, versteckt haben. Unwillkürlich duckte sie sich und wich nach rechts aus, weil Saafeld ihr gesagt hatte, dass Holgate auf der linken Seite des Kopfs getroffen worden war. Zu spät. Das stumpfe Ende der Axt streifte ihren Kopf, sodass sie ins Schwanken geriet, stolperte und hinfiel. Ihre rechte Hand mit der Browning schlug dabei gegen eine der Schienen, und die Waffe fiel zwischen die Schottersteine.
    Auch die Taschenlampe war ihr entglitten und zu Boden gefallen, ging dabei aber nicht aus. In ihrem Schein sah Paula, die wie benommen dalag, eine hoch gewachsene Gestalt in einem langen schwarzen Mantel, die sich mit einer Axt in der Hand über sie beugte. Den breitkrempigen Schlapphut hatte sie so tief ins Gesicht gezogen, dass es fast vollständig bedeckt war. Wie in Trance bemerkte Paula, dass ihr Hals leicht hochgehoben und in eine glatte Mulde gelegt wurde. Das war der Richtblock!, erkannte sie voller Entsetzen. Die Gestalt im schwarzen Mantel baute sich über ihr auf. Paula sah, wie die scharf geschliffene Schneide der Axt im Licht der Taschenlampe bedrohlich aufblitzte. Gleich würde sie auf ihren Hals herabsausen.
    Paula nahm all ihre Kraft zusammen und warf sich nach links. Dadurch befreite sie sich aus dem Richtblock und schlug mit dem ganzen Körper an die Tunnelwand. Nicht weit von ihrem Kopf entfernt sah sie etwas Metallisches blinken. Es war ihre Browning. Paula packte sie, richtete sie auf die Gestalt und schoss aus kürzester Entfernung so lange auf sie, bis das neunschüssige Magazin leer war.
Dabei war sie von einer kalten, wütenden Entschlossenheit ergriffen, nicht zu verwunden, sondern zu töten.
    Kurz nachdem der letzte Knall verklungen war, fielen noch zwei weitere Schüsse. Tweed, der noch auf den letzten Sprossen der Leiter stand, hatte sie abgegeben. Die hoch gewachsene Gestalt in dem langen schwarzen Mantel blieb noch einen Augenblick lang reglos wie eine Statue stehen, ehe sie nach hinten zusammensackte.
    Paula rappelte sich gerade hoch, als Tweed im Laufschritt auf sie zukam. Er beugte sich über die schwarz gekleidete Gestalt, fühlte ihr am Hals den Puls und blickte dann zu Paula auf.
    »Exitus.«
    »Was ist denn da oben los?« Von draußen hörte Paula das gedämpfte Geräusch eines landenden Hubschraubers, und kurze Zeit später stiegen mehrere Personen die Leiter herab.
    »Halt, stehen bleiben, oder ich schieße!«, befahl jemand mit lauter Männerstimme, die Paula aber sogleich erleichtert als die von Arthur Beck erkannte.
    Tweed, der immer noch neben dem reglosen Körper kniete, antwortete ihm.
    »Stecken Sie die Waffe weg, Arthur. Ich bin’s, Tweed. Ich bin mit Paula hier drüben.«
    Paula nahm die Taschenlampe und richtete den Lichtstrahl auf die Leiche. Als Tweed dieser vorsichtig den großen Hut vom Kopf zog, stieß Paula einen unterdrückten Schrei aus.
    Vor ihnen lag Marienetta, deren weit geöffnete Katzenaugen Paula mit so viel Hass anstarrten, wie sie es nie für möglich gehalten hätte.

EPILOG
    STRAUB VERKÜNDET VERZICHT
AUF PRÄSIDENTSCHAFTSKANDIDATUR
     
    »AUS GESUNDHEITSGRÜNDEN«, WIE ES HEISST
     
    KUSINE MARIENETTA ALS MASSENMÖRDERIN ÜBERFÜHRT
    Die Daily Nation mit den schreienden Schlagzeilen lag auf Tweeds Schreibtisch in seinem Büro in der Park Crescent. Im Inneren des Blattes war neben einem langen Artikel über die Morde auch ein Kommentar von Robert Newman zu lesen. Tweed lehnte sich in seinem Drehstuhl zurück und blickte die Mitglieder seines Teams nacheinander an. Vor vier Tagen waren sie alle zusammen von Zürich nach London zurückgeflogen.
    Draußen war es schon dunkel, und ein kalter Londoner Regen prasselte

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