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Todesflirt

Todesflirt

Titel: Todesflirt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Broemme
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1. Kapitel
    Die kleine Berivan hatte er sich auf die Schultern gesetzt, Teiki um den Bauch herum gefasst und unter seinen rechten Arm geklemmt. An der linken Hand zog er Hannah, die schon Vorschulkind war, hinter sich her. Ich trug Moritz auf dem Rücken, den Rucksack vor dem Bauch, und versuchte, so gut wie möglich mit David Schritt zu halten.
    Die Kräuter, Gräser und Blumen um uns herum wogten, dicke Tropfen fielen auf uns herab und die Kinder jauchzten – nach der schwülen Hitze war diese Erfrischung mehr als willkommen. Hannah streckte die Zunge heraus und wollte die Tropfen auffangen, aber David zog unbarmherzig an ihrem Arm. Mit dem Kinn wies er zu den anthrazitfarbenen Wolken hin, die sich zu Gebirgen auftürmten.
    »Lauf, lauf, lauf«, feuerte er sie an und ich fürchtete schon, sie würde – wie es ihre Art war – trotzig mit verschränkten Armen stehen bleiben und ausrufen: »Ich geh gar nicht mehr. Keinen einzigen Schritt!« Aber da gab es einen solchen Donnerschlag, dass Moritz auf meinem Rücken laut aufschrie und Hannah froh war, weiterlaufen zu dürfen. Jetzt weinte auch Berivan und kuschelte sich an Davids blonde lockige Haare. Eng fasste sie ihn um den Hals. Sie würde es als Erste erwischen, würde uns der Blitz treffen. Und er wäre der Zweite. Mit einem Mal war mir eiskalt. David lief, so gebückt es ging.
    Bis zum Waldrand waren es vielleicht noch hundert Meter, die Hütte bereits zu erkennen. Die gelben und roten Westen der anderen Kinder leuchteten uns entgegen. David warf mir einen zuversichtlichen Blick zu. Gleich hätten wir es geschafft. Der Regen rann durch mein dünnes Top bis in die Hose hinein – gut, dass sie so kurz war, da kam unten gleich alles wieder heraus.
    Es war das erste Mal, dass ich sah, wie der Blitz einschlug. Ich verstand mit einem Mal die Bedeutung des Wortes »blitzschnell«. Ein unvorstellbares Krachen, ein Aufleuchten und eine heftige Erschütterung – dann stand der mannshohe Busch keine 30 Meter von uns entfernt in Flammen. Die Kinder weinten jetzt alle. Ich keuchte und dachte, ich würde gleich umfallen. Die Turnschuhe quietschten bei jedem Schritt und scheuerten am großen Zeh. Ich war wirklich sportlich – in der Schule war ich immer die Schnellste meines Jahrgangs gewesen, aber das hier …
    Endlich kam uns wenigstens die Schneider entgegen, nahm David Teiki ab und Hannah. Jessica folgte und nahm mir Moritz vom Rücken. David hob Berivan von seinen Schultern, gab ihr einen kleinen Klaps und sagte: »Komm, kleine Kröte, hüpf ganz flink!« Und das tat sie, bis sie die Hütte erreicht hatte. David streckte seinen Rücken durch und versuchte, die Schultern zu lockern. Kurze Kringelsträhnen hingen beinahe bis in seine türkisblauen Augen. Wasser lief über seine kantigen Wangenknochen und er kniff den ohnehin schmalen Mund vor Anstrengung zusammen. Ohne zu überlegen, griff ich nach Davids Hand und zog ihn hinter mir her. Ich hörte sein Keuchen in meinem Ohr. Ich war froh, als wir endlich die Bäume erreicht hatten, obwohl ich wusste, dass der Aufenthalt hier auch nicht gerade ungefährlich war. Irgendwie fühlte ich mich trotzdem beschützt.
    Die Hütte war ein alter Heuschober, dessen Tor auf der Seite zum Feld hin halb offen stand. Sein verwittertes Holz wirkte vor dem schwarzen Himmel noch düsterer. Innen war es ziemlich finster. Es lag eine ganze Menge Heu herum, richtige Berge, und die Kinder hatten angefangen, sich damit zu bewerfen. Sie quietschten schon wieder vor Vergnügen und der Gewitter-Schreck war verflogen. Der Abstand zwischen Blitz und Donner wurde langsam wieder größer.
    »Wir warten hier, bis der Regen aufhört«, verkündete die Schneider, sah verärgert auf die Uhr und versuchte – wie immer erfolglos –, Ordnung in ihre aufgesteckten straßenköterblonden Haare zu bringen. Wir waren sowieso zu spät dran. Der Marsch über die riesige Wiese hatte viel zu lang gedauert. Die Eltern würden beklommen vor dem Kindergarten stehen und warten, dass wir ihre Kleinen gesund zurückbrachten. Aber das war typisch für die Schneider: Hauptsache, es sah nach etwas Großem aus. Ein kleiner Ausflug in den nächstgelegenen Wald machte ja nichts her. Nein, über die Panzerwiese zur Flugwerft Schleißheim musste es gehen! Dass die Kinder wie aufgeschreckte Ameisen kreuz und quer über die riesige Wiese stolpern würden – bei schwülen 32 Grad und zu wenig Wasserflaschen dabei –, hätte man vorher ja auch nicht ahnen können. Jessica und

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