Die Lebensprinzipien
fliegen. Durch ihre schnell schwirrenden Flügel können sie als einzige Vögel vor- und rückwärts fliegen. Wegen ihrer bunt schillernden, blitzenden Farben werden sie auch »fliegende Edelsteine« genannt. Die Weibchen sind alleinerziehend – entsprechend modernen, emanzipierten bunten Vögeln im Menschenreich.
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In dieser Hinsicht sind auch Pinguine , die auf das Prinzip alleinerziehender Väter setzen, uranische Wesen. Sie können allerdings gar nicht fliegen und sehen in ihrem »Frack« ständig irgendwie overdressed und komisch aus, wenn sie sich watschelnd in ihrer eiskalten weißblauen Heimat vorwärtsbewegen, auf langen Wanderungen,
die sie durch kurze Rutschpartien auf dem Bauch unterbrechen, wann immer möglich.
Wegen seiner ausgefallenen und auffälligen Zeichnung gehört auch das Zebra zum Uranusprinzip. Es lässt sich nicht reiten, weil sein Herz und Rücken zu schwach dazu sind, und lebt in kleinen Herden, gleichsam unter Freunden, in zwei spezialisierten Familien, den Steppen- und Bergzebras.
Das Känguru macht mit gewaltigen Sprüngen und als Beuteltier von sich reden. Dank seiner mächtigen Hinterbeine scheint es fast fliegen zu können, so enorm weit sind die Sprünge, und trotzdem trägt es dabei sein Junges sicher im Beutel am Bauch und kann es überall mit hinnehmen. Gestützt auf seinen starken Schwanz, den es als fünfte Extremität nutzt, kann es bequem, sozusagen im Stehen, sitzen und hat dabei seine im Verhältnis deutlich zu klein geratenen Arme frei. Es lebt ständig auf dem Sprung und wirkt im Sitzen fast menschlich. In den weiten Steppen und im Buschland Australiens lebt es in kleinen Gruppen, also gleichsam unter Freunden.
Die Giraffe fällt schon durch ihre eigenwillige Zeichnung auf. Mit ihren langen Beinen, dem überdimensionierten Hals und dem kleinen Kopf wirkt sie irgendwie komisch, vor allem wenn sie als uranisches Wesen sich der Erde zuwendet, etwa um zu trinken. Mit weit gespreizten Vorderläufen kann sie sich nur mühsam so weit herablassen und ist in diesem Moment sogar in Gefahr, vom Gegenpol in Gestalt der Löwen attackiert zu werden. Meist lebt sie mit dem Kopf in den Wolken auf einsamer Höhe, aber in kleinen Gruppen, wie es Uranier lieben.
Ansonsten gehören die komischsten und sonderbarsten unter den Tieren hierher wie etwa die Orang-Utans , was übersetzt Waldmenschen heißt. Die hochintelligenten Tiere, die Menschen perfekt nachahmen können – sowohl in freier Wildbahn als auch im Zirkus – und in ihren orangefarbenen Pelzmänteln wirklich ungewöhnliche Waldbewohner sind. Außerdem zählen Koalas und Nasenaffen zu den tierischen Vertretern des Uranusprinzips.
Pflanzenreich
Alle ungewöhnlichen Pflanzen mit bizarren, auffallenden Formen, die rasch in luftige Höhen streben und Luftwurzeln bilden, gehören in Uranus’ Reich. Die Mistel ist solch eine typische Luftpflanze, die den Boden nie berührt und sozusagen im Himmel wächst. Würden ihre Samen auf den Boden fallen, müssten sie verfaulen. Stattdessen werden sie von den Vögeln des Himmels über deren Kot von Baum zu Baum getragen. Die paarweisen Blätter der Mistel sind wie Flügel aufgespannt und schauen Engelwesen ähnlich. »Die Mistel versteht die irdischen Jahreszeiten nicht«, sagte der Pflanzengelehrte Wilhelm Pelikan, denn sie tragen im Winter Frucht. Außerdem nisten sie wie Vögel in Bäumen und zeigen ein weitgehend anarchisches Verhalten.
Unseren keltischen Vorfahren und Druiden war die Mistel heilig, besonders wenn sie auf Eichen wuchs. Sie wurde mit goldenen Sicheln geschnitten; Jungfrauen mussten sie in weißen Tüchern auffangen, damit sie nicht den Boden berührten und damit ihre magische Kraft verlieren würden. In manchen Gegenden wurde sie – gleichsam homöopathisch – als Blitzschutz verwendet. Andernorts glaubte man im Gegenteil, Holz von Bäumen, auf denen Misteln wachsen, zöge die Blitze an.
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Als Krebsmittel ist die Mistel als uranisch verrücktes Wesen das Mittel gegen die Normopathie, die völlige Angepasstheit der Krebspersönlichkeit. Neben all dem Auffälligen und aus jeder Norm Fallenden hat die Mistel natürlich auch einen milden Schmarotzeraspekt, der mehr zu Pluto passt.
Orchideen lassen sich als Luftwurzler, die ohne Bodenkontakt scheinbar im Himmel wurzeln und sich immateriell ernähren, beim Uranusprinzip einreihen. Und da sie dem besiedelten Baum im Gegensatz zur Mistel gar nichts wegnehmen, sind sie noch passender.
Die Lärche ist als
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