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Die Lebensfreude

Die Lebensfreude

Titel: Die Lebensfreude Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola
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verursachten leichte Geschwüre. Wiesbaden und Karlsbad brachten nicht die geringste Wirkung, ein Aufenthalt in Vichy hatte ihn fast getötet.
    »Mein Gott! Wie ich leide!« wiederholte Chanteau, »mir ist, als fräßen mir Hunde den Fuß ab.«
    Von einer angstvollen Aufregung erfaßt, drehte er in der Hoffnung, sich durch eine veränderte Lage Erleichterung verschaffen zu können, das Bein hin und her. Bald stieß er in der Raserei des Schmerzes ein ununterbrochenes Geheul aus. Er verspürte Schüttelfröste und Fieber; ein brennender Durst verzehrte ihn.
    Währenddem glitt Pauline in das Zimmer. Vor dem Bette stehend, sah sie ihren Onkel mit ernster Miene, ohne zu weinen an. Frau Chanteau verlor, von dem Geschrei nervös gemacht, den Kopf. Veronika hatte die Bettdecke, deren Last der Kranke nicht mehr ertragen konnte, zurechtlegen wollen. Als sie ihm aber mit ihren Männerhänden nahte, hatte er noch lauter zu schreien begonnen und ihr verboten, ihn zu berühren. Sie war sein Schrecken; er beschuldigte sie, daß sie ihn wie ein Bündel unsauberer Wäsche schüttele.
    »Dann ruf en Sie mich nicht, Herr«, sagte sie und stürmte wütend hinaus. »Wenn man die Leute zurückstößt, mag man sich eben allein pflegen.«
    Pauline hatte sich langsam genähert und mit ihren Kinderhänden die Bettdecke leicht und geschickt aufgenommen. Er empfand eine flüchtige Erleichterung und nahm ihre Dienstleistungen an.
    »Danke, liebe Kleine ... Halt, die Falte dort. Sie wiegt fünfhundert Pfund! Oh! Nicht so schnell! Du hast mir Furcht gemacht.«
    Der Schmerz begann übrigens heftiger zu werden. Als seine Frau sich im Zimmer zu schaffen machte, die Fenstervorhänge zusammenzog, zurückkam um eine Tasse auf den Nachttisch zu stellen, wurde er noch aufgeregter.
    »Ich bitte dich, lauf nicht umher, du läßt alles erzittern ... Bei jedem deiner Schritte meine ich einen Schlag mit dem Hammer zu erhalten.«
    Sie versuchte nicht einmal eine Entschuldigung und ihn zufrieden zu stellen. Es nahm stets dieses Ende. Man ließ ihn allein mit seinem Leiden.«
    »Komm, Pauline«, sagte sie ruhig. »Du siehst, dein Onkel kann uns nicht um sich dulden.«
    Pauline blieb aber. Sie trat so leicht auf, daß ihre Füßchen kaum den Fußboden streiften. Von diesem Augenblicke an blieb sie bei dem Kranken; er litt keinen anderen in seinem Zimmer. Wie er sagte, hätte er am liebsten von einem Hauche bedient sein mögen. Sie hatte das Verständnis, das Leiden zu erraten und zu lindern; sie kam seinen Wünschen zuvor und regelte das Tageslicht oder reichte ihm die Tassen Griesschleim, die Veronika bis an die Tür brachte. Den armen Mann beruhigte vor allem, daß er Pauline fortwährend artig und regungslos auf dem Rande eines Stuhles vor sich sitzen sah, mit ihren großen teilnehmenden Augen, die ihn nicht verließen. Er versuchte, sich durch die Erzählung seiner Leiden zu zerstreuen.
    »Siehst du, in diesem Augenblick ist es, als wenn mir ein schartiges Messer die Fußknochen aus dem Gelenke schneide, und ich möchte schwören, daß man mir zu gleicher Zeit lauwarmes Wasser über die Haut gießt.«
    Dann nahm der Schmerz eine andere Gestalt an: man binde ihm die Gelenke mit Eisendraht, man spanne seine Muskel bis zum Springen, ähnlich wie Violinsaiten. Pauline hörte mit freundlicher Miene zu, schien alles zu verstehen, fürchtete sich nicht vor dem Geheul seiner Klagen und war einzig auf seine Heilung bedacht. Sie war sogar heiter, und es gelang ihr auch, ihn zwischen einem Gestöhn und dem anderen zum Lachen zu bringen.
    Als endlich Doktor Cazenove kam, war er ganz erstaunt und drückte einen schallenden Kuß auf die Haare der kleinen Krankenpflegerin. Er war ein Mann von vierundfünfzig Jahren, hager und kräftig; er hatte sich nach dreißigjährigem Dienst in der Marine nach Arromanches zurückgezogen, wo ein Oheim ihm ein Haus hinterlassen. Seitdem er Frau Chanteau von einer bedenklichen Verstauchung geheilt, war er der Freund der Familie geworden.
    »Also immer noch das Alte«, sagte er. »Ich bin gekommen, Ihnen die Hand zu drücken; ich kann nicht mehr tun als dieses Kind, müssen Sie wissen. Wenn man die Gicht geerbt und die Fünfzig überschritten hat, mein Lieber, muß man Trauer anlegen. Bedenken Sie ferner, daß Sie sich mit einer Unlast von Medizinen den Rest gegeben haben ... Sie kennen das einzige Mittel: Geduld und Flanell.«
    Er trug gern eine große Ungläubigkeit zur Schau. Während dreißig Jahre hatte er soviel Kranke in allen

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