Die Koenigin der Rebellen
das irgendwie lebendig aussah. »Aber du hast natürlich völlig recht«, fuhr Stone nach einer Weile an Gurk gewandt fort. »Es wäre ziemlich dumm, euch zu töten, nachdem ich mir solche Mühe gegeben habe, euch lebend zu bekommen.« Er wandte sich mit einer herrischen Geste an die Krieger. »Steckt die Waffen weg. Unsere Gäste werden kaum so dumm sein, sich mit bloßen Händen wehren zu wollen.« Charity hatte Mühe, ihre Gefühle im Zaum zu halten. Was sie Stone gegenüber empfand, war abgrundtiefer Haß. Und doch wußte sie, daß er nicht der wahre Schuldige war. Irgend etwas war in jenen drei Jahren mit ihm geschehen, die er vor ihr aus dem Schlaftrank gestiegen war. »Sie sind nicht sehr gesprächig, wie?« fragte Stone. Er seufzte. »Aber das wird sich ändern. Und wir haben viel Zeit, uns zu unterhalten.« Eine Sekunde lang wartete er vergeblich auf eine Antwort, dann wandte er sich um und maß Skudder mit einem langen, sehr nachdenklichen Blick. »Wir übrigens auch, mein Freund. Und ich weiß auch schon ein paar Themen, über die wir reden könnten.« »Ach?« sagte Skudder. »Und welche?« »Loyalität«, schlug Daniel vor. »Oder die Strafe für einen gebrochenen Vertrag.« »Was ist mit meinem Kind?« mischte sich Lydia ein. Daniel drehte sich zu ihr herum und sah sie stirnrunzelnd an, fast als verstünde er den Sinn ihrer Frage nicht. »Ich habe sie gebracht«, fuhr Lydia fort. Ihre Stimme schwankte. »Ich habe getan, was Sie verlangt haben. Jetzt geben Sie mir mein Kind zurück.« »Dein Kind?« Charity sah überrascht auf. Und plötzlich begriff sie. Voller Zorn starrte sie Stone an. »Sie haben ihr Kind entführt, um sie zu erpressen?« »Nicht entführt«, berichtigte Daniel sie. »Es wurde erwählt. Ihre Freundin war so dumm, es zu nehmen und damit fliehen zu wollen. Sie ist nicht besonders weit gekommen. Aber ihr Mut hat mir imponiert. Und da wir ohnehin ein kleines Problem mit den Rebellen hatten . . .« »Ich mußte es tun, Charity«, sagte Lydia. Ihre Selbst-beherrschung zerbrach endgültig. Sie begann zu schluchzen. »Sie haben mich gefaßt, als ich die Stadt verlassen wollte. Er ... er hat gesagt, daß er mir das Leben schenkt, und mir meinen Sohn zurückgibt, wenn ich ihm helfe, das Rebellenversteck zu finden.« »Und darauf bist du hereingefallen?« fragte Skudder zornig. »Verdammt, das kannte er doch längst! Spätestens, als wir Feargal erledigt haben, hättest du wissen müssen, was wirklich vorgeht! Er hat nur mit dir gespielt!« »Sie tun mir Unrecht, Skudder«, sagte Daniel. Seltsamerweise hatte Charity bei diesen Worten das Gefühl, daß sie durchaus ehrlich gemeint waren. »Wir haben ein paar Verbindungsleute, das ist richtig. Aber die Rebellen sind mißtrauisch. Die wenigsten verraten irgendeinem Außenstehenden ihr Versteck.« Er machte eine abgehackte Handbewegung, um das Thema damit für erledigt zu erklären, und wandte sich an einen der Insektenkrieger. »Führe sie zu ihrem Kind«, sagte er. »Und dann bringt sie zurück in die Stadt.« Er lächelte in Charitys Richtung. »Sie sehen, ich halte mein Wort. Auch meinen Feinden gegenüber.« »Beeindruckend«, antwortete Charity. »Vielleicht habe ich mich wirklich in Ihnen getäuscht.« Daniel lachte kurz auf, aber dann wurde er sofort wieder ernst. »Genug jetzt«, sagte er bestimmt. »Ich muß noch ein paar Kleinigkeiten erledigen, danach habe ich Zeit genug, mich mit Ihnen zu unterhalten?« »Über die Art meiner Hinrichtung?« erkundigte sich Charity.
Stones Lächeln gefror. »Bringt sie weg!« befahl er.
Kapitel 13
Diesmal dauerte das Erwachen länger; und es war noch qualvoller als zuvor. Kyle erinnerte sich kaum noch, wie er hierher gekommen war — er war gelaufen, gesprungen, geklettert, und dann hatte ihn die Faust eines Riesen getroffen. Alles, was danach geschehen war, war zu einem wirren Durcheinander sinnloser Bilder und Geräusche verschmolzen: Er erinnerte sich an eine Welt, auf der er nie gewesen war, ein Planet, der sich unter einem giftgrünen Himmel duckte, eine Welt voller Stürme und Orkane, verbranntem Boden und wucherndem Dschungel, auf dem jeder Schritt den Tod bringen konnte, und nur der Stärkste eine Chance hatte. Dann wieder lange, klinisch saubere Korridore voller blitzender Geräte und summender Maschinen, ein ausdrucksloses Gesicht aus Chrom, Hände aus Stahl, die nicht streichelten, sondern nur festhielten und die er bald zu hassen begann; so sehr, daß er sie am
Weitere Kostenlose Bücher