Die Knickerbocker Bande 25 - Der grüne Glöckner
nur angelehnt und bewegte sich offenbar durch einen Luftzug leicht. Eigentlich wollte Lieselotte zu ihrem Kumpel, aber irgend etwas störte sie an dieser Tür. Das Superhirn öffnete sie zögernd und ließ das Licht in den Raum dahinter fallen. Nur etwa zwei Meter dahinter befand sich bereits eine zweite Tür. Sie war aus blankem Stahl und besaß drei große Verschlußräder. Zweifellos handelte es sich um eine Tresortür, wie sie das Mädchen bisher nur in Banken gesehen hatte. Es wollte Monsieur Lupin später fragen, wozu er einen Tresorraum benötigte. Vorher gab es Wichtigeres.
Axel lag bereits auf einem Sofa im Wohnraum und kam langsam wieder zu sich. „Ich muß wie eine Landkarte aussehen... so viele blaue Flecken“, flüsterte er schwach. „Junge, was ist geschehen?“ wollte der Schloßbesitzer wissen.
„Es war ein Mann... mit einem Buckel... und modrigen Klamotten! Er saß im Lehnstuhl und hat eine Zigarre geraucht!“ berichtete Axel. Es kostete ihn viel Mühe, von den schrecklichen Erlebnissen zu erzählen.
Lilo trat zu dem Lehnstuhl und marschierte einmal rundherum. Schließlich bückte sie sich und hob etwas auf. Es war ein Zigarrenstummel, dessen Mundstück völlig zerkaut und zerbissen war. In die braune Papierhülle war ein Goldfaden eingewirkt. Das Mädchen ließ den Stummel in ihrer Jackentasche verschwinden.
„Nach deiner Schilderung hat es sich bei diesem Mann um ein Wesen gehandelt, das große Ähnlichkeit mit dem berühmten Glöckner von Notre Dame besitzt!“ meinte Dominik nach Axels Bericht. „Wer war denn das?“ erkundigte sich Poppi. „Eine jämmerliche, verkrüppelte Kreatur, die in der Pariser Kirche
Notre Dame gelebt hat. Allerdings handelt es sich um eine erfundene Gestalt aus einem Roman. Ich habe ihn gelesen“, fügte Dominik stolz hinzu.
Axel war noch immer davon überzeugt, es mit einem echten Geist zu tun gehabt zu haben. „Er war plötzlich doppelt... oben im zweiten Stock... vor mir und hinter mir!“ erzählte er.
Dafür wußte das Superhirn eine Erklärung. „Der Glöckner stand hinter dir. Du hast sein Spiegelbild gesehen!“
Axel brachte nur ein müdes: „Aha!“ heraus. „Aber er war immer lautlos unterwegs... ich habe ihn nie gehört. Dabei war er so unförmig und schaurig... mit dem Buckel und dem schiefen Auge!“
Monsieur Lupin quälte nur eine Frage: „Wie ist er in das Schloß gelangt? Zweifellos solltest nicht du sein Opfer werden, sondern ich! Er hat auf mich gewartet. Axel, konnte er auch durch den Rauchfang geklettert sein?“
Der Junge überlegte kurz und antwortete dann: „Nein, unmöglich! Zu stämmig!“
Der Franzose schien sehr aufgebracht und vor allem ängstlich: „Aber... aber es gibt keinen anderen Weg in dieses Schloß. Nicht einmal eine Maus würde es schaffen, hier einzudringen. Es ist alles gesichert und vergittert. Wieso hat dieser Grüne Glöckner die Alarmanlage nicht ausgelöst?“
Lieselotte beobachtete den verzweifelten Mann. Monsieur Lupin war ungefähr sechzig Jahre alt, hatte silbergraues Haar, ein längliches Gesicht und war eine überaus elegante Erscheinung. In seinen Anzügen gab es keine einzige Knitterfalte, auf seinen Hemden nicht den kleinsten Fleck. Seine Krawatten waren topmodern und nur aus Seide. Egal ob zu Hause oder unterwegs - der Mann trug immer Handschuhe. Mal weiße, mal schwarze, dann wieder hautfarbene, die kaum auffielen. Besonders ulkig fanden die Knickerbocker-Freunde sein Monokel. Diese „halbe Brille“ war zwar längst aus der Mode, doch Monsieur Lupin trug es an einer dünnen Goldkette um den Hals. Wollte er Dinge aus der Nähe sehen, klemmte er das Monokel vor sein linkes Auge.
Mit einem Knall fiel die Eingangstür ins Schloß. Der Franzose sprang erschrocken auf und stürzte in die Halle. Die Bande - mit Ausnahme von Axel - folgte ihm. Monsieur Lupin öffnete die Tür und trat in die Nacht hinaus. Am Ende der Brücke, dort, wo sein Wagen parkte, lief jemand. Am Buckel erkannten die JuniorDetektive sofort, um wen es sich handelte: Es war der Grüne Glöckner, der auf eine günstige Fluchtmöglichkeit gewartet hatte.
Lilo wußte nur, daß er sich bis jetzt im Schloß aufgehalten hatte. Aber wie war er hereingekommen? Konnte er durch meterdicke Wände gehen? Und was wollte er? Wieso war er überhaupt gekommen? Das Superhirn witterte einen neuen Fall für die Knickerbocker-Bande.
Eingeschlossen
Am nächsten Morgen wurde Lieselotte schon sehr bald wach. Auf ihrer Armbanduhr war es
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