Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)
begann die Moderatorin.
„So ein Unfug. Wir haben mehrere groß angelegte klinische Studien durchgeführt und dabei praktisch keinerlei negative Nebenwirkungen festgestellt. Außerdem trage ich selbst die Sonden bereits seit zwei Jahren in meinem Körper, bisher hat mir dies nicht geschadet. Im Gegenteil, mit meinen achtundfünfzig Jahren fühle ich mich wie ein Mittzwanziger. Seit einiger Zeit benötige ich nicht einmal mehr einen schriftlichen Kalender, ich kann mir meine Termine merken. Und das sind wahrlich nicht wenige“, erstickte Georg Waldberger die aufkeimende Kritik.
„Diese Aussage können wir natürlich nicht so stehen lassen. Nach einer kurzen Werbeunterbrechung haben wir den vielleicht schärfsten Kritiker von Georg Waldberger eingeladen, den Philosophen und Vorsitzenden des deutschen Ethikrates, Herrn Simon Meier. Bleiben Sie dran!“, sagte die Moderatorin.
Passend zum Thema der Sendung wurden als erstes Georg Waldbergers Nanosonden beworben. Ein alter Mann war zu sehen, der erst von einem Pfleger gefüttert wurde und diesen dann wenig später – und nach der Einnahme der Sonden natürlich – im Schach schlug. Wim Kluge kannte diese Werbung bereits, sie gehörte zu einer ganzen Serie von Spots mit immer gleichem Muster. Erst zeigte die Spots jeweils einen hilflosen alten Menschen, der wenig später seinen Helfer in einer geistigen Aufgabe überflügelte.
„Also ich würde mir diese Sonden nicht ins Gehirn pflanzen lassen“, sagte einer der Wissenschaftler.
„Wieso nicht? Willst du lieber als sabbernder Greis in einem Altenheim landen?“, fragte ein anderer.
„Wer weiß, vielleicht tragen wir die Sonden eh schon alle in uns. Dieser Waldberger wollte sie ja mal über das Trinkwasser verteilen lassen“, meinte ein Dritter.
„Das glaube ich nicht. Von den höheren geistigen Leistungen ist bei dir noch nichts zu spüren“, scherzte der vierte Wissenschaftler.
„Wie kann man sich überhaupt mit so etwas wie Nanosonden beschäftigen?“, fragte der Erste wieder, „Die sieht man ja nicht einmal unter dem Mikroskop richtig. Also ich brauche etwas Handfestes, etwas, das ich auch sehen kann, an dem ich forsche. Alles andere ist doch langweilig“
„Was meinst du, Wim? Du hast doch mit Waldberger zusammengearbeitet“, fragte einer der Wissenschaftler.
„So schlimm ist es nicht. Ohne Nanotechnologie gäbe es auch unsere Station und den Fahrstuhl nicht. Es kommt also immer auf das Anwendungsgebiet an, ob am Ende etwas Sichtbares herauskommt oder nicht. Aber ihr habt schon Recht, mir sind Dinge, die ich anfassen kann auch lieber. Deshalb bin ich auch hier und nicht mehr bei Georg“, antwortete Wim Kluge.
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