Die Knickerbocker Bande 24 - Der weisse Gorilla
nicht aus den Augen. Jetzt lenkte der Kerl im Käfig den Lichtstrahl seiner Taschenlampe auf seinen Kopf. Lilo wollte vor Freude fast einen Luftsprung machen. Sie erkannte das grauschwarz-weiße, lange Haar von Sebastian Fernandez. Es war also tatsächlich der Mann, den sie warnen wollten. „Kommt!“ sagte sie halblaut zu ihren Kumpels. „Wir haben ihn gefunden. Er ist da!“ Sie lief zur Käfigtür, betrat den Urwald und sagte: „Senor Fernandez, psssst, wir sind es!“
Der Schloßbesitzer erschrak so sehr, als hätte ihm das Mädchen eine glühende Nadel in den Rücken gestoßen. Er wirbelte herum und starrte Lilo an. In seiner Hand blitzte ein langes, blankes Messer.
Das Superhirn wich zurück und betrachtete das Gesicht des Mannes genauer. Es war faltig und verzogen. Die Gummimaske! Der Killer!
„Zurück! Raus!“ schrie Lieselotte. Der Killer hatte zweifellos ein Gewand von Sebastian Fernandez angezogen und sich das künstliche Gesicht übergestülpt, um an den Gorilla heranzukommen. Er machte zuerst einen Schritt auf die KnickerbockerKumpels zu, besann sich dann aber wieder auf den eigentlichen Grund seines Besuches im Gorillakäfig. Der Mann holte mit dem Messer weit aus. Er wollte sich auf Jose stürzen und ihn erstechen. Und der Gorilla unternahm nichts, weil er den Mann für seinen Ersatzvater hielt. Lilo brüllte hoch und schrill und trat mit den Füßen gegen das Käfiggitter. Diese Aktion verfehlte ihre Wirkung nicht.
Der Gorilla stieß ebenfalls einen langen Schrei aus und flüchtete. Der Mann mit der Gummimaske hechtete ihm nach, landete aber auf dem Boden. Da Gorillas hauptsächlich auf dem Boden leben, konnte sich Jose nicht auf einen der Bäume retten.
Der Killer war nämlich bereits wieder auf den Beinen und nahm die Verfolgung abermals auf. Lieselotte hörte nicht auf, gegen das
Gitter zu schlagen, um das Tier so wild und aufgeregt wie möglich zu machen. Hatte nicht sein Besitzer selbst große Angst vor dem Menschenaffen gehabt? Jose hatte ihn sogar angegriffen, weil er durch den nächtlichen Besuch auf dem Dach seines Käfigs noch verstört und gereizt war.
Mit großen Schritten versuchte sich der eiskalte Kerl durch den künstlichen Dschungel durchzukämpfen. Durch sein weißes Fell konnte sich Jose nicht verstecken. Der Mann entdeckte ihn überall. Jose schrie, blieb aber stur hocken. „Renn, du blödes Vieh!“ tobte Lieselotte. „Der will dich umbringen! Renn!“ Der Gorilla blieb weiter sitzen und trommelte sich mit den Pfoten auf die Brust. Der Mann mit dem Messer hatte ihn bald erreicht. Wieder hob er die Waffe, um dem Gorilla den tödlichen Stich zu versetzen.
Doch er kam nicht dazu. Das Tier schoß wie eine lebendige Kanonenkugel nach vorn und donnerte mit seinem runden Kopf genau in den Bauch des Mannes. Dieser schaffte es gerade noch, ein gequetschtes Stöhnen auszustoßen, bevor er zusammensackte. Jose rannte über ihn hinweg und flüchtete zur anderen Käfigseite.
Lieselotte leuchtete in das Gehege und entdeckte das Messer. Sie rannte hin, hob es auf und nahm es mit. Als sie damit aus dem Käfig hetzte, prallte sie gegen jemand. „Poppi! Was machst du da?“ zischte Lilo. „Ich... ich bin euch nachgekommen... weil Klara nicht gehen konnte. Allein habe ich mich aber nicht getraut, aus dem Park zu laufen, und deshalb bin ich euch nach, um euch das zu sagen. Es war so schaurig... Klara liegt unter einem Baum...“, stammelte das Mädchen. „Was ist mit Jose?“
„Der Gorilla ist unverletzt, nur ein bißchen aufgeregt. Aber der Killer ist bei ihm. Jose hat ihn k. o. geschlagen, aber ich weiß nicht, wie lange das anhält!“ Poppi schob das Superhirn zur Seite und lief in das Gehege. „Nein, nicht!“ rief ihr Lilo nach. Aber das Mädchen hörte nicht. Es ging um das Leben des liebsten Tieres, das Poppi je gesehen hatte. Jose war wie ein Kind.
Er hockte in einer Ecke des Geheges und schnaubte aufgeregt. Poppi leuchtete nach links und sah den Mann auf dem Boden liegen. Er war zusammengekrümmt und hatte beide Hände auf den Bauch gepreßt.
Mit langsamen Schritten ging das Mädchen auf den weißen Gorilla zu. Es redete sanft auf ihn ein und streckte eine Hand aus. Jose musterte sie mit kleinen, wachsamen Augen. Poppi ließ sich auf den Boden sinken und krabbelte auf allen vieren zu dem Tier. Mit angehaltenem Atem verfolgten ihre Kumpels von der Tür aus die Aktion. Axel ließ den Ganoven nicht aus den Augen. Falls er aufstehen sollte, mußten sie etwas
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