Die Krieger der Königin: Schattenmacht: Roman (Knaur TB) (German Edition)
Bekannten schrien sogar lauter als die anderen. Krieger nahmen ihre eigene Form nur an, um lange Strecken zurückzulegen oder anzugreifen.
Mace hatte keinen Beweis, aber er wusste genau, wohin seine Beute wollte. Entschlossen, gewalttätig, auf der Suche nach einer bestimmten Frau. Er hatte nicht erwartet, sie auf dem Markt zu finden, aber trotzdem hatte er für alle Fälle die Augen offen gehalten.
Mace stieg höher, und seine Vermutung bestätigte sich. Auf der anderen Seite des Platzes gab es eine Straße, die zu einem Steingebäude führte, dessen Wände, so dünn und fein wie Zuckerwatte, von hohen Buntglasfenstern durchbrochen waren. Es reckte sich hoch in die Luft und bestand aus cremefarbenem Stein. Breite Treppen führten zu einem großen Tor, dessen Flügel weit geöffnet waren – wie immer, wenn die Königin dort Hof hielt. Mace entdeckte den Mann, als dieser die Treppe bereits fast erreicht hatte. Das gesamte Gebäude war eigentlich nur Show. So schön es auch von außen war, im Inneren fand sich nur eine Treppe, die in den unterirdischen Bereich führte, in dem der Thronsaal der Königin wirklich lag.
Mace brüllte: BESCHÜTZT DIE KÖNIGIN!
Sein Ruf war ein Befehl an jede Sylphe, egal, ob Krieger oder nicht. Die Krieger antworteten auf den Ruf, indem sie alle sofort abhoben. Die anderen Sylphen schrien auf und nahmen ihre natürliche Form an, um sich in Sicherheit zu bringen. Viele von ihnen zogen ihre Meister mit sich. Andere Leute aus dem Tal sahen, wie sie sich zurückzogen, hörten das Brüllen der Krieger und flohen. Sie eilten zu Treppenhäusern an den Ecken des Platzes, die zu Fluren unter der Erde führten – zu dem Stock, der unterhalb des Tales existierte. Die Fremden wussten nicht, dass sie ihnen folgen sollten, und Mace war das auch nicht wichtig. Nicht annähernd so wichtig wie die Sicherheit der menschlichen Königin, die ihrer aller Meisterin war.
Am Fuß der Treppe zuckte der Meuchelmörder zusammen und sah voller Angst zu Mace auf. Zu ihm und allen anderen Kriegern, die sich hinter Mace erhoben und eine dunkle, hohe Sturmwolke bildeten. Die Türen hinter dem Mann schlossen sich, versiegelt von einer Erdsylphe.
Mace öffnete sein Maul und zischte. Er konnte in dieser Form nicht mit dem Mann sprechen. Er konnte seine Stimme nur den anderen Sylphen senden oder seiner Meisterin oder seiner Königin. Ihr schickte er jetzt eine Botschaft.
Es herrscht Gefahr, meine Königin. Ein Mann ist gekommen, dich zu töten. Wir haben ihn gefangen.
Tötet ihn nicht, schickte sie sofort zurück. Niemand stirbt.
Mace hasste den Befehl, aber er gehorchte.
1
S ie war eine kleine, schlanke, rothaarige Frau von gerade einmal dreiundzwanzig Jahren, aber als Königin von Sylphental war Solie die mächtigste Frau seit Menschengedenken. Die meiste Zeit allerdings fühlte sie sich nicht mächtig, aber doch wie eine Anführerin. Sie verbrachte ihre Tage mit Papierkram, organisierte die Weiterentwicklung des Tals und versuchte, andere Königreiche davon zu überzeugen, sich über ihre Angst hinwegzusetzen und mit ihnen zu handeln – oder zumindest keinen Krieg anzuzetteln.
Gekleidet in ein langes Seidenkleid in demselben Blauton, wie ihn auch die Krieger trugen, erhob Solie sich von ihrem steinernen Thron, der von einer Erdsylphe so geschaffen worden war, dass er gleichzeitig schön und bequem war, und ging die Stufen zu dem polierten Boden hinunter. Ihr eigenes Spiegelbild glitt unter ihr entlang, während Hedu an ihrer Seite knurrte. Seine Gefühle waren offensichtlich, selbst wenn sie nicht die Fähigkeit gehabt hätte, sie zu spüren. Seine Wut war nicht anders als die von jedem einzelnen Krieger und jeder einzelnen Elementarsylphe im Zimmer. Sie spürte auch die Wut der Menschen.
Hedu allerdings gehörte in besonderem Maß zu ihr. Er war der Krieger, der an sie gebunden war und sie zur Königin gemacht hatte. Als sie sich kennengelernt hatten, hatte er für sie die Form eines Jungen angenommen. Während sie älter geworden war, hatte auch der Gestaltwandler sein Aussehen angepasst. Jetzt sah er aus wie ein Mann. Allerdings war er immer noch nicht viel größer als sie, gerade mal einen Meter sechzig. Und er war immer noch derselbe Hedu, unreif, ihr vollkommen ergeben und stets entschlossen, sie zu beschützen. Mit zwanzig Sylphen im Raum hatte Solie allerdings kaum das Gefühl, in Gefahr zu schweben.
Ihr Möchtegern-Mörder kniete auf dem Boden, Mace hatte ihm den Arm auf den Rücken gedreht.
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