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Die Legende der Wächter – Der Zauber

Die Legende der Wächter – Der Zauber

Titel: Die Legende der Wächter – Der Zauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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ein Vorbild sein – und ein verlässlicher Anführer. In dem Schwur, den die Wächter von Ga’Hoole bei ihrer Aufnahme in den Großen Baum leisteten, war von Magie keine Rede. Auch nicht davon, dass jemand aufgrund seiner hohen Herkunft anderen überlegen war.
    Soren hatte diesen Schwur selbst vor vielen Jahren abgelegt. Als ihm die Worte jetzt wieder in den Sinn kamen, erschauerte sein Magen: Ich bin das Auge in der Nacht, die Stille im Wind, die Kralle im Feuer. Ich beschütze die Wehrlosen und Unschuldigen. Ich strebe weder nach Ruhm noch nach Macht …
    So und nicht anders lautete der Schwur der Wächter von Ga’Hoole, die im Großen Ga’Hoole-Baum auf der Insel Hoole mitten im Hoolemeer lebten.

Die Glut leuchtete wie eine riesengroße blutrote Blume und warf zinnoberrote Tupfen auf die weißen Gesichtsschleier der beiden Eulenmännchen.
    „Hör zu, Coryn“, begann Soren, „ich habe nachgedacht. In den letzten Tagen sind viele fremde Eulen hier im Großen Baum eingetroffen. Sie nennen ihn sogar den ‚Goldenen Baum‘, aber nicht nur wegen des goldenen Schimmers, der ihn umgibt, sondern weil seit dem Sieg über die Reinen ein neues Zeitalter angebrochen ist. Die Kunde von unserer Bibliothek hat sich in der ganzen Welt verbreitet. Die Eulen brauchen keine Feinde mehr zu fürchten. Sie spüren wieder Aufwind unter den Flügeln. Sie wollen wissen, wie wir unsere Brigaden organisieren, vor allem die Wetterkunde- und die Navigationsbrigade.“ Soren machte eine Pause und schaute seinen Neffen an. „Was meinst du, mein Junge – wollen wir?“ Bei sich dachte er: Nichts vertreibt einen Gollimopp besser als ein kleiner Ausflug mit der Bande.
    Coryn blinzelte verdutzt. „Was soll das heißen: ‚Wollen wir‘?“
    Soren war immer noch ein gut aussehender Eulerich, auch wenn er aus verschiedenen Schlachten und von seiner Arbeit als Glutsammler unzählige Schrammen und Narben davongetragen hatte. Sein Schnabel hatte längst seinen bräunlichen Glanz verloren und war vom Ruß der Waldbrände schwarz verfärbt. Auch seine Zehen waren geschwärzt und voller dicker Schwielen vom Tragen der glühenden Holzkohlen. Die weißen Federn an seinen Beinen waren aschgrau. Er sah aus wie jemand, der schon einiges durchgemacht hat. Trotzdem strahlte er zugleich Tatkraft und Sanftheit aus.
    „Wollen wir uns mal wieder auf die Reise begeben? Uns in der weiten Welt umschauen? Uns umhören, was andere Eulen von uns lernen wollen? Es ist schon ewig her, dass wir einen längeren Ausflug unternommen und uns amüsiert haben. Ich habe mir sagen lassen, dass die Met-Bäume wieder im Kommen sind. Auch die Stromer sollen wieder durch die Lande ziehen. Wäre das nicht herrlich, in einem Met-Baum zu sitzen und dem ergreifenden Gesang einer Stromerin zu lauschen? Und alte Freunde wiederzutreffen?“
    „Nebel!“, rief Coryn aus.
    „So nennst du sie. Für Gylfie und mich wird sie immer Hortense bleiben. Ich glaube, es geht ihr gut, aberich würde zu gern nach Ambala fliegen und sie wiedersehen.“
    Soren sah mit Befriedigung, dass die Augen seines Neffen aufleuchteten. Ja, das ist genau das Richtige. Der Junge muss mal raus hier. Es tut ihm gar nicht gut, die ganze Zeit über seine dämonische Mutter nachzugrübeln. Sich immer nur mit sich selbst zu beschäftigen ist ungesund für einen König. Vor allem, wenn der König so klug und kühn ist wie Coryn.
    „Also – was sagst du zu meinem Vorschlag?“
    „Ich weiß nicht …“
    „Hast du etwa Bedenken, ob ein König sich amüsieren darf?“
    „Na ja … die anderen Eulen sollen nicht denken, dass ich …“
    „Dass du vergnügungssüchtig bist?“
    „Ja.“
    „Auch ein König darf neugierig sein, wie sich der hart erkämpfte Frieden auf sein Reich auswirkt“, sagte Soren mit Nachdruck. „Wir leben in spannenden Zeiten!“
    „Ich finde deinen Plan ja gut!“ Coryn klang jetzt ehrlich begeistert. „Aber sollten wir ihn nicht erst mit der Bande besprechen?“
    „Machen wir. Am besten gleich. Und morgen beim ersten Dunkel teilen wir dem Parlament mit, was wir vorhaben.“
    „Was ist mit Otulissa? Kommt sie auch mit?“
    Otulissa war nicht bei allen Bewohnern des Großen Baumes beliebt. Viele fanden, ihr Selbstbewusstsein grenze an Überheblichkeit. Coryn jedoch schätzte die Fleckenkäuzin sehr. Sie war die erste Wächterin von Ga’Hoole, deren Bekanntschaft er gemacht hatte.
    Otulissa war sehr stolz auf ihren wissenschaftlichen Verstand. Doch ausgerechnet ihr war der

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