Die Königin von Theben
Bart, der sein Gesicht verschattete, saß in einem Papyrusnachen und briet eine Biberratte.
»Jetzt schaut euch den an«, sagte der Schnauzbart.
»Das ist ein Sumpfgeist, vor denen muss man sich in Acht nehmen … Lasst uns abhauen!«, sagte einer der Bauern ängstlich.
»Sein Feuerchen könnte uns gute Dienste leisten«, riet der Pausbäckige. »Gegen uns alle zusammen ist er machtlos.«
Die Bauern kamen der Insel immer näher.
Der Mann stand auf und sah den Ankömmlingen entgegen.
»Wir sollten uns aus dem Staub machen, das sage ich euch … Das ist kein Mensch!«
Der ängstliche Bauer blieb stehen und deutete auf die Schleuder, die der Fremde drohend schwang. Als der Bauer sich voller Panik umdrehte und Fersengeld gab, wurde die Waffe mit unglaublicher Geschwindigkeit durch die Luft gewirbelt, ein Stein flog heraus und traf den Flüchtenden im Nacken.
Der Verletzte brach im graublauen Wasser zusammen. Wenn der Schnauzbart ihn nicht an den Haaren gepackt und hochgerissen hätte, wäre er ertrunken.
»Kommt nur her, Freunde … Ihr habt nichts zu befürchten.«
Halbtot vor Angst, konnten die Bauern kaum glauben, was sie hörten.
Der Pausbäckige gehorchte schließlich, und die anderen folgten ihm zögernd.
»Vergesst eure Ochsen nicht«, empfahl ihnen ihr Gastgeber mit einem ironischen Lächeln.
Einer der Vierbeiner ließ ein müdes Muhen hören und weigerte sich weiterzugehen. Erst nach ein paar Stockschlägen auf den Rücken änderte er seine Meinung.
Einer nach dem anderen kletterten die Bauern die kleine Anhöhe hinauf. Die Tiere schüttelten sich und begannen zu grasen.
»Wer ist euer Anführer?«, fragte der Mann mit dem schwarzen Vollbart.
»Er!«, antwortete der jüngere Bauer und zeigte auf den Schnauzbart. »Und wer bist du, wenn ich fragen darf?«
»Nennt mich den Afghanen.«
Die Bauern warfen einander fragende Blicke zu. Keiner von ihnen wusste mit diesem Wort etwas anzufangen.
»Was ist das, ein Afghane?«
Der Fremde wühlte in der Tasche seiner braunen Tunika und förderte einen blauen Stein zutage, der offenbar Einschlüsse von Gold enthielt.
Ein Wunder!
»Das ist ein Vermögen wert, bestimmt!«, sagte der Pausbäckige völlig verblüfft. »Vielleicht … Lapislazuli!«
»Es gibt keinen schöneren Stein«, bestätigte der Afghane. »Wo hast du so etwas schon einmal gesehen?«
»Mein Cousin war Priester des Gottes Ptah … Als er starb, haben ihm seine Kollegen einen Herzskarabäus aus Lapislazuli geopfert, und ich bekam die Erlaubnis, ihn zu bewundern, bevor er der Mumie mitgegeben wurde. Er war unvergesslich, das versichere ich dir.«
»Der Lapislazuli kommt aus meinem Land, aus Afghanistan. Als über Ägypten noch ein Pharao herrschte, haben ihm meine Landsleute viele dieser Steine geliefert, und er gab ihnen Gold dafür. Nur die Tempel waren befugt, den blauen Stein zu bearbeiten. Heute ist alles ganz anders … Die Hyksos kümmern sich nicht um Rituale und nicht um Symbole, sie sind nicht mehr daran interessiert, Lapislazuli zu kaufen. Sie wollen ihn geschenkt haben, wie alles andere! So haben sie die Afghanen ihrer Haupteinnahmequelle beraubt.«
»Du bist also ein Feind der Hyksos?«
»Ich bin der Feind von allen, die mir meinen Besitz wegnehmen. Meiner Familie gehört die wichtigste Lagerstätte des Lapislazuli. Wir haben in einem prachtvollen Haus gewohnt, geboten über zahlreiche Diener und Dienerinnen, besaßen so viel Vieh, dass wir die genaue Zahl nicht mehr kannten … Seit der Handel mit Ägypten nicht mehr existiert, sind wir arm. Im letzten Monat ist meine Mutter gestorben, die Verzweiflung hat ihre Lebenskraft zerrüttet, und ich habe mir geschworen, mich an denen zu rächen, die für ihren Tod verantwortlich sind.«
»Damit meinst du … die Hyksos?«
»Sie haben mich ruiniert und die meinen dem Elend ausgeliefert. Ich gehöre einem Volk von Kriegern an, die solche Beleidigungen nicht hinnehmen.«
»Es wäre besser, du würdest wieder in dein Land zurückkehren«, riet der Pausbäckige. »Die Armee des Pharaos ist vernichtend geschlagen, es gibt keinen Widerstand mehr gegen die Besatzer.«
»Du vergisst Theben«, sagte der Schnauzbart.
»Theben … ist nur noch ein Traum.«
»Ist das nicht die heilige Stadt des Amun?«, wollte der Afghane wissen.
»Ja, das ist sie … Aber heute beherbergt sie nur noch eine Königin ohne Machtbefugnisse und eine Hand voll bigotter Priester. Wenigstens heißt es so …«
»Stimmt es vielleicht
Weitere Kostenlose Bücher