Die Konkubine des Erzbischofs
habe, die Gestirnung dafür günstig sei. Es wurde also hergerichtet, dass die hohe Herrin in das Gemach des Königs geführt wurde, um ihn vom schweren Gemüt zu heilen.
Wilhelms Gemach, das ganz und gar mit Gold ausgeschlagen und rings von kristallenen, nach Ansicht unseres abergläubischen Erzbischofs Glück bringenden Spiegeln in goldenen Rahmen gesäumt wurde, war angefüllt mit Hochgestellten, deren offensichtlicher Reichtum mich mit tiefer Ehrfurcht erfüllte. Die hohe Herrin aber gebot allen, den Raum zu verlassen, ausgenommen der Konkubine des Königs und seiner Unwürden. Sie wolle sie, wie sie sagte, zu Zeugen haben, damit später bewiesen werden könne, dass sie kein Hexenwerk vollbringe, sondern ehrlichen Herzens heile.
Die beiden Zeugen mussten sich jedoch im hinteren, vom Kerzenschein nicht erreichten Dunkel des Zimmers aufhalten und sollten schwören, dass sie nicht sprechen würden, weder untereinander noch mit dem König. Auch ermahnte die Heilerin den Erzbischof, dass er alles, was der König während der Heilung von sich gebe, geheim halten müsse wie einen Beichtinhalt. Denn, verkündete sie, es sei nämlich Gott, der den König sagen mache, was er gleich sagen werde.
Meine hohe Herrin, nun ganz versunken in ihre Aufgabe als Heilerin, ließ mich den König betten, die mit teurem Damast bezogenen Kissen in seinem Rücken jedoch so ordnen, dass sein Oberkörper viel flacher lag, als es für einen hohen Herrn üblich ist. Sich selbst setzte sie aufrecht an das Kopfende, so dass er sie nicht sehen, sie dagegen ihm ihre anmutige, weiche Hand wärmend auf die Stirn legen konnte. Entspannt lehnte sie an dem Pfosten aus dunklem Holze, der über und über mit Löwenköpfen verziert war. Die Pfosten hielten einen Himmel, der nicht nur genau die Farbe der Nacht hatte, sondern auch naturgetreu die Sterne abbildete. So kann man alles haben und doch, wenn die innere Reinheit fehlt, unglücklich sein wie ein König. Diesen kranken König bat die Heilerin Magdalena alsdann, seine Augen zu schließen und zu schweigen.
Nach einer Weile besinnlicher Ruhe sagte die Heilerin mit betörender Stimme zum König: »Gott, der Allmächtige, hat es zugelassen, dass ein Dämon von dir Besitz ergreift. Auch in ihm schauen wir Gott. Und in ihm müssen wir auch Gott verehren. Darum fragen wir uns, was der Herr mit dem Dämon beabsichtigt. Der Herr beabsichtigt, dich zu prüfen. Aber der Vater will, dass du den Dämon besiegst. Zuerst nun müssen wir den Dämon kennenlernen. Halte deine Augen geschlossen und sage mir, wie er aussieht, der Dämon in dir.« Denn dies war ihre Angewohnheit: Während einer Heilung sprach Magdalena jeden, gleich welchen Standes, als Diener an.
Und mit der Gehorsamkeit des Dieners in der zitternden Stimme, des Königs nicht würdig, antwortete Wilhelm: »Ich sehe ihn nicht, denn du befiehlst mir, die Augen geschlossen zu halten.«
»Anstatt zu schauen, versuchst du zu denken«, sagte die Heilerin, nun durchaus mit Nachdruck. »Schau in dich hinein und vergiss, was du meinst zu können oder nicht zu können.«
»Dunkel ist es. Und es dröhnt.« Die Stimme des Königs senkte sich bei dem Worte »dröhnt«, er zog den Laut in die Länge; dann aber brach seine Stimme ab.
Magdalena ließ sich nicht beirren. »Wilhelm, sage nicht es . Nicht es , sondern er . Er ist dunkel . Der Dämon. Beschreibe ihn.« Ruckartig zog sie ihre Hand von seiner blassen Stirn.
»Nein!«, schrie der Kranke. »Schnee. Kalt. Es ist wunderbar, aber kalt wie eine Glocke. Das Leben dröhnt mir im Schädel, als ob die metallene Glocke zerspringen wollte. Jetzt grinst es höhnisch.«
»Hat er einen Namen?«, fragte die Heilerin, offenbar erleichtert.
»Wie soll ich einen Namen wissen? Es hat keinen Namen, kann sich mir nicht vorstellen.« Der Ton des Kranken war jetzt der eines verurteilten Ketzers.
»Nicht es , mein König, sondern er« , berichtigte die Heilerin beharrlich. »Und ihn kannst du doch fragen. Wird er sich der Frage seines Königs widersetzen?«
»Ihr quält mich, Frau Magdalena. Warum?« Dies war das Bitten und Betteln eines mit Recht Verurteilten.
Die Heilerin legte dem Kranken nun wieder ihre Hand, die ich täglich pflegte, auf die Stirn und sprach sehr leise, aber eindringlich: »Ich bitte dich nicht um meinetwillen, sondern um deinetwillen, Wilhelm: Bitte frage den Dämon nach seinem Namen.«
»Entschuldigt, ich habe gelogen.« Mit dem Geständnisse entspannte sich der König. »Ich kenne ihn. Sein
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