Die Knickerbocker Bande 41 - Die Hand aus der Tiefe
spielte.
Lieselotte wartete nicht mehr länger. Wenn ihr Kumpel in Not geraten war, kam wahrscheinlich ohnehin schon jede Hilfe zu spät. Das Superhirn der Bande riß sich das Gewand vom Leib. Lilo trug einen Badeanzug. Sie rannte mit riesigen Schritten ins Wasser und kraulte im Rekordtempo los.
Rechts hörte sie ein Geräusch: ein regelmäßiges Schlagen ins Wasser.
Sie drehte den Kopf und nahm die Umrisse eines Bootes wahr. Es saß jemand am Ruder, der ihr den Rücken zugekehrt hatte und Lieselotte nicht sah.
„Hilfe... Hilfe!“ schrie das Mädchen.
Die Gestalt sprang auf und stolperte zum Bug. Sie kniete sich hin und starrte auf das Wasser hinaus.
Es war ein Mann. Sein Kopf war ungewöhnlich klein. Er trug eine gestrickte Wollmütze mit aufgerolltem Rand.
Er redete dänisch, und als Lilo ihm auf deutsch antwortete, begann er ebenfalls deutsch zu sprechen.
„Mein Freund ist in Lebensgefahr... die Hand... untergegangen!“ stieß Lieselotte hervor.
Irgendwo, aber nicht weit von ihnen entfernt, ertönte ein gurgelndes Keuchen. Jemand rang nach Luft, atmete pfeifend, hustete, röchelte.
Der Mann im Boot suchte hastig nach etwas. Endlich hatte er eine Taschenlampe gefunden und leuchtete damit die Wasseroberfläche ab.
„Axel!“ rief Lilo. Ihr Freund trieb ungefähr dreißig Meter vor ihr im Meer. Er hatte den Kopf weit nach hinten gebogen und blickte in den Himmel.
Lilo kraulte zu ihm und packte ihn von hinten im Rettungsgriff. Sie hielt sein Kinn über Wasser und schwamm auf das Ruderboot zu.
Der Mann beugte sich über den Rand. Gemeinsam versuchten sie, Axel in das Boot zu hieven, aber es klappte nicht. Das Boot schaukelte sehr.
Axels Körper fühlte sich wie ein Eisblock an. Seine Arme und Beine waren steif wie die Glieder einer Puppe.
Nach drei Anläufen hatten es Lilo und der Mann beinahe geschafft: Axel lag halb im Boot.
Als das Mädchen sich von unten gegen seine Beine stemmte und sie nach oben zu schieben probierte, wurde es ebenfalls von der Hand angegriffen.
Durch den Stoff des Badeanzuges wurde die Kälte ein wenig gedämpft, aber Lieselotte konnte die Hand genau spüren. Sie strich ihr über die Hüfte und das Kreuz. Das Mädchen schrie auf, umklammerte Axels Beine, um sich daran aus dem Wasser zu ziehen, und riß dabei sowohl ihren Kumpel als auch den Mann ins Meer.
Jörgen
„Hilfe! Sie hat mich berührt! Hilfe!“ keuchte Lieselotte in Panik.
Der Mann reagierte nicht darauf. Stumm ergriff er Axel mit der rechten Hand; mit der linken hielt er die Leine seines Bootes.
Auf dem Rücken schwamm er in Richtung Strand.
Lieselotte folgte ihm, so gut es ging, und hatte alle Mühe, nicht die Nerven zu verlieren.
Nach bangen Momenten erreichten sie das seichtere Wasser. Lilo spürte Boden unter den Füßen und richtete sich auf.
Doch sie glitt auf dem glitschigen Schleim aus und stürzte. Über ihrem Kopf schlug das Meer zusammen und nahm ihr den Atem. Sie rappelte sich aber sofort wieder auf und kroch auf allen vieren an Land.
Axel lag auf dem Strand. Die Laute, die er von sich gab, klangen besorgniserregend. Poppi und Dominik knieten sich nieder und rüttelten ihn an der Schulter.
Axels Retter preßte sein Ohr gegen die Brust des Jungen und stellte fest: „Er hat einen ziemlichen Schock erlitten. Er braucht jetzt Wärme. Ich wohne nicht weit von hier. Wir bringen ihn am besten zu mir!“
Bevor die Knickerbocker noch etwas sagen konnten, hatte er Axel schon hochgehoben. Er ging voran, und die drei Freunde tappten ihm nach. Das Schlußlicht bildete Inga. Ihr bösartiges Grinsen war verschwunden. Sie ließ den Kopf hängen und machte sich schwere Vorwürfe.
Das Haus des Mannes war hellblau und hatte weiß gestrichene Fensterrahmen, Türen und Dachrinnen. Es lag hinter einer Gruppe von Felsen versteckt.
Noch immer atmete Axel röchelnd und stoßweise.
Der Mann führte die Knickerbocker und Inga in die Wohnküche, warf Lilo Jeans und einen Pulli zum Anziehen zu und brachte
Axel ins Badezimmer. Er ließ die Wanne mit heißem Wasser vollaufen und setzte ihn vorsichtig hinein.
Das warme Bad wirkte wie ein Zauberspruch. Axels starres Gesicht begann sich zu entspannen, und sein Atem wurde ruhiger. Er schloß die Augen und schlummerte fast ein.
Nach einer Viertelstunde holte ihn der Mann aus dem Wasser und wickelte ihn in einen flauschigen Bademantel.
„Geht es dir schon besser?“ erkundigte er sich.
Axel nickte langsam.
In der Küche stellte der Bootsbesitzer einen Topf
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