Die Last der Schuld
zu Lana war Madeline Hancock nie Eddie begegnet, der etwa zeitgleich mit Lana in der Physiotherapie war. Er hatte als Drogenfahnder gearbeitet, bis ihm ein Zehnjähriger mit einer Schusswaffe den Oberschenkel zertrümmerte und seine Karriere beendete. Eddie hatte dem Täter nicht nur vergeben, er hatte den Waisenjungen sogar adoptiert. Seither verbrachte er seine Zeit nunmehr damit, von Schule zu Schule zu ziehen, um mit den Schülern über Themen wie Drogen, Sex und Gangs zu reden.
Eddies Engagement für gefährdete Kinder hatte Lana zutiefst beeindruckt, und da sie selbst dringend einen Grund brauchte, um morgens aufzustehen, hatte sie beschlossen, sich der guten Sache anzuschlieÃen. Es war ihr egal, ob ihre Eltern das Ganze befürworteten oder nicht. Sie tat das, was sie selbst für richtig hielt, und wenn sie nur einer Handvoll Kindern damit helfen konnte, so war es das wert.
Sie hatte etwas Gutes bewirkt. Vielleicht nicht viel, aber zumindest etwas. Und wenn die Auktion erfolgreich verlief, konnte sie noch viel mehr bewirken. Vielleicht würde sie ihren Wirkungsbereich auf St. Louis ausdehnen oder auf andere, kleinere Städte. Möglicherweise würde sie sogar so viel herumreisen, dass man ihren Aufenthaltsort nicht mehr vorhersagen könnte. Sie wäre endlich frei von dem Zwang, ständig über ihre Schulter zu schauen und sich zu fragen, ob derjenige, der sie in den Hügeln von Armenien beobachtet hatte, es womöglich immer noch auf sie abgesehen hatte.
Für diese Art von Freiheit war Lana bereit, nahezu alles zu geben.
Andererseits, wenn man sie wirklich tot sehen wollte, läge sie bereits unter der Erde. Es war albern, sich wegen irgendwelcher Hirngespinste den Kopf zu zerbrechen. Ihr Leben wandte sich allmählich zum Guten. Warum konnte sie dieses Geschenk nicht einfach annehmen und die Vergangenheit hinter sich lassen?
Eine geradezu paranoide Angst drohte sie zu überwältigen, doch Lana verdrängte sie mit einem Lächeln, das vermutlich ebenso falsch wirkte, wie es sich anfühlte. »Und wie läuft es mit der Suche nach einem Auktionator?«
Stacie lieà die Schultern sinken und verpasste dadurch ihrer makellos gebügelten Bluse unfreiwillig einige Falten. »Ich habe sechs von ihnen angerufen, aber keiner ist bereit, uns seine wertvolle Zeit zur Verfügung zu stellen.«
Lanas Spannungskopfschmerzen nahmen abrupt zu. Sie hatte letzte Nacht extrem schlecht geschlafen â nicht, dass das etwas Besonderes war.
»Ich werde versuchen, ob ich bei den anderen Auktionatoren auf unserer Liste etwas erreichen kann«, erwiderte Lana. »Ich könnte ein wenig Geld lockermachen, indem ich die Stromrechnung diesen Monat ein paar Tage später bezahle. Vielleicht gelingt es mir ja dadurch, jemanden zu locken, insbesondere wenn ich obendrein eine erstklassige Werbefläche in unserem Auktionskatalog zur Verfügung stelle.«
Stacie nickte und blinzelte erneut auf ihren Notizblock. »Ich werde mich um die Ãnderung der Auktionsliste kümmern, die sich mit freundlicher Unterstützung von Armand ergeben hat. Das Layout für den Katalog ist so gut wie fertig. Sobald wir einen Auktionator gefunden haben, können wir das Ganze in Druck geben. Die haben gesagt, die Drucklegung dauert circa drei Tage, wir haben also reichlich Zeit.«
»Na, wenigstens etwas«, sagte Lana, während sie sich ihr glattes Haar hinter die Ohren strich, um ihre hämmernden Schläfen besser massieren zu können. Noch zwei Wochen bis zur Auktion, dann konnte sie sich entspannen. »Ich übernehme heute Abend die Website, um die Liste der teilnehmenden Künstler zu aktualisieren. Und ich besorge uns heute noch einen Auktionator, sonst besuche ich einen Kurs und übernehme die verdammte Sache selbst.«
»Und woher willst du die Zeit nehmen, um einen Kurs zu besuchen? Und sei es nur für einen Tag? Du arbeitest doch jetzt schon siebzig Stunden die Woche. Wenn nicht mehr. Und was ist mit dem Jugendzentrum? Die Kinder sind doch der Grund, weshalb du diese Stiftung gegründet hast, und du hast sie seit Tagen nicht besucht. Sie vermissen dich.«
»Das werde ich auch noch irgendwie einschieben.«
»Du kannst nicht alles allein machen.« Stacie schenkte Lana ein mütterliches Stirnrunzeln.
»Ich versuche doch überhaupt nicht, alles allein zu machen. Ich will diese Auktion nur irgendwie über die Bühne
Weitere Kostenlose Bücher