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Die Lebensfreude

Die Lebensfreude

Titel: Die Lebensfreude Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola
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dem Paradiese, was den Verfasser selbst heiter stimmte. Dann fingen die großen Balgereien wieder an, sie sprang ihm an den Hals, und er ließ sie herumkreisen, während Minouche an dem Tanze teilnahm und von dem Tische auf den Schrank sprang. Mathieu ward nicht zugelassen, seine Freude äußerte sich zu wild.
    »Laß mich in Frieden, du schmutzige kleine Bürgerlise!« wiederholte er eines Tages außer sich. »Mama kann dich Klavierspielen lehren, wenn sie will.«
    »Deine Musik taugt zu nichts«, erklärte Pauline gerade heraus. »An deiner Stelle würde ich Arzt.«
    Er sah sie zornig an. Arzt, jetzt! Wie kam sie darauf? Er regte sich auf und warf sich seiner Leidenschaft mit einem Ungestüm in die Arme, das alles mit sich fortzureißen schien.
    »Höre,« rief er, »wenn man mich nicht Musiker werden lassen will, töte ich mich.«
    Der Sommer hatte Chanteaus Genesung vollendet, und Pauline konnte Lazare in das Freie folgen. Das große Zimmer wurde verlassen, die Kameraden ergingen sich in tollem Umherspringen. Einige Tage hindurch begnügten sie sich mit der Terrasse, auf der einige Büschel vom Seewind verkümmerter Tamarisken wuchsen; dann brachen sie in den Hof ein, zerschlugen die Kette des Ziehbrunnens, erschreckten das Dutzend magerer, von Heuschrecken lebender Hühner, versteckten sich in dem leeren Stalle und dem Wagenschuppen, wo man den Kalkbewurf abbröckeln ließ. Dann nahmen sie den Gemüsegarten für sich, ein mageres Stück Erde, das Veronika wie ein Bauer umgrub, mit vier Beeten jungen Gemüses, Birnenbäumen mit schmächtigen Stämmen, die durch die Nordoststürme sämtlich nach einer nämlichen Richtung gebeugt waren; und von dort aus befanden sie sich, wenn sie eine kleine Tür aufstießen, auf den steilen Abhängen unter freiem Himmel im Angesichte des Meeres. Pauline hatte die leidenschaftliche Neugier für dies ungeheure Wasser beibehalten, das in der hellen Julisonne sich so rein und freundlich gab! Nach dem Meere und immer wieder nach dem Meere schaute sie von jedem Zimmer des Hauses aus. Aber sie war ihm noch nicht nahegekommen, und es begann ein neues Leben, als sie sich mit Lazare in die lebendige Einsamkeit des Strandes losgelassen fand.
    Was für prächtige Ausflüge! Frau Chanteau schalt und wollte sie trotz des Vertrauens in den Verstand der Kleinen im Hause halten. Sie durchschritten deshalb nie den Hof, wo Veronika sie gesehen hätte, sondern schlichen durch den Gemüsegarten und verschwanden bis zum Abend. Bald langweilten sie die Spaziergänge um die Kirche, um die Ecken des mit Taxus eingefaßten Friedhofes und um die Salatstauden des Pfarrers; in acht Tagen hatten sie auch ganz Bonneville durch, die dreißig an den Felsen geklebten Häuser, die Kieselbank, auf welche die Fischer ihre Barken zogen. Am unterhaltendsten war es, während der Ebbe weit zwischen die Klippen hinauszugehen: man schritt über den feinen Sand dahin, auf dem Seespinnen hastig flohen, man sprang von Fels zu Fels zwischen Algen hindurch, um das Geriesel durchsichtigen Wassers zu vermeiden, das von Seekrebsen wimmelte, ohne von dem Angeln zu sprechen, den roh, ohne Brot verzehrten Muscheln, den fremdartigen, in einem Taschentuchzipfel fortgetragenen Tieren, den plötzlichen Funden, als da waren: eine verirrte Kliesche, ein kleiner, auf dem Boden eines Loches krabbelnder Hummer. Stieg das Meer, so ließen sie sich manchmal davon überraschen; sie spielten Schiffbruch und flüchteten auf irgendeinen Felsen in Erwartung, daß das Wasser sich gütigst zurückziehe. Sie waren entzückt und kehrten bis an die Schultern durchnäßt, mit im Winde flatternden Haaren heim, derart an die starke, salzige Luft gewöhnt, daß sie klagten, des Abends bei der Lampe im Zimmer ersticken zu müssen.
    Ihre größte Freude aber war das Baden. Der Strand war aber zu felsig, um Familien aus Caen und Bayeux anzulocken. Während sich der Strand von Arromanches jedes Jahr mit neuen Sommerhäusern bedeckte, ließ sich in Bonneville kein Badegast sehen. Sie hatten in der Entfernung eines Kilometers von dem Dorfe nach der Seite von Port-en-Bessin hin einen entzückenden Winkel, eine kleine, zwischen zwei Felsenrampen eingeklemmte Bucht mit feinem, goldigem Sande entdeckt. Sie nannten sie die Schatzbucht wegen ihrer einsamen Flut, in der goldene Zwanzigfrankenstücke zu rollen schienen. Dort waren sie wie zu Hause; sie kleideten sich ohne Scheu aus. Er plauderte ruhig mit ihr weiter, während er halb abgewandt sein Badegewand zuknöpfte.

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