Die Knickerbockerbande 03 - Lindwurmspuk um Mitternacht
dich hier keiner. Das Haus ist unbewohnt.“ Er wandte sich dem kleinen Burschen zu, der still daneben stand.
„Los, feßle sie. Aber ordentlich! Vergiß den Knebel nicht. Sie dürfen frühestens in drei Tagen entdeckt werden. Dann bin ich längst über alle Berge.“
„Und was ist mit mir, Bulli? He?“ Die Stimme des Burschen zitterte.
„Das überlege ich mir noch.“ Bulli warf seinem Komplizen eine Rolle Draht zu.
Irgendwie mußte Axel an den Traum denken, den er in der ersten Nacht gehabt hatte. Jetzt war er Wirklichkeit geworden.
„Laß mich los!“ Lilo schlug wild um sich, trat nach dem Kleinen und biß ihn in die Hand. Wimmernd zuckte der zurück. Aber es nützte gar nichts. Bulli kam seinem Kumpel zu Hilfe und umklammerte Lilos Hände wie ein Schraubstock. Der andere mußte nur noch den Draht herumwickeln.
Wie zwei Postpakete lagen Axel und Lilo kurze Zeit später auf der Bank. Es war zum Verzweifeln.
„Und jetzt, Bulli? Und jetzt?“ bohrte der Kleine.
„Jetzt...“ Bulli sah den beiden höhnisch in die Augen. „Jetzt gehen wir und sperren gut zu. Vielleicht werden unsere Freunde gefunden. Vielleicht müssen sie aber auch verhungern! Adios Amigos!“
Die Tür fiel krachend ins Schloß. Axel und Lilo hörten, wie der Schlüssel zweimal umgedreht wurde. Dann herrschte Stille.
Die beiden Kinder zogen und zerrten an den Fesseln. Dadurch schnitt sich der Draht aber nur tiefer in die Haut. Das tat höllisch weh. Deshalb ließen sie es bald bleiben. Axel warf Lieselotte einen verzweifelten, flehenden Blick zu. Sprechen konnten die beiden nicht miteinander. Ihre Gesichter waren nämlich mit einem breiten Streifen Klebeband umwickelt.
Was nun?
Gefangen!
Durch einen kaputten Fensterladen fiel ein dünner Streifen Sonnenlicht in das düstere Zimmer. Er wanderte von der Tür zum Sofa, auf dem Axel und Lilo lagen. Daran konnten sie erkennen, wie die Zeit verging.
„Jetzt liegen wir schon mindestens drei Stunden hier herinnen“, dachte Axel verzweifelt. „Warum kommt denn niemand?“
Auch Lilo grübelte verzagt vor sich hin. Wieso hatte sie aus der Adresse von diesem Klaus Karmel nur so ein Geheimnis gemacht? Sie wollte wieder ein bißchen wichtiger erscheinen. Das hatte sie nun davon. Hätte sie die Hausnummer doch auch den anderen verraten. Dominik und Poppi...
Axel wälzte sich auf die andere Seite und konnte so einen Blick auf Lieselottes Uhr werfen. Es war erst kurz nach vier Uhr. Das bedeutete, daß noch nicht einmal eine Stunde vergangen war. Dem Jungen war es wie eine Ewigkeit vorgekommen. Verzweifelt rollte er sich auf dem Sofa hin und her und ließ sich auf den Boden fallen. Die Drähte, mit denen er gefesselt war, ließen keine schnelle Bewegung zu. Vorsichtig robbte er Zentimeter für Zentimeter in Richtung Tür.
Als er sie erreicht hatte, versuchte er, das Klebeband von seinem Mund zu streifen. Immer wieder rieb er mit der Schulter darüber und schnitt Grimassen, um es zu lockern.
Alle seine Anstrengungen blieben aber erfolglos. Erschöpft und entmutigt ließ er sich nach hinten sinken und starrte auf die Zimmerdecke, durch die sich ein fingerdicker Riß zog. Das Haus würde bestimmt bald abgerissen werden.
„Spätestens dann wird uns jemand finden“, schoß es ihm durch den Kopf. „Auch wenn wir bis dahin längst verschimmelt sind.“
In der Ferne heulte eine Sirene. War das nicht eine Polizeisirene?
Das Tuten kam näher. Lieselotte und Axel horchten auf. Gespannt lauschten sie, ob der Polizeiwagen vor dem Haus halten würde.
Die Sirene wurde lauter und lauter. Die Kinder atmeten bereits erleichtert auf, als das Heulen plötzlich abbrach. Es herrschte wieder Stille. Absolute Stille.
Die Enttäuschung war Axel und Lieselotte ins Gesicht geschrieben. Der Polizeiwagen war weitergefahren.
Doch dann hörten sie Schritte im Hof. Eine Tür wurde geöffnet.
„Das ist der Abgang zum Keller“, sagte eine Stimme.
„Hallo! Ist da wer?“ rief eine andere. Da keine Antwort kam, wurde die Tür wieder geschlossen.
„Wenn du mich fragst, haben die beiden Kinder zu viele Krimis gelesen.“
„Das glaube ich nicht“, antwortete die zweite Stimme. „Die beiden wirken nicht so. Da ist schon etwas dahinter.“
„Unsinn, das Haus steht leer. Hier ist niemand. Komm, wir gehen wieder!“
Nein, nur das nicht! Axel nahm alle Kraft zusammen und wälzte sich auf den Bauch. Er kniete sich auf, und da er überaus wendig war, gelang es ihm, sogar trotz der Fessel aufzustehen. Mit
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