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Die Lebensfreude

Die Lebensfreude

Titel: Die Lebensfreude Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola , Alfred Ruhemann
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entfaltete die wahre Hartnäckigkeit einer Bruthenne, um den dem Kinde fehlenden Monat des Austragens zu ersetzen. Nach diesem ersten Monat hatte es glücklicherweise die Kräfte eines zur rechten Zeit geborenen Kindes angenommen. Aber es blieb immer höchst schwächlich, und sie verließ den Knaben keine Minute, besonders seit der Entwöhnung, unter der er sehr gelitten hatte.
    »So wird er nicht frieren ... Sieh nur, Onkel, wie hübsch er hier in diesem Rot aussieht. Das macht ihn ganz rosig.«
    Chanteau wandte schwerfällig den Kopf, den einzigen Teil seines Körpers, den er bewegen konnte. Er flüsterte:
    »Wenn du ihn küssest, wird er aufwachen! Laß doch den Engel! ... Hast du den Dampfer dort bemerkt? Der kommt von Havre. Wie der fliegt!«
    Pauline mußte den Dampfer betrachten, um ihm ein Vergnügen zu machen. Es war ein schwarzer Punkt auf der Unermeßlichkeit dieser Wassermassen. Ein feiner Rauchstreifen schwärzte den Horizont. Sie blieb einen Augenblick unbeweglich stehen angesichts dieses ruhigen Meeres unter dem mächtigen klaren Himmel, beglückt über den schönen Tag.
    »Bei alledem aber brennt mein Ragout an«, sagte sie und wandte sich der Küche zu.
    Aber gerade als sie in das Haus treten wollte, rief eine Stimme aus dem ersten Stockwerk:
    »Pauline!«
    Es war Luise, die an dem Fenster der Stube lehnte, die früher Frau Chanteau gehört hatte und jetzt von dem jungen Paare bewohnt wurde. Halb gekämmt, mit einer Nachtjacke angetan, fuhr sie mit schriller Stimme fort:
    »Wenn Lazare da ist, sage ihm, er möge heraufkommen.«
    »Er ist noch nicht zurück.«
    Da wurde sie ganz ärgerlich.
    »Ich wußte wohl, daß man ihn erst heute Abend wiedersehen werde, wenn er überhaupt noch geruht zu kommen. Er ist trotz seines bestimmten Versprechens schon diese Nacht außer dem Hause geblieben. Das ist nett von ihm! Wenn er nach Caen geht, kann man ihn nicht wieder losreißen.«
    »Er hat so wenig Zerstreuungen«, entgegnete Pauline sanft. »Außerdem wird ihm diese Düngerangelegenheit Zeit gekostet haben. Zweifelsohne wird er den Wagen des Arztes zur Heimkehr benützen.«
    Seitdem Lazare und Luise in Bonneville wohnten, gab es beständig Unfrieden zwischen ihnen. Es waren keineswegs offene Zänkereien, sondern immer wiederkehrende Verstimmungen, ein jämmerlich verbittertes Leben von zwei sich nicht verstehenden Wesen. Sie führte, nachdem sie lange an den Folgen der schweren Entbindung gelitten, ein leeres Dasein, hatte ein Grauen vor den Sorgen der Wirtschaft, tötete die Tage mit Lesen und dehnte ihre Toilette bis zur Essenszeit aus. Er wieder, von seiner ungeheuren Langweile erfaßt, öffnete nicht einmal mehr ein Buch, verbrachte stumpfsinnig die Stunden angesichts des Meeres, versuchte nur in seltenen Zwischenräumen eine Flucht nach Caen, von wo er immer noch matter heimkehrte. Und Pauline, welche die Führung des Hauswesens hatte übernehmen müssen, war ihnen unersetzlich geworden, denn sie versöhnte sie dreimal des Tages.
    »Du wolltest dich fertig ankleiden«, fuhr sie fort. »Der Pfarrer wird zweifelsohne nicht auf sich warten lassen, und du bleibst dann bei ihm und dem Onkel. Ich bin so beschäftigt.«
    Aber Luisens Groll legte sich nicht.
    »Wie kann man nur so lange ausbleiben? Mein Vater schrieb es mir erst gestern, daß der Rest unseres Geldes dabei aufgehen wird.«
    In der Tat hatte sich Lazare bereits in zwei unglücklichen Unternehmungen prellen lassen, und zwar so, daß Pauline des Kindes wegen beunruhigt, ihm als seine Patin das Geschenk von zwei Dritteln ihres Vermögens gemacht hatte, indem sie zu seinen Gunsten eine Versicherung aufnahm, die ihm am Tage der Mündigkeit hunderttausend Franken bringen sollte. Sie besaß nur noch fünfhundert Franken Rente; ihr einziger Kummer war, ihre gewohnten Almosen einschränken zu müssen.
    »Eine nette Spekulation, dieser Dünger«, fuhr Luise fort. »Mein Vater wird ihm das ausgeredet haben; und wenn er nicht heimkehrt, unterhält er sich eben ... Ich mache mir nichts daraus; mag er herumlaufen.«
    »Warum ärgerst du dich dann?« entgegnete Pauline. »Der arme Junge denkt kaum an etwas Böses ... Nicht wahr, du kommst herunter? Ist das ein Einfall von dieser Veronika! Verschwindet an einem Sonnabend und läßt mir die ganze Küche auf dem Halse!«
    Es war eine unerklärliche Begebenheit, die das ganze Haus seit zwei Stunden beschäftigte. Die Magd hatte das Gemüse für das Ragout geputzt, eine Ente gerupft und sogar das Fleisch auf einen

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