Die Königin der Weißen Rose
und die historischen Zeugnisse sind stellenweise recht spärlich. Zudem befand sich England damals über viele Jahre im Kriegszustand. Zahlreiche Entscheidungen wurden an Ort und Stelle getroffen, ohne dass sie dokumentiert wurden. Einige der wichtigsten Entscheidungen resultierten aus (undokumentierten) Verschwörungen, und oft musste ich aus den überlieferten Zeugnissen Rückschlüsse auf die Motive ziehen oder sogar auf das, was passiert ist. So gibt es beispielsweise keine verlässlichen Zeugnisse für die sogenannte Buckingham-Verschwörung, doch wir wissen, dass Lady Margaret Stanley, ihr Sohn Henry Tudor, Elizabeth Woodville und der Duke of Buckingham die wichtigsten Köpfe des Aufstands gegen König Richard waren. Sie hatten sehr unterschiedliche Gründe dafür, ein solches Risiko einzugehen. Überliefert sind einige Hinweise auf die Mittelsmänner und Vorstellungen von deren Plänen, doch ihr exaktes Vorgehen und ihre Befehlsstrukturen waren damals geheim und sind es bis heute. Ich habe mich mit den archivierten Materialien und den Folgen der Verschwörungauseinandergesetzt, und ich deute hier an, wie sie sich abgespielt haben könnte. Es hat mir große Freude bereitet, mir das übernatürliche Element des historischen Sturms auszumalen, das natürlich auf reiner Fiktion beruht.
Auch darüber, was den Prinzen im Tower tatsächlich zugestoßen ist, gibt es zwar Hunderte von Theorien, aber keine gesicherten Erkenntnisse. Ich vermute, dass Elizabeth Woodville für ihren zweiten Sohn, Prinz Richard, einen sicheren Zufluchtsort fand, nachdem man ihr den ersten Sohn, Prinz Edward, entrissen hatte. Ich bezweifle aufrichtig, dass sie ihren zweiten Sohn in die Hände des Mannes gegeben hat, den sie in Verdacht hatte, den ersten eingesperrt zu haben. Auch seriöse Historiker vertreten die provokante These, Prinz Richard könnte überlebt haben. Das führte mich zu der Spekulation, Elizabeth habe ihn womöglich gar nicht in den Tower geschickt, sondern ihnen an seiner Stelle einen fremden Jungen untergeschoben. Doch ich muss die Leser warnen, dass ich dafür keinerlei Beweise habe.
Auch gibt es keine gesicherten Beweise dafür, wie die Jungen zu Tode gekommen sind, falls sie getötet wurden, oder wer den Befehl dazu gab. Und natürlich hat man keine Leichen gefunden, die eindeutig als die der Prinzen identifiziert werden konnten. Ich deute hier an, dass es wahrscheinlich nicht König Richard war, der die Jungen töten ließ, denn er hatte wenig dadurch zu gewinnen und viel zu verlieren. Und ich glaube nicht, dass Elizabeth Woodville ihre Töchter in seine Obhut gegeben hätte, wenn sie davon ausgegangen wäre, dass er ihren Sohn auf dem Gewissen hätte. Es scheint auch, als habe sie ihren Sohn Thomas Grey vom Hofe Henry Tudors abberufen – vielleicht ein Hinweis darauf, dass sie von Tudor und seinemAnspruch auf den Thron desillusioniert war und sich mit Richard verbündete. All dies bleibt ein Geheimnis, und so füge ich den vielen Vermutungen der Historiker, von denen Sie einige in den Büchern der Literaturliste finden können, noch meine hinzu.
Zu großem Dank verpflichtet bin ich Professor David Baldwin, dem Autor von
Elizabeth Woodville: Mother of the Princes in the Tower
, für sein klares und einfühlendes Porträt der Königin sowie für seine Ratschläge zu diesem Roman. Ich danke auch den vielen Historikern – Wissenschaftlern wie Laien –, deren Studien auf ihrer Begeisterung für dieses Zeitalter gründen, die ich jetzt von Herzen teile – und Sie hoffentlich auch.
Auf meiner Website www.philippagregory.com finden Sie mehr Informationen zu der Zeit, zu diesem Buch sowie über Seminare zu diesem Buch auf meinen Vortragsreisen in Großbritannien, den USA, weltweit und bei regelmäßigen Internetübertragungen.
LITERATUR
Baldwin, David.
Elizabeth Woodville: Mother of the Princes in the Tower.
Stroud, Gloucestershire: Sutton Publishing, 2002.
Baldwin, David.
The Lost Prince: The Survival of Richard of York.
Stroud, Gloucestershire: Sutton Publishing, 2007.
Castor, Helen.
Blood & Roses: The Paston Family in the Fifteenth Century.
London: Faber and Faber, 2004.
Cheetham, Anthony.
The Life and Times of Richard III.
London: Weidenfeld & Nicolson, 1972.
Chrimes, Stanley Bertram.
Lancastrians, Yorkists, and Henry VII.
London: Macmillan, 1964.
Chrimes, Stanley Bertram .
Henry VII.
London: Eyre Methuen, 1972.
Cooper, Charles Henry.
Memoir of Margaret: Countess of Richmond and
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