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Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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zu.
    »Wenn ich auch nur einen Mann verloren hätte«, raunte der Kapitän Michelangelo mit versteinerter Miene zu, »ich hätte Euch erschlagen!«
    »Der Versuch wäre Euer sicherer Tod gewesen!«, gab der Bildhauer ruhig zurück.
    Von der Insel sahen sie kaum etwas, und im Tosen des Sturmes ging auch das Geräusch der Wellen unter, die an den Klippen der Felseninsel zerbrachen.
    Erst in der Nacht legte sich das Unwetter endlich. Michelangelo und Francesco fanden nach dem Abendessen, das aus Wein und Zwieback mit etwas Käse bestand, auf den Francesco verzichtet hatte, in ihrer Kajüte im Bauch des Achterkastells ein wenig Ruhe. Während der Bildhauer nach einem kurzen Gebet sofort einschlief, flehte der Diener die Muttergottes an und setzte mit den Bußpsalmen fort, bis auch ihn irgendwann der Schlaf einfing.
    Der nächste Morgen konnte zwar nicht sonnig und schön genannt werden, aber wenigstens hatte der Sturm nachgelassen und es regnete nur. Nichts erinnerte mehr an die schwarze Wand, und obschon man die Sonne nicht sah, konnte man ihre Anwesenheit im diffusen Licht erahnen. Der Kapitän hatte die Rahsegel an Fock- und Großmast setzen lassen, ebenfalls das Lateiner- und das Sprietsegel. Das Schiff nahm Fahrt auf und jagte über die Wellen dahin. Michelangelo gesellte sich wieder zu dem Kapitän auf die Brücke.
    »Wenn das Wetter nicht schlechter wird, sind wir morgen in Ostia«, sagte der Seemann, ohne seinen Blick vom Wasser zu wenden. Er erwartete keine Antwort, und Michelangelo war auch nicht zu einem Gespräch aufgelegt. In diesen Momenten des Schweigens waren sich die Männer nahe, denn nicht beständig reden zu müssen empfanden beide als Geschenk. Sie hassten das ständige Geschwätz, das die Stille der Welt zerstörte. Die Menschen redeten, obwohl sie nichts mitzuteilen hatten, sie redeten aus Langeweile, weil sie einen betrügen oder aushorchen wollten oder im schlimmsten Fall aus Angst. Wenn ein Zauberer Michelangelo angeboten hätte, seinen Figuren eine Stimme zu verleihen, hätte er dies brüsk abgelehnt – seine Figuren sprachen ja, aber sie schwatzten nicht.
    »Nimmt Marmor eigentlich Wasser auf?«, fragte nach einer guten Weile der Kapitän.
    »Er saugt sich voll.«
    »Dann kann es passieren, wenn es weiter so regnet, dass wir uns von einem Block trennen müssen, weil wir zu schwer werden.«
    »Eher geht Ihr zu den Fischen als einer von meinen Steinen«, erwiderte der Bildhauer düster. Auch wenn er diese Drohung wohl kaum in die Tat umsetzen konnte, würde er alles dafür tun. Der Kapitän fühlte wenig Neigung, das auszuprobieren, und betete, dass der Regen nachlassen würde. Der Mann neben ihm war in seinen Augen ein Verrückter.
    Am nächsten Tag tauchte um die Mittagszeit der Hafen von Ostia vor ihnen auf, und wenig später begann bereits das Verladen der Blöcke auf die Tiberschiffe. Fünf Barken wurden benötigt: Auf vier von ihnen fanden jeweils drei Marmorblöcke Platz, der Moses brauchte ein eigenes Gefährt.
    In den späten Abendstunden legte die kleine Marmorflotte in Rom im Ripetta-Hafen an. Die Schiffer und Transportleute weigerten sich, die Boote noch in der Nacht zu entladen, sondern vertäuten sie nur gut am Ufer. Michelangelo war außer sich vor Zorn, konnte aber nichts dagegen ausrichten. Er entschloss sich, die Nacht bei seinen Steinen zu verbringen, um auf sie aufzupassen. Francesco schickte er aus, um einen kleinen Imbiss zu besorgen. Nachdem sie sich gestärkt hatten, durfte sich Francesco auf den Heimweg machen, während Michelangelo am Ufer auf und ab schritt.
    Die Kunde von seiner Ankunft machte in Rom schneller die Runde, als er ahnen konnte. Fast zur gleichen Stunde erfuhren der Kardinal Catalano und Donato Bramante von Michelangelos Rückkehr.
    Rom, Anno Domini 1505
    In der Stunde zwischen Hund und Katz, als sich der Morgen kalt in die schlafende Stadt schlich und die wohlige Nacht vertrieb, marschierten fünf vermummte Gestalten zum Hafen. Als der frierende und übermüdete Michelangelo sie entdeckte, standen sie schon fast vor ihm. Er zog sein Rapier, aber einer der finsteren Gesellen schlug ihm mit seinem Degen die Waffe aus der Hand. Niemand hatte den Bildhauer im Fechten ausgebildet. Ohne etwas zu sagen, packten sie ihn derb, dann fesselten und knebelten sie ihn. Anschließend lichteten sie die Anker der Schiffe und schlugen Löcher in die Schiffsflanken. Dann verschwanden sie wieder so schnell, wie sie erschienen waren.
    Michelangelo bäumte sich wütend auf

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