Die Knickerbocker Bande 16 - SOS vom Geisterschiff
Nun standen die Zeiger der Uhr bereits auf halb fünf, doch von den Opfern keine Spur. Erwin, das Wiesel, ahnte nicht, daß ein Verkehrsstau die Rettung der fünf Kinder geworden war.
„Herr Doktor“, sagte Lieselotte zu dem Arzt, der noch immer neben ihr in der Portierloge saß. „Ich glaube, ich bin vergiftet worden.“
Der Arzt blickte sie überrascht an. „Von wem und womit?“ lautete seine Frage.
„Ich fürchte, von einer anderen Teilnehmerin des Wettbewerbs. Ich kenne sie sogar gut. Sie heißt Klara, und wir sind einige Zeit beide auf Patz eins gelegen. Ich bin überzeugt, Klara wird von ihrer ehrgeizigen Mutter unglaublich unter Druck gesetzt. Sie muß gewinnen! Das Mädchen hat versucht, die Aufgaben aus dem Prüfungscomputer zu holen, um sich darauf vorzubereiten. Ich habe sie dabei überrascht und deshalb einen Papierkorb über den Kopf gestülpt bekommen. Aber das Wort VIFZACK, das sie als Kennwort versucht hat, um in das Programm einzudringen, hat sie verraten. Ich könnte mir vorstellen, daß Klara auch vor Gift nicht zurückschreckt.“
Der Doktor schüttelte entsetzt den Kopf. „Wo soll das enden, wenn schon Kinder unter solchen Leistungsdruck gesetzt werden“, murmelte er. „Aber was könnte sie dir verabreicht haben?“ erkundigte er sich.
Lieselotte hatte auch dazu eine Idee: „Wir haben doch in der Firma SEBOPLAN ein Experiment gemacht. Frau Dr. Susanna Selzer hat den Versuch geleitet, und ich erinnere mich genau, was sie über die Stoffe gesagt hat, mit denen wir gearbeitet haben. ‘Sie sind ungiftig, aber es könnte euch von ihrem Genuß übel werden’.“
Sofort griff der Arzt zum Telefon und wählte abermals die Nummer von SEBOPLAN. Er verlangte von dem Assistenten, der sich auch diesmal meldete, die Privat-Nummer von Dr. Selzer und rief sie umgehend an.
Nach weiteren zehn Minuten legte er auf und nickte zufrieden: „Mädchen, du könntest recht haben. Ich finde es unverantwortlich von SEBOPLAN, denn die Leute haben euch mit einem Mittel arbeiten lassen, von dem man heute weiß, daß viele allergisch reagieren. Es gilt als ungiftig, doch kann es Übelkeit und sogar leichte, vorübergehende Lähmungen verursachen. Ich werde dir eine kleine Spritze verabreichen und dich ,entgiften’. In spätestens drei Stunden fühlst du dich wieder kerngesund.“
Lilo atmetet erleichtert auf. Allerdings nur für kurze Zeit, denn es läutete an der Tür. Ein Tierwärter von SEBOPLAN kam, um das Äffchen zu holen. Das Superhirn führte ihn zu dem Zimmer, das es mit Poppi bewohnt hatte, und wartete heraußen. Der Mann verschwand hinter der Tür und kehrte nach einigen Minuten mit leeren Händen zurück. „Das Tier ist nicht drinnen!“ meldete er. Lilo erschrak. Sie lief in den Raum und blickte sich suchend um. Das Säckchen mit den Früchten, die für Lollo bestimmt waren, lag nicht mehr an seinem Platz.
Entsetzt ließ sich das Knickerbocker-Mädchen auf einen der Polsterstühle sinken. Es gab keinen Zweifel: Poppi hatte den Affen mitgenommen. Aber was würde geschehen, wenn er sich unter ihrem Pullover beengt fühlte und sie biß?
Der Pfleger und der Arzt beschlossen, der Gruppe sofort nachzufahren. Sie kannten die Ziele ihrer Reise und wollten versuchen, sie zu finden. Lilo verlangte natürlich, daß sie mitkommen durfte, und der Doktor stimmte zu.
Der Feind unter ihnen
Mittlerweile war es auf dem Rhein finster geworden. Den Loreley-Felsen hatten die Teilnehmer des Wettbewerbes nur noch als riesigen Schatten sehen und bewundern können.
An den Ufern gingen die Lichter an, und über ihnen tauchte der Mond auf. Langsam stieg der Herbstnebel aus dem Fluß und verschlechterte die Sicht.
„Ich möchte euch allen für eure aktive und eifrige Teilnahme danken und allen, die ausgeschieden sind, das olympische Motto auf den Weg geben: dabei sein ist alles. Den vier Finalisten wünsche ich toi-toi-toi für Sonntag!“ verkündete der Wettbewerbsleiter Dr. Krummichel. Mittlerweile hatten seine Sekretärin und Fräulein Hegemann eine grellrosa Flüssigkeit in Gläser geschenkt, die sie nun allen Jungen und Mädchen überreichten.
„Bei diesem Getränk handelt es sich um einen neuen Cocktail, der euch zu Ehren den Namen ,Superhirn’ erhalten hat!“ verkündete Herr Dr. Krummichel. Er prostete den jungen Leuten zu, worauf alle vorsichtig kosteten. Der Drink schmeckte herrlich fruchtig nach Erdbeeren, Haiwaii-Ananas, Bananen und Kokosmilch. Im Nu waren alle Gläser geleert.
Poppi, Dominik
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