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Die Kundschafter

Die Kundschafter

Titel: Die Kundschafter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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gestorben, von den bissigen Kreaturen umgebracht.
    Er sagte in einem Tonfall, der die Caer aufhorchen ließ: »Wir kommen aus dem verwüsteten, verfluchten Land.
    Unsere Körper sind mit Schwären bedeckt. Wir schwitzen Blut und Eiter aus. Wer uns anrührt, hat sich angesteckt!«
    »Ugalos ist von den Dämonenpriestern vernichtet worden. Wir sind durch das Land gepilgert und haben uns gegeißelt. Wir sind unberührbar!« rief einer der schwankenden und stöhnenden Geißler.
    Die Caer hoben die Schwerter und die Fackeln. Ein Soldat streckte die Hand aus und riss die Kapuze vom Gesicht eines Geißlers. Buruna schob sich unmerklich hinter Mythor. Ein Schrei des Entsetzens und lästerliche Flüche erschollen. Den Caer zeigte sich ein verwüstetes Gesicht, voller Blutgerinnsel, offener Geschwüre, Schmutz und verfilzten Barthaars. Die Augen glühten im Fieber.
    »Die gelbe Pest!« schrie ein Soldat und rannte davon.
    Ein anderer schob vorsichtig und mit zitternder Schwertspitze drei weitere Kapuzen aus den Gesichtern der Bußgänger. Der Alpdruck war von den Kundschaftern gewichen, aber Mythor hoffte, dass die Caer nicht gerade seine Kameraden und ihn demaskieren würden.
    Wieder beleuchteten die knisternden Fackeln mit zitternden roten Flammen die entstellten Gesichter der Bußgänger.
    »Wir werden alle Heere der Caer mit dem gelben Fieber und der Pest anstecken!« sagte Lamir mit verstellter Stimme.
    »Die Pest ist mitten unter euch!« röchelte ein anderer.
    »Nehmt die Pest von uns, und wir werden euch gern helfen und dienen!« versprach ein anderer.
    Die Caer standen wie erstarrt da. Sie blickten auf die Zeichen der gelben Pest und erkannten, dass sie in höchster Gefahr waren. Von den aufgerichteten Steinen kam ein Dämonenpriester mit schnellen Schritten heran.
    Sein langer, mit Silberornamenten bestickter Umhang bauschte sich bei jeder Bewegung. Die Soldaten rissen wie in Abwehr vor dem Fieber die Schilde hoch und wichen entsetzt Schritt um Schritt zurück.
    Ein langgezogener, trompetender Schrei hallte zwischen den Ufern der Lorana auf und setzte sich als rollendes Echo über das verdammte Land hinweg fort. Der Priester breitete die Arme aus und wollte die Soldaten aufhalten. Die gläserne Haut unter der Maske und den Knochenfortsätzen des Helmes schimmerte.
    Seine Stimme war dumpf und schneidend: »Feiglinge!« schrie er. Das Schimpfwort wirkte wie ein Signal.
    Die Soldaten drehten sich um und fingen zu rennen an. Die Bußgänger rafften ihre letzten Kräfte zusammen und folgten ihnen etwas langsamer.
    Der Priester sprang zwischen die Krieger und schrie: »Das ist nicht die gelbe Pest, ihr feigen Narren. Es ist eine schlimme, wenn auch harmlose Krankheit. Sie steckt nicht an.«
    »Die gelbe Pest!« schrien gurgelnd die Bußgänger und schwangen ihre Geißeln.
    Die Soldaten flüchteten in heilloser Panik.
    Der Priester blieb stehen, schrie ihnen Befehle und Verwünschungen nach, aber die Bußgänger und Mythor und seine Begleiter rannten an der schauerlichen Gestalt vorbei und folgten dem Licht der Fackeln.
    Mythor flüsterte Buruna zu: »Ich meine, der Dämonenpriester spricht die Wahrheit.«
    »Dass die gelbe Pest in Wirklichkeit eine nicht ansteckende Geschwürkrankheit ist?«
    »Er sollte es am besten wissen!«
    Sie liefen hinter den Fackeln und hinter der Masse der schwarzgekleideten Körper her, wandten sich langsam nach rechts und vergrößerten bei jedem Schritt die Distanz zwischen sich und den Bußgängern.
    »Ausgezeichnet«, brummte Gapolo und stolperte über einen knorrigen Ast. »Wir hatten Glück. Jetzt brauchen wir nur noch ein gemütliches Plätzchen für die Nacht.«
    Wieder ertönte vom Wasser her dieser furchtbare Schrei. Keiner von ihnen hatte jemals einen solchen Schrei gehört. War es das Große Horn, von dem Vercin gesprochen hatte? Oder ein riesiges Raubtier, das die Caer gegen ihren Gegner einsetzen wollten? Keiner wusste es.
    Das Licht der Fackeln zog sich weit auseinander. Winzige Leuchtpünktchen schwankten und taumelten in westlicher Richtung davon.
    Die Bußgänger waren nicht mehr zu sehen. Ihre dunklen Gewänder verschmolzen mit der Dunkelheit. Nur noch die Schreie der Angst, der Wut und die Geräusche der hastenden Schritte waren zu hören. Aber auch sie wurden immer schwächer und verloren sich schließlich. Am Rand einer kargen Weide blieben Mythor und seine drei keuchenden Freunde stehen.
    »Nach Nordwesten!« sagte Mythor und versuchte die Richtung gut zu schätzen. Die

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