Die Kunst, frei zu sein
herzustellen oder Brot zu backen oder Bier zu brauen oder was immer dir sonst gefällt.
Außerdem habe ich eine zweite Idee: Odd Jobs. Das ist eine neue Dienstleistung, die ich auf der Website des Idler eingerichtet habe. Da ich bemerkt hatte, dass es Idler- Lesern schwerfiel, ihre Arbeit völlig aufzugeben und Geld ausschließlich durch kreative Unternehmungen zu verdienen, ließ ich mir Odd Jobs als Methode für Müßiggänger einfallen, Zeitarbeiten oder Halbtagsarbeiten zu finden, damit sie ihre anderen Aktivitäten aufrechterhalten können. Unter Odd Jobs kann man also seine eigenen Dienste annoncieren oder Arbeit anbieten. Ein Beispiel ist das eines freiberuflichen klassischen Musikers, eines Tuba-Spielers, der sich als Stuckateur ausbilden ließ, um in Flautezeiten in diesem zweiten Bereich Geld zu verdienen. Er beantwortete eine Anzeige in der Rubrik Odd Jobs, und jetzt wird er nach Italien reisen, um zwei Wochen lang bei einem Ehepaar zu wohnen und einige Stuckateurarbeiten zu erledigen; dafür erhält er einen kostenlosen Urlaub. Das ist der kreative Ansatz, den wir in der Welt brauchen. Odd Jobs hat nichts mit den ausbeuterischen Zeitarbeitsfirmen und der schädlichen Professionalisierung der Arbeit zu tun, denn das System stützt sich einfach auf einen privaten Vertrag zwischen zwei Individuen. Odd Jobs verkündet auch: »Wir werden nicht herumsitzen und darauf warten, dass Regierung und Gewerkschaften die Arbeitsbedingungen verbessern. Wir werden die ganze Sache ignorieren und ein neues, vitales System für das Leben und die Arbeit aufbauen.«
Spezialisierung ist ein Fluch. »Oh, ich verstehe nichts von solchen Dingen«, sagen wir uns selbst mit unserem angelernten Gefühl der Nutzlosigkeit. Dabei ist es sehr leicht, ein Handwerk zu erlernen. Besser, ein Hansdampf in allen Gassen zu sein, als nichts zu begreifen. Victoria nahm in der Nachbarschaft an einem Kurs teil, in dem sie lernte, das Korbgeflecht für einen Van-Gogh-Stuhl herzustellen. Jeder Moment war ein Vergnügen, und am Ende hatten wir einen reparierten Stuhl, einen schönen und nützlichen Gegenstand. Handwerk verbindet Glück, Arbeit und Spiel sowie Kunst und Leben.
Sei ein Hansdampf in allen Gassen, gib den Perfektionismus auf. Bekenne dich zum Glauben an den Laien. Lass dich von Liebe, nicht von Geld leiten. Ein Spaten, eine Säge und ein Meißel – das ist alles, was du brauchst, um frei zu sein.
Im Spiel ist Freiheit, schreibt Huizinga, denn es wird von uns selbst gelenkt:
Das Kind und das Tier spielen, weil sie Vergnügen daran haben, und darin eben liegt ihre Freiheit. Wie dem auch sei, für den erwachsenen und verantwortlichen Menschen ist das Spiel eine Funktion, die er ebenso gut lassen könnte. Das Spiel ist überflüssig. Nur insoweit wird das Bedürfnis nach ihm dringend, als es aus dem Vergnügen an ihm entspringt. Jederzeit kann das Spiel ausgesetzt werden oder ganz unterbleiben. Es wird nicht durch physische Notwendigkeit auferlegt und noch viel weniger durch sittliche Pflicht. Es ist keine Aufgabe. Es wird in der »Freizeit« gespielt. Erst sekundär, dadurch, dass es Kulturfunktion wird, treten die Begriffe Müssen, Aufgabe und Pflicht mit ihm in Verbindung. Damit hat man also ein erstes Hauptkennzeichen des Spiels: es ist frei, es ist Freiheit.
Wir sollten danach streben, dass jeder Moment unserer Zeit frei ist. Tu den ganzen Tag lang, was dir gefällt. Tu den ganzen Tag lang überhaupt nichts. Albere den ganzen Tag lang herum.
Wenn dir deine Arbeit Spaß macht, ist sie keine Arbeit. Es ist, wie meine Freundin Sarah sagt, der Schlüssel zum freien Leben, jeden Morgen aufzuwachen und zu rufen: »Guten Morgen, Herr, was hast du heute für mich?« Das funktioniert wirklich, versichert sie. Die Freiheit kann heute beginnen, jetzt sofort. Du kannst dein Leben in einer einzigen Sekunde ändern. Freiheit ist ein Geisteszustand.
SPIELE
Weiterführende Literatur
Hier ist eine Liste der Bücher, die ich beim Verfassen des vorliegenden Textes gelesen habe. Ich würde sie für die Bibliothek jedes Freiheitssuchers empfehlen:
Aquin, Thomas von, Summe der Theologie (Stuttgart: Alfred Kröner Verlag, 1938)
Aquin, Thomas von, Summe gegen die Heiden (Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1990)
Der im dreizehnten Jahrhundert wirkende Thomas von Aquin war der Jean-Paul Sartre seiner Zeit. Er vertrat den Standpunkt, dass »alle Dinge eitel sind«.
Aristoteles, Nikomachische Ethik (Stuttgart: Reclam, 1990) Aristoteles
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