Die Lebenskünstlerin (German Edition)
fungiert als Anwalt für mein inneres Kind, erklärt sie mir, als ich ihr gestehe, dass mich ihre offensichtlich bedingungslose Annahme und Akzeptanz sehr bestärken.
Valentina rät mir, Konrad darum zu bitten, dass er mich zur Besinnung kommen lässt und mich nicht so sehr vereinnahmt. Ich könnte ihm doch eine Beziehungspause vorschlagen, vielleicht einen Monat lang. Wenn es ihm wichtig mit mir sei, würde er sich, wenn vielleicht auch zähneknirschend, darauf einlassen. Schließlich beteuert er seit kurzem, dass er mich niemals mehr verlieren möchte.
So bitte ich Konrad zaghaft um eine einwöchige Pause unserer Treffen. Ihn nach einer längeren Zeitspanne zu fragen, dazu fehlt mir der Mut.
Doch mit dem Thema Beziehungspause kann er nicht umgehen. Er dreht völlig durch, schreit, schüttelt mich. Grausame Beschimpfungen prasseln auf mich ein. Sein diabolischer Persönlichkeitsanteil beherrscht ihn und übernimmt die Führung. Er hat einen seiner schlimmen Eifersuchtsanfälle mit solch einer Theatralik, dass ich Angst bekomme.
Ich bitte ihn betont ruhig, aber mit einem unüberhörbarem Zittern in der Stimme, dass er gehen möge.
Es ist zwecklos. Er behauptet, ich hätte wahrscheinlich irgendwas mit dem Kellner vom letzten Restaurantbesuch, weil ich diesem angeblich bei der Essensbestellung ungebührlich zugelächelt hätte.
Sinnlos, ihn jetzt beruhigen zu wollen. Solche Szenen kenne ich doch zur Genüge. Unerreichbar wütend schreit er in meinem Wohnzimmer herum: „Ich habe dich beobachtet. Ich bin dir nachgefahren und habe schon mehr als einmal beobachtet, dass du dich mit einem Mann unterhalten hast, statt dich angeblich mit deinen Söhnen zu treffen.“
Völliger Schwachsinn, den er da zum Besten gibt.
Jetzt steht er mit geballter Faust vor mir: „Ich weiß alles. Ich habe mich bei deinen Nachbarn über deinen Lebenswandel erkundigt.“
Fassungslos höre ich zu, während er mich lauthals anklagt: „Du Luder. Abends brennt selten Licht in deiner Wohnung. Garantiert triffst du dich dann mit anderen Männern.“
Dass ich früh zu Bett gehe, das glaubt er ohnehin nicht. Ich finde keine Worte mehr. Was soll ich zu diesen unbegründeten Vorwürfen noch sagen?
Das ewig gleiche Dilemma ist wieder da. Wie konnte ich das alles verdrängt haben?
Mir gelingt es, ihn aus der Wohnungstür zu schieben. Es ist mir peinlich vor den Nachbarn, da er im Flur cholerisch weiter zetert. Niemand soll meine Probleme mitbekommen. Er hat meine Nachbarn ausgefragt. Meine Wohnung belagert. Ist mir bei Treffen mit meinen Söhnen nachgefahren.
Ich sitze da und weine. Wünsche mir, dass er zurückkommt und dass alles nur ein böser Traum gewesen sei.
In den letzten Tagen ist es doch zwischen uns friedlich zugegangen. Ich hätte ihn nicht um eine Woche Pause bitten sollen. Er hat bestimmt Verlustängste und Panik bekommen, versuche ich seinen Auftritt zu verharmlosen.
„Aber kontrolliert hat er dich schon immer und durchgedreht ist er auch regelmäßig“, appelliert Elena an meinen Verstand. Sie nimmt mich in den Arm, lässt mich heulen. Ist geduldig, trotz des immer gleichen Dramas.
Eine unendliche Geschichte.
Sie hätte mich schon rauswerfen sollen, ich jammere seit zwei Jahren über das eine Thema: Konrad Deber.
Doch seit ich die Zeit in der Garage alleine gemeistert habe, fühlen sich meine Freundinnen offensichtlich dazu verpflichtet, mir wieder beizustehen.
Elena lindert meine Tragödie mit Tee, füttert mich mit heißen Waffeln ab, schält mir Äpfelchen und reicht mir unendlich viele Tempos. Eine wahre Freundin. Ich bleibe die ganze Nacht und schlafe unruhig auf ihrem Klappsofa.
Ich weiß, dass ich die Beziehungen zu meinen Freundinnen in der letzten Zeit arg strapazierte und verlagere von nun an viele Themen in meine Therapiestunden. Schließlich wird sie als Therapeutin dafür bezahlt, dass sie sich den ganzen Seelenmüll anhört, lacht Valentina über meine Bedenken, auch ihr inzwischen auf den Geist zu gehen.
Sie befürchtet in Konrad einen Stalker, der weiterhin versuchen wird, an mich heranzukommen. Sogar zu einem Vortrag über dieses Thema schleppt Valentina mich - nachdem sie erfahren hat, dass ich bombardiert werde mit Anrufen, E-Mails, Kurznachrichten und nächtlichen Klingelaktionen.
So ernst sehe ich meine Situation bisher nicht. Allerdings leide ich massiv am Trennungsschmerz und dem daraus resultierenden Verlassenheitsgefühl.
Beziehungsgrab und Müritzfan mit
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