Helikopter-Eltern: Schluss mit Förderwahn und Verwöhnung (German Edition)
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Ein Wort vorab
Die Vorgeschichte dieses Buchs reicht zurück ins Jahr 2012. Ich hatte damals für die FAZ einen Artikel mit dem Titel verfasst: «Maximale Verwöhnung, gigantischer Erfolgsdruck». Einige Wochen später wurde ich in der FAS zu einem ganz ähnlichen Thema interviewt: «Wir erziehen eine unmündige Generation». Kurz darauf lud mich Frank Plasberg zur Talkrunde «hart aber fair» ein. Das Thema: «Umsorgt vom Kreißsaal bis zum Hörsaal – kommt jetzt die Generation Weichei?» Diese drei Ereignisse und die darauf folgende große Resonanz waren die Auslöser für dieses Buch.
Beliebt macht man sich mit einem solchen Buch nicht unbedingt – vor allem nicht bei denen, die hier angesprochen sind, die es mit der Erziehung gut meinen und sich mit allen Kräften für ihre Kinder einsetzen – nur ein bisschen zu viel unter Umständen.
So gab es schon auf meine Äußerungen in den Medien neben sehr viel Zustimmung auch harte Kritik: Ich hätte Eltern das Recht abgesprochen, ihre Kinder so zu erziehen, wie sie es für richtig hielten. Ich hätte den Eltern den Schwarzen Peter zugeschoben, statt kritisch über die Defizite schulischer Erziehung zu reflektieren. Ich hätte die Gefahren für Kinder vernachlässigt, wenn man sie ungeschützt der Umwelt überließe. Ich sähe nicht, dass man Kindern inmitten des globalen Wettbewerbs alles mitgeben müsse, was im Bereich des Möglichen liege. So oder ähnlich lauteten die Vorwürfe.
Insgesamt gab es fast tausend Einträge im Gästebuch von «hart aber fair» und über zweihundert Leserbriefeinträge im Forum der FAZ und FAS : Wie vermutlich immer gingen rund 20 Prozent der Zuschriften am Thema vorbei, 20 Prozent der Einträge gingen in Richtung der skizzierten Kritik. 60 Prozent derjenigen, die sich meldeten, zeigten sich kritisch bis besorgt ob der zunehmenden Verwöhnung und Überbehütung der Kinder durch deren Eltern, oder sie ergänzten meine Thesen mit interessanten eigenen Erfahrungen und Urteilen.
Das Thema «Helikopter-Eltern» scheint also ein Thema zu sein, das Menschen, besonders viele Eltern, heute bewegt. Mich jedenfalls bewegt es als Pädagogen, als Psychologen, als außerparlamentarischen Bildungspolitiker, als Staatsbürger, als Vater, als Großvater.
Das Anliegen meines Buchs ist es somit, den Eltern zu helfen, über ihr Oszillieren zwischen erzieherischer Allmachtsvision und Ohnmachtspanik, zwischen sinnvoller Kindorientierung und unreflektierter Kindversessenheit, zwischen Dressur und Verwöhnung, zwischen natürlicher Schutzhaltung und Überbehütung, zwischen liebevoller Zuwendung und Gängelung einmal nachzudenken und sie zu mehr Bodenständigkeit, Spontaneität und Intuition in der Erziehung zu verführen. Oder ganz konkret: Eltern die Angst vor dem Erziehen zu nehmen und erkennen zu helfen, dass das richtige Maß entscheidend ist. Die Helikopter-Eltern meinen es besonders gut, das zeichnet sie aus. Aber das besonders Gute ist oft der Feind des Guten.
Ich wünsche mir sehr, dass es mir gelingt, mit manchen pädagogisch-psychologischen Ammenmärchen aufzuräumen sowie den einen oder anderen pädagogischen Elternflüsterer und seine Motive ins rechte Licht zu rücken. Nicht zuletzt deshalb, damit Eltern durch Ratgeber aller Art in ihrer wichtigen und großen Aufgabe nicht noch mehr enteignet werden und damit ihnen am Ende immer eines bleibt: mehr Zeit für ihre Kinder.
Helikopter-Pädagogik hat viele Gesichter
Das Bild von den «Helikopter-Eltern» ist zwar sehr plakativ, aber zutreffend. Man hat sofort vor Augen, was gemeint ist. Tatsächlich kommen einem manche Eltern wie die schnelle militärische Eingreiftruppe vor. Es sind Eltern, die ständig wie Beobachtungsdrohnen über den Kindern schweben, die ihren Nachwuchs ab der ersten Stunde an der elektronischen Nabelschnur des Mobiltelefons durchs Leben geleiten und beim kleinsten seelischen oder körperlichen Wehwehchen herbeistürmen, um alles wieder ins Reine zu bringen.
Ich will das Bild von den Hubschraubern nicht überstrapazieren, sonst müsste ich drei verschiedene Hubschraubertypen genauestens erklären und auf das Pädagogische übertragen. Nur ganz kurz: Es gibt den Typ «Rettungshubschrauber», den Typ «Transporthubschrauber» und den Typ «Kampfhubschrauber», Marke «Black Hawk». Somit spricht man in den USA bereits von den «Black Hawk Parents». Weitere Sprachbilder aus dem technischen Bereich sind dort im Umlauf. «Airbag»-Eltern sind
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