Die Knickerbocker Bande 16 - SOS vom Geisterschiff
jagten. Einzelne Sätze, die sie in den vergangenen Tagen aufgeschnappt hatte.
„Doktor... ich... ich glaube... ich könnte mir vorstellen, was mit mir ist. Und ich habe irre Angst, daß es wirklich so ist“, begann sie.
Die Rückkehr des Geisterschiffes
„Meine Lieben“, flötete Fräulein Hegemann durch die Lautsprecheranlage des Autobusses, „meine Lieben, ich möchte euch nun kurz das Programm vorstellen, das euch heute und morgen erwartet. Fangen wir mit morgen an: Wir besuchen die Stadt Mainz, die nicht nur durch den Mainzer Karneval bekannt ist. Wir werden dort das Gutenberg-Museum besichtigen. Wem sagt der Name Gutenberg etwas?“
Zahlreiche Hände sausten in die Höhe. „Johannes Gensfleich zu Gutenberg ist der Erfinder der Buchdruckkunst. Er hat als erster bewegliche Lettern verwendet, die zu Textstücken zusammengesetzt werden konnten.“
„Richtig“, lobte Fräulein Hegemann die zahlreichen Stimmen, die die Antwort verkündet hatten. „Später begeben wir uns nach Rüdesheim, wo ich euch eine Sammlung alter Musikautomaten zeigen möchte: Dort könnt ihr unter anderem ein Orchestrion sehen. Es handelt sich dabei um ein mechanisches Instrument, das ein ganzes Orchester ersetzt hat. Es gibt aber auch Schallplatten mit Löchern, Kirmesorgeln und elektrische Klaviere. Heute noch werden wir eine kleine Schiffahrt unternehmen, dabei könnt ihr die sagenumwobene Loreley bestaunen. Ihr dürft euch aber keine Dame erwarten, sondern ihr werdet einen Felsen sehen, der fast senkrecht in den Rhein abfällt. Doch das Lied von der Loreley ,Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, daß ich so traurig bin’, hat diesen Ort weltbekannt gemacht. Angeblich soll sich von dort oben das bezaubernd schöne Mädchen Lore Lay in den Rhein gestürzt haben.“ Fräulein Hegemann seufzte und schien sichtlich über ihre Erzählung gerührt. „Noch eine lustige Geschichte zum Abschluß: In der Nähe der Loreley befinden sich zwei Burgen namens Burg Katz und Burg Maus. Die früheren Burgherren sollen zueinander ungefähr das gleiche Verhältnis gehabt haben wie diese beiden Tiere. Wir werden dort in der Umgebung einen kleinen Spaziergang unternehmen.“
Dominik blickte zum Fenster des Busses hinaus und verzog den Mund. Er konnte Fräulein Hegemann nicht ausstehen. Ihre Stimme klang stets so unehrlich und gespielt. Für ihn war sie eine Kreissäge, die ihm schwer auf die Nerven ging.
Poppi genoß die Fahrt. Von den meisten Bäumen war das Laub bereits abgefallen, aber da und dort leuchteten noch rote und gelbe Flecken in den Wäldern. Der Rhein und das Tal, durch das er hier floß, waren wirklich märchenhaft und verführten zum Träumen.
Axel hingegen dachte nur an Lieselotte. Wie es ihr jetzt wohl ging?
Durch eine Umleitung und einen Verkehrsstau wurde die Fahrt verzögert. Deshalb dämmerte es schon, als die Wettbewerbs-Teilnehmer, die Vertreter der Veranstalter-Firmen, Fräulein Hegemann und auch die Sekretärin mit der spitzen, gebogenen Nase das Boot betraten, das auf sie in der Anlegestelle wartete. „Auf den Spaziergang am Rheinufer müssen wir leider verzichten. Es ist schon zu spät!“ rief die Erzieherin den Kindern zu. Die Enttäuschung darüber hielt sich in Grenzen.
Wütend über diese Verzögerung war allerdings jemand anderer. Ein Stück flußaufwärts lag ein schwarzes Schiff in einer kleinen Bucht vertäut. Durch die Form der Bucht und durch viele alte Bäume war es hier vor neugierigen Blicken geschützt und fiel nicht weiter auf.
Dabei handelte es sich um ein überaus seltsames Boot, das bestimmt das Interesse vieler Leute sofort auf sich gezogen hätte. An Bord tummelten sich nämlich mehrere Skelette und ein Kapitän aus Fleisch und Blut. Er trug schwarzes Ölzeug, und sein Gesicht wurde von einem mächtigen Bartgestrüpp verdeckt, das bei genauerem Hinsehen zweifellos unecht und aufgeklebt war.
Immer wieder blickte der Kapitän auf die Uhr und murmelte: „Wo bleiben sie denn? Sie hat gesagt, um spätestens drei müßten sie hier eintreffen. Ob es ihr nicht gelungen ist, die Kinder herzulocken?“ Der Kapitän fühlte sich äußerst unwohl. Er hatte nicht die geringste Lust, fünf Kinder zu entführen. Doch die rauhe Plombe in seinem Mund erinnerte ihn daran, daß er keine andere Möglichkeit hatte. Dr. Franka hatte ihm aufgetragen, hier zu warten und von Zeit zu Zeit leise Hilfe-Rufe über den Lautsprecher auszusenden. Sie war der Meinung, daß die Kinder daraufhin das Boot besteigen würden.
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