Die Kolonie
Killerkoch keinen einzigen mehr überleben werden. Die Brokatbüste der Gräfin Weitblick hebt und senkt sich nicht mehr, und ihre Lippen sind blau angelaufen. Selbst die ausgezupften Augenbrauen von Reverend Gottlos wachsen nicht mehr nach.
Nein, je länger sie warten können, desto weniger bleiben, unter die das Geld aufgeteilt werden muss.
Mit bimmelnden Glöckchen und roten Hennaranken auf den Händen zieht Mutter Natur Sankt Prolaps einen Schuh aus. Ihre Finger berühren nur die Lustzentren seiner Sohle, und bald ist von seinen Augen nur noch das Weiße zu sehen.
Nein, Mutter Natur und Sankt Prolaps können alles haben. Das ganze Geld, sagt sie und massiert ihn weiter. Den ganzen Ruhm. Das ganze Mitleid.
Die Augen verdreht, blind, weiß wie hart gekochte Eier ... seine Wimpern flattern, bis Sankt Prolaps den Fuß mit einem Ruck wegzieht und sagt: »Mnje eto nado kak suby w sadnize.«
Als er aufsteht, dehnen sich seine Hosenbeine und Hemdzipfel und reißen, wo sie mit Blut auf die Bühne geleimt sind. Er sagt, dass er jetzt gehen muss.
Noch nicht, sagt Mutter Natur. Ihre Stimme ein Zischen durch zusammengebissene Zähne.
Sankt Prolaps macht einen Schritt und stolpert. Seine Beine knicken ein und er landet auf Händen und Knien. Er kriecht auf die offene Tür zu und sagt: »Wie kann ich sie aufhalten?«
Und Mutter Natur streckt die Hände aus, hält ihn an den Knöcheln fest und sagt: »Warte.«
Der Betonboden, die von der Sonne beschienene Strecke zur Tür fühlt sich warm an. Die zwei kriechen weiter, schließen geblendet die Augen, ertasten die Wärme und halten Kurs, orientieren sich blind mit Händen und Knien, bis sie mit den Fingerspitzen, die sie noch haben, an den Türrahmen stoßen. Sie finden das Sonnenlicht mit der Haut ihrer Lippen und Lider.
In dem Streifen blauen Himmels über der Gasse segeln Vögel. Vögel und Wolken, die keine Spinnweben sind. In einem Blau, das weder Samt noch Farbe ist.
Sankt Prolaps streckt den Kopf zur Tür hinaus und sagt: »Ich weiß, wo es langgeht.« Er blinzelt und sagt: »Die sind noch da.« Er zeigt mit einer Hand und sagt: »Miss Rotz, warte ...«
Mutter Natur hält ihn am Hemd fest, am Hosenbund, aber er kriecht mit Schwimmbewegungen weiter und sagt: »Bitte, bleibt stehen.«
Er ist halb durch die Tür, tappt mit den Händen in die Glasscherben und den Müll der Gasse, hinaus in den schönen, von der Nachmittagssonne erwärmten Müll, und sagt: »Stehen bleiben!«
Während zwei Gestalten dem Ende der Gasse zutaumeln: das Mädchen nah, der alte Mann fast einen Block entfernt, den Arm noch erhoben, als schon ein Taxi neben ihm hält.
Und Sankt Prolaps schreit: »Miss Rotz!«
Er schreit: »Warte!«
Miss Rotz dreht sich um.
Und ... dann ... und ... Schuu-ruuk!
Das Messer, das auf dem Boden gelegen hatte, das Obstmesser, das der Killerkoch nach Mr. Whittier geworfen hatte. Mutter Natur hat es mitgenommen.
Und jetzt ragt dieses Messer aus Miss Rotz' Brust, es zittert noch mit jedem Schlag ihres Herzens, zittert aber immer weniger, als Mutter Natur und Sankt Prolaps sie wieder zur Tür hineinschleifen. Zurück ins Dunkle.
Das Messer zittert noch weniger, als sie sich vom Boden erheben und die Tür wieder zuzerren, dass die Angeln quietschen.
Der Himmel wird immer schmaler, bis Vögel und Wolken und Blau verschwunden sind.
Aus der Gasse schreit Mr. Whittier immer lauter, sie sollen aufhören.
Das Messer zittert noch weniger, als Mutter Natur sagt: »Ich hab's dir gesagt: Noch nicht.«
Und dann steht das Messer still. Die hustende, schniefende, niesende kleine Person, auf deren Tod wir seit dem Tag unserer Ankunft gewartet haben, ist endlich tot.
Die Welt haben wir nicht gerettet, aber wir haben uns unser Publikum bewahrt. Die Leute am Leben gelassen, damit sie uns im Fernsehen bewundern und später unseren Film im Kino sehen können. Unsere Zielgruppe.
Sankt Prolaps hält die Tür zu, von draußen klickt das Schloss auf. Jemand rüttelt an der Klinke. Sankt Prolaps schließt zu, und von draußen wird wieder aufgeschlossen.
Sankt Prolaps schließt zu und sagt: »Nein.« Und das Schloss klickt auf - draußen hat jemand den Schlüssel umgedreht.
Wieder im Dunkeln, wieder in der Kälte, zieht Mutter Natur die klebrige Klinge aus Miss Rotz. Steckt die Klinge ins Schloss und bricht sie ab.
Das Schloss: kaputt. Das Messer: kaputt. Die arme Miss Rotz mit ihren roten Augen und der laufenden Nase: bloß noch ein Requisit für unsere Geschichte. Ein
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