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Die Lebensfreude

Die Lebensfreude

Titel: Die Lebensfreude Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola , Alfred Ruhemann
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ihre kräftige Reife, ihre vor Saft strotzenden Organe und Muskel, der mächtige Duft, der ihrem Fleische entströmte, dessen Kraft in brauner Blütenpracht sich entfaltete? Sie sollte einem unbebauten Felde gleichen, das unbeachtet verdorrt. Statt dieser beklagenswerten Fehlgeburt, die gleich einem nackten Wurm auf dem Lehnstuhle lag, sah sie den kräftigen Jungen, der ihrer Ehe entsprossen wäre. Sie konnte sich nicht trösten und beweinte das Kind, das sie nie gebären sollte.
    Aber das arme Wesen winselte noch immer. Es bewegte sich, sie befürchtete, es könnte herunterfallen. Da erwachte angesichts so großer Häßlichkeit und Schwäche die barmherzige Liebe wieder in ihr. In dem Vergessen ihrer selbst fuhr sie fort, ihm die erste Pflege angedeihen zu lassen, sie nahm es auf ihre Knie, noch bewegt von den Tränen, in die sich das Bedauern über ihre Mutterschaft und das Mitleid mit dem Elend aller Lebenden mischte.
    Frau Bouland, die benachrichtigt worden, kam, um ihr beim Waschen des Neugeborenen behilflich zu sein. Sie hüllten ihn zuerst in ein lauwarmes Tuch, dann kleideten sie ihn an und legten ihn auf das Bett im Zimmer, bis die Wiege hergerichtet war. Die Hebamme, erstaunt den Knaben am Leben zu finden, hatte ihn sorgfältig untersucht; sie sagte, ihr scheine er wohlgebaut, aber man werde Mühe haben, ihn großzuziehen, so schwächlich sei er. Dann eilte sie wieder zu Luise, die noch in großer Gefahr schwebte.
    Als Pauline sich bei dem Kinde niederließ, kam Lazare, von dem Wunder in Kenntnis gesetzt, ebenfalls hinzu.
    »Komm, sieh ihn dir an«, sagte sie sehr gerührt.
    Er näherte sich zitternd, konnte jedoch die Worte nicht zurückhalten:
    »Mein Gott, du hast ihn in dieses Bett gelegt?«
    Schon an der Tür hatte ein Zittern ihn überfallen. Dieses verlassene, noch von der Trauer düstere Gemach, das man nur selten betrat, fand er warm, erleuchtet, durch das Knistern des Feuers erheitert. Die Möbel waren an dem nämlichen Platze geblieben, die Pendeluhr zeigte noch immer sieben Uhr siebenunddreißig Minuten; niemand hatte seit dem Tode seiner Mutter dort gehaust. Indem nämlichen Bette, in dem sie ausgehaucht, in diesem heiligen, gefürchteten Bette, sah er sein Kind wiedergeboren; es verschwand zwischen den weiten Tüchern.
    »Ist dir das zuwider?« fragte Pauline erstaunt.
    Er verneinte mit dem Kopfe, er konnte nicht sprechen, so würgte ihn die Bewegung. Endlich stammelte er:
    »Es kommt, weil ich an Mama denken muß... Sie ist von uns gegangen; und ein anderer ist gekommen, der wie sie dahingehen wird. Warum ist er gekommen?«
    Ein Schluchzen schnitt ihm die Worte ab. Die Furcht und sein Widerwille vor dem Leben brachen trotz seiner Bemühungen, sie zum Schweigen zu bringen, seit Luisens fürchterlicher Entbindung wieder hervor. Als er seinen Mund auf die runzelige Stirn des Kindes gedrückt hatte, wich er zurück, denn ihm war, als gebe der Schädel unter seinen Lippen nach. Angesichts dieses von ihm so zerbrechlich in das Dasein geschleuderten Geschöpfes brachten Gewissensbisse ihn zur Verzweiflung.
    »Beruhige dich«, begann Pauline, um ihm wieder Mut zu machen. »Wir werden einen kräftigen Jungen aus ihm machen... Es hat nichts zu sagen, daß er klein geboren ist!«
    Er schaute sie an, und in seiner Verwirrung entströmte ein vollständiges Bekenntnis seinem Herzen.
    »Auch sein Leben verdanken wir wieder dir... Ich soll dir also ewig verpflichtet sein?«
    »Mir!« antwortete sie, »ich habe nur getan, was die Hebamme getan haben würde, wenn sie allein gewesen wäre.«
    Er gebot ihr mit einer Bewegung Schweigen.
    »Hältst du mich für schlecht genug, nicht zu verstehen, daß ich dir alles schulde?... Seit deinem Eintritt in dieses Haus hast du nicht aufgehört, dich zu opfern. Ich spreche nicht mehr von deinem Gelde, aber du liebtest mich noch, als du mich Luisen gabst... Das weiß ich jetzt. Wenn du ahnen könntest, wie ich mich schäme, wenn ich dich ansehe und mich an alles erinnere! Du hättest dir die Adern geöffnet; du warst stets gut und heiter, selbst an den Tagen, an denen ich dir das Herz brach. Ach, du hattest recht: es gibt nur Heiterkeit und Güte, alles andere ist nichts weiter als ein böser Traum.«
    Sie versuchte ihn zu unterbrechen, aber er fuhr mit lauterer Stimme fort:
    »Wie dumm waren doch diese Verleugnungen, diese Prahlereien, alle die schwarzen Gedanken, die ich aus Furcht und aus Eitelkeit hegte. Ich allein habe unser Leben schlecht gestaltet, das deine, das

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