Die Königliche (German Edition)

Existenzberechtigung außer als Monument für die Wahrheit all dessen, was geschehen ist, und weil sie schön sind.«
    Bitterblue betrachtete die Winged Bridge, die blau und weiß wie etwas Geflügeltes dahintrieb. Die Monster Bridge, auf der der Leichnam ihrer Mutter verbrannt worden war. Die Winter Bridge, deren Spiegel, die den grauen Winterhimmel reflektierten, glitzerten.
    Sie sagte: »Ich denke, das ist eine Existenzberechtigung.«
    Wir werden bald abreisen , sagte Fire. Ist es richtig, dass du eine kleine Gruppe mit uns mitschicken willst?
    »Ja«, sagte Bitterblue. »Helda hilft mir dabei, sie zusammenzustellen. Die meisten von ihnen kenne ich nicht, Fire. Es tut mir leid, dass ich niemanden schicken kann, den ich persönlich besser kenne. Meine Freunde sind von der Situation in Estill und meiner Krise hier in Anspruch genommen, und ich fürchte, dass meine Schreiber und Wachen im Moment etwas zu schwach sind, als dass ich sie mit euch schicken könnte.« Der Effekt, den Fire auf Bitterblues Schreiber und Wachen hatte – oder eigentlich auf jeden ihrer Leute mit den leeren Augen –, war schwer zu beschreiben. Einigen brachte sie tiefen Frieden, andere brachte sie außer sich, und Bitterblue glaubte nicht, dass eins besser war als das andere. Ihre Leute brauchten Übung darin, ihr eigenes Bewusstsein zu besetzen.
    Einer möchte gerne mit uns reisen, den du, glaube ich, gut kennst , sagte Fire.
    »Ja?«
    Ein Seemann. Er möchte sich an unseren Forschungsreisen auf den östlichen Meeren beteiligen. Ich habe gehört, er ist mit deinem Gesetz in Konflikt geraten, Bitterblue?
    Ah , sagte Bitterblue und atmete in einem Anfall von Traurigkeit tief ein. Nahm die Unausweichlichkeit dieser Nachricht in sich auf. Du meinst wahrscheinlich Sapphire. Ja. Sapphire hat meine Krone gestohlen.
    Fire schwieg einen Moment und betrachtete Bitterblue, die klein und still am Fenster stand. Warum hat er deine Krone gestohlen?
    Weil er mich liebte und ich ihn verletzt habe , flüsterte Bitterblue.
    Nach einem Augenblick sagte Fire sanft: Er kann uns gerne begleiten.
    Pass auf ihn auf.
    Das tun wir natürlich.
    Er kann dir gute Träume schenken , sagte Bitterblue.
    Gute Träume? Im Schlaf?
    Ja, genau. Das ist seine Gabe. Er kann dich die wunderbarsten, tröstlichsten Dinge träumen lassen.
    Nun , sagte Fire, möglicherweise habe ich schon mein ganzes Leben lang darauf gewartet, deinen Dieb kennenzulernen.

An einem Januarmorgen am Tag vor der Abreise der Dellianer las Bitterblue Todds jüngsten Bericht über die Übersetzung der Tagebücher. Königin , las sie, ich glaube, dass dieses Tagebuch, das ich die ganze Zeit übersetzt habe, aus Lecks letztem Jahr stammt. In dem Abschnitt, den ich gerade übersetzt habe, bringt er Bellamew schließlich um, womit er ja bereits eine ganze Weile gedroht hat.
    Froggatt führte jemanden in ihr Schreibzimmer und Bitterblue blickte nicht mal auf, weil der Besucher aus den Augenwinkeln aussah wie Bo. Dann kicherte er.
    Ihr Blick zuckte hoch. »Skye!«
    »Du dachtest, ich sei Bo«, sagte Bos grauäugiger Bruder grinsend.
    Bitterblue sprang auf und ging zu ihm. »Ich freue mich so, dich zu sehen! Warum hat mir niemand gesagt, dass du angekommen bist? Wo ist dein Vater?«
    Skye umarmte sie. »Ich habe beschlossen, selbst den Boten zu spielen«, sagte er. »Du siehst prächtig aus, Bitterblue. Vater ist mit der halben Marine Lienids in Monport.«
    »O ja, stimmt«, sagte Bitterblue. »Das hab ich ganz vergessen.«
    Skye zog eine Augenbraue hoch und sein Grinsen wurde noch breiter. »Du hast vergessen, dass du meinen Vater gebeten hast, seine Marine mitzubringen?«
    »Nein, nein. Es ist nur … eine Menge passiert. Du kommst gerade rechtzeitig, um die Dellianer vor ihrer Abreise noch kennenzulernen.«
    »Die was?«
    »Die Dellianer. Sie leben in einem Königreich östlich von uns, hinter dem Gebirge.«
    »Bitterblue«, sagte Skye zögernd, »bist du bei klarem Verstand?«
    Bitterblue nahm Skye am Arm. »Komm, wir gehen Bo suchen und ich erzähle es dir.«
    Es war ein Vergnügen, Bos und Skyes Begegnung zu beobachten. Bitterblue konnte nicht erklären, warum ihr das Herz aufging, als sie sah, wie die Brüder sich umarmten und küssten, aber es gab ihr das Gefühl, als wäre die Welt nicht so hoffnungslos. Das Treffen fand in Katsas Räumen statt, wo Katsa, Bo und Giddon Ideen bezüglich Estill sammelten. Nach der angemessenen Runde aus Begrüßungen und Erklärungen legte Bo einen Arm um Skye und nahm